Emotionale Horror-Tour
The Last of Us: Ein Duo im Überlebenskampf gegen Zombies und Banditen
Playstation 4 und Xbox One stehen zwar schon auf der Matte, der Kreis der aktuellen Konsolengeneration ist trotzdem noch nicht geschlossen. Mit The Last of Us demonstriert Sonys Entwicklerstudio Naughty Dog sogar noch einmal auf Playstation 3, dass das Medium der Spiele ernst genommen werden kann.
The Last of Us ist eine Geschichte, wie sie in all ihrer erzählerischen Gewalt nur interaktiv nachempfunden werden kann. Spielerisch bedienen sich die Kalifornier von Naughty Dog, die bereits für die Uncharted-Trilogie großartig inszenierte Action lieferten, bekannten Stealth- und Shooter-Elementen. Um das 15 bis 20 Stunden lange Gesamterlebnis zu beschreiben, reichen solche Schubladen allerdings nicht aus. Denn das aus der Third-Person-Perspektive "gefilmte" Abenteuer ist mehr als die Summe seiner Teile. The Last of Us (kurz: TLoU) ist eine epische Reise, ein strapaziöser Fußmarsch und ein harter Überlebenskampf, der das Wesen eines ungleichen Pärchens auf die Probe stellt - bis zum Rande des Erträglichen.
Was nicht unbedingt wie das Zeug für einen Millionenhit klingt, ist nicht allein deshalb so gelungen, weil TLoU grafisch toll anzusehen ist - man kennt die hohe Qualität von Naughty Dogs künstlerischer Abteilung bereits von Uncharted. Das ganze Set, der ganze Plot, die ganze Stimmung passt zum Gameplay: die Chemie zwischen den Charakteren, ihre sich langsam entfaltende Lebensgeschichte und ihre Rollen in dieser filmisch in Szene gesetzten Welt. Nach einem schon nicht gerade munteren Anfang in der noch heilen Welt nimmt ihr Schicksal seinen Lauf.
In der kurzen Einführungssequenz erlebt der Spieler, wie sein Alter Ego Joel vom Ausbruch der Pilz-Epidemie erfährt, und flüchtet mit ihm ins Ungewisse. 20 Jahre später gehört der Arbeitertyp zu den Überlebenden - und ist ergraut aber härter geworden. Diejenigen, die sich noch nicht infiziert haben, schlagen sich in der Quarantänezone Boston durch; so auch Joel, der sich als Schmuggler verdingt. Der Rest der gesunden Menschheit plündert die Gegend in größeren Gruppen. Außerhalb der Absperrungen herrscht totale Anarchie und Infizierte treiben ihr Unwesen. Als Joel eines Tages eine alte Bekannte wiedertrifft, kommt ihm eine ungelegene Aufgabe zuteil: Er soll das 14-jährige Mädchen Ellie raus aus der Schutzzone, vorbei an den Regierungstruppen, durch die Wildnis der Außenbezirke und hinein in die Rebellenenklave Firefly bringen. Mehr zum Plot als dieser grobe Umriss sei nicht verraten, denn die weitere Entwicklung der Geschichte macht einen erheblichen Teil der Spannung von TLoU aus.
Fast ein Jahr lang werden Joel und Ellie nun durch den Nordosten der USA reisen. Gelegentlich treffen sie auf weitere Überlebende, mit denen sie streckenweise den Weg teilen. Doch ob zu zweit, zu dritt oder zu viert - Gefahren lauern an jeder Ecke, seien es Posten mit scharf schießenden Soldaten oder Lager mit Banditen, die sie passieren müssen. Ganz zu schweigen natürlich von Zombies, die sich wie die Kakerlaken in jeden Winkel eingenistet haben. Zwei Sorten ihrer Art sind allgegenwärtig und unterscheiden sich in wenigen Punkten voneinander, die die spielerische Herangehensweise beeinflussen.
Frisch infizierte Zombies können noch sehen. Solange sich Joel außerhalb ihres Blickfeldes befindet, knabbern sie an ihren Opfern oder spazieren geistesverloren in der Gegend umher. Erblicken sie ihn allerdings, sprinten sie taumelnd auf ihn los und gieren nach seinem Fleisch. Mit einem Messerstich, einem Kopfschuss oder mehreren Schlägen ins Gesicht sind sie schnell erledigt. Nicht selten halten sie sich aber in Rudeln auf und kommen von allen Seiten. Noch gefährlicher sind länger infizierte Zombies, die von Außen bereits mit Pilz bedeckt sind. Ihre Blindheit hat zwar gewisse Vorteile für Joel. Hören sie jedoch, dass er an ihnen vorbeischleicht - und ihre Ohren sind gut! -, sollte seine Schrotflinte ordnungsgemäß geladen sein. Denn nur stärkerer Beschuss kann ihre harte Pilzkruste durchbrechen und jede direkte Berührung mit ihnen endet tödlich für Joel.
Ressourcen sind in dieser verbrauchten und von der Natur zurückeroberten Welt ein seltenes Gut - so auch Patronen bzw. Pfeile für Joels Schusswaffen wie dem Scharfschützengewehr, Schrotflinten, Pistolen oder dem lautlosen Bogen. Durch das Sammeln weiterer Gegenstände wie Stofffetzen, Alkohol, Klingen oder Zucker kann Joel sich anderweitig verstärken, u. a. mit Molotov-Cocktails, Nebelgranaten, Rauchbomben oder Medikits zum Heilen. Außerdem kann er Nahkampfwaffen wie Eisenrohre oder Baseballschläger verstärken und wirkungsvoller machen - ein wichtiges Element, denn nur die taktische Mischung aus Nah- und Fernkampf führt zum Erfolg in den rein zahlenmäßig ungleichen Auseinandersetzungen.
Schauplatz der Konfrontationen mit Zombies oder menschlichen Gegnern sind größere, im ersten Moment recht unüberschaubare Areale: zerfallene Apartments, Supermärkte, Hotels, U-Bahn-Tunnels, Abwasserkanäle oder offene Straßen zwischen Häuserblocks. Dank seines Gehörsinns kann Joel seine Gegner innerhalb eines gewissen Radius hören, was visuell als eine Art Röntgenblick umgesetzt ist. Aus seinem Versteck studiert er ihre Laufwege und unterschiedliche Bewaffnung, bevor er angreift. Wie für das Stealth-Genre typisch, gilt es, das richtige Zeitfenster zu nutzen, den Gegner mit geworfenen Gegenständen wie Flaschen oder Ziegelsteinen abzulenken und schließlich möglichst lautlos zur Strecke zu bringen. Kommt es zur Schießerei, überlebt Joel nur in ständiger Bewegung und hinter solider Deckung.
Ellie besetzt als KI-gesteuerte Begleitung eine spielerisch zunächst passive Rolle, die zunehmend aktiver wird - sei es beim Überwinden von Hindernissen, die nur gemeinsam zu meistern sind, oder als Schützenhilfe. Die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten haucht TLoU und seiner aufwühlenden Geschichte Seele ein, wie es in diesem Medium bisher selten der Fall war. Intelligent platzierte Dialoge in einer tollen Synchronisation - egal, ob auf Deutsch oder Englisch - schweißen die beiden Charaktere zusammen: Fast ununterbrochen kommunizieren sie miteinander über die Welt und ihre Ereignisse. Oder sei es nur, um sich am Rande der Gefahr, beim Schleichen und im Flüsterton, zur jeweiligen Situation abzusprechen.
So lernen sich Ellie und Joel mitten im Horror langsam kennen und eine zunehmend vertraute, geradezu rührende Vater-Tochter-Beziehung entsteht. Ellies süßes Wesen, ihre jugendliche Verletzlichkeit sowie Lern- und Schutzbedürftigkeit lassen soziale Emotionen wie Verantwortungsbewusstsein entstehen. Die verzweifelte Lage, in der die zwei stecken, in einer bestialisch brutalen Welt, stärkt noch einmal den Instinkt und virtuellen Zusammenhalt. Man mag es Hype oder persönliche Begeisterung nennen: The Last of Us ist ein seltener Lichtblick des Mediums, einer der ihm trotz möglicher Kritik am hohen Gewaltgrad mehr als gut tut. Und einer, der als nahezu perfekter Schlussstrich der Generation Playstation 3 in die Geschichte interaktiver Unterhaltung eingehen wird.
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