Ende der Maskenpflicht – gefühltes Ende der Pandemie
Ab morgen müssen bundesweit in Bussen und Bahnen keine Atemschutzmasken mehr getragen werden. Nutzen der Maßnahme war nach neuer Studienanalyse zweifelhaft. WHO geht weiter von weltweitem Gesundheitsnotstand aus.
Mit der Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln fällt morgen die letzte große, für die breite Masse spürbare Corona-Maßnahme. Im Einzelhandel endete sie bereits im Frühjahr 2022, im ÖPNV in manchen Bundesländern dann Ende des Jahres. Nun soll sie bundesweit im öffentlichen Nah- und Fernverkehr enden. Was genau sie bewirkt hat oder hätte bewirken können, wenn die Atemschutzmasken immer sachgemäß verwendet worden wären, war seit ihrer Einführung im April 2020 immer wieder Thema.
Ernüchternde Studienanalyse
Passend zu ihrem bundesweiten Ende hat das Wissenschaftsnetzwerk Cochrane am Montag eine Analyse experimenteller Studien veröffentlicht, die sich damit befassten, ob "physikalische Maßnahmen" wie das Tragen von Masken die Ausbreitung von Atemwegsviren stoppen oder verlangsamen. Fazit: Das Tragen von Masken in Gemeinschaft mache "wahrscheinlich wenig oder keinen Unterschied bei der Ausbreitung einer grippeähnlichen Erkrankung".
Der Unterschied zwischen Alltag und Laborbedingungen hatte von Anfang an viel Raum für Zweifel und Spekulationen gelassen, denn nicht alle, die sich bisher an die Maskenpflicht hielten, achteten dabei auch auf Hygiene.
Der schnelle "befreiende" Griff ins Gesicht, um beim Verlassen der U-Bahn die Maske loszuwerden, das schnelle Verstauen des ungeliebten "Lappens" in der Tasche neben der Geldbörse, oder auch das Ablegen der Maske auf dem leicht verschmierten Kneipentisch waren häufige Beispiele für unsachgemäßen Gebrauch, seit die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel eingeführt wurde. Insofern gab es womöglich auch Fälle, in denen das Tragen von Masken als Infektionsquelle infrage kam.
Hinzu kam, dass einkommensschwache Menschen zum Teil aus Kostengründen nicht waschbare Einwegmasken mehrfach trugen, nachdem die FFP2-Variante verpflichtend wurde. Umweltbewusste besorgten sich zwecks Müllvermeidung waschbare FFP2-Varianten, die aber nicht immer bei hohen Temperaturen gewaschen wurden. Andere trugen die Maske gelegentlich auch unter der Nase.
In den letzten Monaten hielten sich viele ohnehin nicht mehr an die formell noch in einigen Bundesländern sowie im Fernverkehr geltende Vorschrift – in überfüllten Bussen und Bahnen war aber gelegentlich noch die Mehrheit "maskiert"; wo problemlos ein bis zwei Meter Abstand gehalten werden konnten, drehte sich das Verhältnis um.
"Typisch für den Übergang in einen endemischen Zustand"
In Deutschland gelten mittlerweile 76,4 Prozent der Bevölkerung als "grundimmunisiert", 77,9 Prozent haben nach Angaben des Robert Koch-Instituts mindestens eine Impfdosis gegen das Coronavirus erhalten. Die heute gängige Omikron-Variante gilt als ansteckender, aber weniger aggressiv als die frühen Virusvarianten. "Typisch für den Übergang in einen endemischen Zustand" nannte das Thomas Voshaar von der Lungenklinik Moers vor wenigen Tagen in einem Deutschlandfunk-Interview. Atemwegsviren ließen sich nicht ausrotten, betonte er. Es müsse gelernt werden, mit ihnen zu leben.
Gefühlt ist es das "Ende der Pandemie", wenn nun auch theoretisch niemand mehr dafür belangt werden kann, keine Maske zu tragen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht aber bei Covid-19 weiterhin von einem weltweiten Gesundheitsnotstand aus. Sie wolle den Übergang zu einer anderen Bewertung vorsichtig gestalten, heißt es im WHO-Statement vom 30. Januar.
Telepolis wird sich in den nächsten Wochen noch in mehreren Beiträgen damit befassen, welche Fehler in der Pandemiepolitik von vornherein vermeidbar gewesen wären, welche vielleicht dem mangelhaften Wissen der Anfangszeit geschuldet waren – und was das Klima in der öffentlichen Debatte über die Maßnahmen so toxisch gemacht hat, wie es zeitweise war.