Endlich Millionär: Warum die Lebenslotterie Erbe akzeptiert wird
Seite 2: Partizipative Ansätze zur Vermögensverteilung: Ein Experiment in Österreich
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In Deutschland werden im Jahr hundert Milliarden vererbt und verschenkt. Laut offizieller Statistik, eine gewisse Dunkelziffer darf hier angenommen werden. In Österreich gibt es keine Erbschaftssteuer, deshalb auch – eleganterweise – keine zuverlässigen Zahlen. Es darf vermutet werden, dass Milliarden jedes Jahr vererbt werden.
Kritik an der Wirtschafts- und Steuerpolitik: Eine notwendige Diskussion
Weil die meisten Menschen nichts erben oder nur sehr wenig, einigen wenigen aber ein Vermögen (im Falle der Erben von Gaston Glock oder Dietrich Mateschitz ein Milliardenvermögen) in den Schoß fällt, schreiben sich gesellschaftliche Ungerechtigkeiten über Generationen fort. Genau dagegen will Engelhorn vorgehen.
Wie die 25 Millionen, die nach Angaben Engelhorns 90 Prozent ihres Erbes ausmachen, sinnvoll und gesellschaftlich nutzbringend eingesetzt werden, will sie demokratisch entscheiden lassen. Sie selbst hat kein Vetorecht, schließt aber vertraglich Zwecke aus, die verfassungswidrig, lebensfeindlich, menschenverachtend oder profitorientiert sind.
Gesellschaftliche Verantwortung und Vermögensverteilung: Engelhorns radikaler Ansatz
Deshalb wird ein "Guter Rat für Rückverteilung" eingesetzt. Dessen Mitglieder werden per Zufallsentscheid bestimmt. Ein Meinungsforschungsinstitut hat ein für die österreichische Bevölkerung repräsentatives Sample erstellt und 10.000 Menschen bekamen am 10. Januar eine Einladung zum Rat per Brief.
Wer 16 Jahre alt ist und seinen Wohnsitz in Österreich hat, konnte Teil der zufälligen Stichprobe werden. Die Staatsangehörigkeit war hierbei kein Kriterium. Aus denjenigen, die gewillt sind teilzunehmen, werden dann 50 Personen (plus 15 als Ersatz) ebenfalls repräsentativ ermittelt.
Hierbei zeigt sich, dass Zufallsentscheide durchaus sinnvoll sein können. Aleatorische Auswahl war bereits in der Antike eine erprobte Vorgangsweise. Der Zufall wird, anders als bei der Lotterie, genutzt um Gerechtigkeit zu schaffen. Denn nur durch Zufallsauswahl kann verhindert werden, dass sich immer wieder die gleichen, professionellen "Lobbyisten" um die Verteilungsfragen kümmern.
Ein guter Rat ist nicht billig
Dass dies auch gewisse Nachteile hat, ist bereits im ersten Blick zu erkennen. Die zufällig ermittelten Bürger bilden zwar ein statistisches Abbild der Gesellschaft, verfügen aber gegebenenfalls nicht über entsprechende Kompetenzen, oder haben (aufgrund ihrer Erwerbsarbeit!) schlicht nicht die Zeit für radikaldemokratische Experimente.
Genau die will ihnen aber der "Gute Rat" ermöglichen. Die zeitaufwendige Teilnahme wird gut entlohnt und es gibt von zivilgesellschaftlichen Organisationen wissenschaftliche und philanthropische Aufklärung, damit eine wohlinformierte Entscheidung vom Rat getroffen werden kann.
Wege zu glaubwürdiger Mitbestimmung
Einfach wird das alles nicht, denn die Ansprüche an die Teilnehmenden sind sehr hoch. Sie stehen jetzt bereits im Rampenlicht, weil sie mithelfen müssen, den bequemen und eingefahrenen gesellschaftlichen Weg zu verlassen, der einigen wenigen großen Reichtum ermöglicht und die anderen nur davon träumen lässt.
Der "Gute Rat" muss einen Weg für glaubwürdige Mitbestimmung finden, um die wichtigen Verteilungsfragen besser entschieden werden können als bisher. Damit das möglichst größte Glück aller nicht mehr dem Zufall überlassen wird.