Energie-Studien: Und die Gewinner sind Sonne und Wind

Solarpaneele auf einem Flachdach in Altach. Bild: Asurnipal / CC BY-SA 4.0

Was hat die Energiewende mit Lagerhäusern zu tun? Warum sollte dem Autohersteller Audi nachgeeifert werden? Und was sagt eine Studie über die Kosten von Atomstrom vs. Erneuerbare?

Zwei neue Studien zeigen, dass der Umstieg auf Erneuerbare kein Hexenwerk ist. Und dass die Ära von Kohle, Öl und Gas entweder schnell endet, oder uns teuer zu stehen kommt.

So ist in einem Bericht für die USA herausgefunden worden, dass allein die Installation von Solarpanels auf den Dächern von Lagerhäusern genug sauberen Strom erzeugen würde, um jeden Haushalt in den bevölkerungsreichsten Städten aller Bundesstaaten zu versorgen. Die Berechnung wurde veröffentlicht von Environment America Research & Policy Center and Frontier Group.

In den USA gibt es mehr als 450.000 Lagerhäuser und Vertriebszentren, und weitere sind im Bau. Zusammengenommen bieten diese Gebäude eine Dachfläche von fast 16,4 Milliarden Quadratmetern – etwa doppelt so viel wie die Fläche von Memphis, Tennessee, eine Metropole, die zu den 30 größten Städten in den Vereinigten Staaten zählt.

Auf den Dächern installierte Solarmodule könnten jährlich 185 Terawattstunden erneuerbaren Strom erzeugen und rund zwanzig Millionen Haushalte versorgen. Das würde den Ausstoß von Treibhausgasen um 113 Millionen Tonnen CO2 verringern. Das entspricht den Emissionen von 24 Millionen benzinbetriebenen Autos oder 30 Kohlekraftwerken.

Mit der Stromerzeugung in unmittelbarer Nähe zu den Verbrauchsorten würden zudem die Stromverluste, die bei der Weiterleitung durch die Stromnetze entstehen, eingespart. Für 2022 lagen sie bei 5,2 Prozent der Elektrizitätsproduktion. Zudem würde der Flächenverbrauch und die damit zusammenhängende Umweltbelastung für den Bau der Elektrizitätsinfrastruktur verringert.

Vor rund einem Monate erklärte die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (Irena), dass die Umstellung auf saubere Energien beschleunigt werden muss, wenn die Welt das Ziel des Pariser Abkommens, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, erreichen will. Wird dieses Ziel verfehlt, werden sich die tödlichen Auswirkungen der Klimakrise verschärfen, insbesondere für Menschen in armen Ländern, die am wenigsten zur Krise beigetragen haben.

Nach Angaben von Irena erreichten die weltweiten Investitionen in saubere Energietechnologien im Jahr 2022 ein Rekordhoch von 1,3 Billionen Dollar, wodurch die weltweite Kapazität an erneuerbaren Energien um 9,6 Prozent anstieg. Um die schlimmsten Folgen der Klimakrise abzuwenden, müssen die Investitionen jedoch auf etwa fünf Billionen Dollar pro Jahr steigen und die Kapazität muss dreimal so schnell wachsen wie bisher.

Susan Rakov, Vorsitzende des Environment America Research & Policy Center's Clean Energy Program und Geschäftsführerin der Frontier Group erklärte bei der Vorstellung der Studie:

Wenn wir eine saubere Energiezukunft schaffen wollen, sollten wir die bereits gebaute Infrastruktur nutzen, an die wir anschließen können. Die Dächer von Lagerhallen bieten eine perfekte Gelegenheit – sie sind groß, sie sind flach, und sie flehen uns förmlich an, für diese wichtige Aufgabe genutzt zu werden.

Die Forschungsgruppe fordert die Politik auf, diese Möglichkeit verstärkt zu fördern und empfiehlt u.a. die in Deutschland entwickelte Einspeisevergütung nach dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) als Instrument beim Ausbau zu nutzen.

Die über 100-Milliarden-Euro-Frage

In Europa könnte man dem Autohersteller Audi folgen. Das Unternehmen hat in Ungarn zwei Logistikzentren mit 35.000 Solarmodulen ausgestattet. Es ist mit 160.000 Quadratmetern die größte Photovoltaik-Anlage Europas, die jährlich mehr als 9,5 Gigawatt-Stunden Energie produzieren soll. Das entspricht dem jährlichen Energiebedarf von 5000 Haushalten. So gelangen rund 6000 Tonnen Kohlendioxid weniger in die Luft.

In Grünheide in Brandenburg hat der Autohersteller Tesla begonnen, das Fabrikdach mit Solarzellen zu bestücken. In Australien errichtet das US-Unternehmen das größte virtuelle Kraftwerk der Welt. Auf 50.000 Häuser sollen Solarpaneele montiert werden und im Verbund das Stromnetz beliefern.

All das sind Modelle, die zeigen, wie Unternehmen und Industrien ihre Infrastrukturen für die Energiewende in einer Win-Win-Situation nutzbar machen könnten – und sollten. In Deutschland gibt es rund 1,2 Milliarden Quadratmeter Flachdach. Die Dächer von Logistikhallen und Industriebetrieben (insgesamt gibt es in Deutschland 21 Millionen gewerbliche Bauten) werden aber weitgehend nicht für die Gewinnung von Sonnenenergie genutzt.

Eine weitere Studie der Universität Lappeenranta in Finnland zeigt das Potenzial beim Umstieg auf erneuerbare Energien, vor allem von Wind und Solar. Die Berechnung für Großbritannien hat herausgefunden, dass der Komplettwechsel kostengünstiger ist als alle anderen Lösungen.

Der Bericht vergleicht eine Reihe potenzieller Szenarien mit dem aktuellen Netto-Null-Pfad der britischen Regierung, der Atomkraft und die Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff (CCS) aus fossilen Brennstoffen umfasst.

Das Szenario, in dem das Vereinigte Königreich vollständig auf erneuerbare Energien umsteigt und auf die Erzeugung von Kernenergie verzichtet, würde bis zum Jahr 2050 mehr als 115 Milliarden Euro einsparen und zwanzig Prozent weniger Kohlendioxidemissionen verursachen, so das Ergebnis der Analyse. David Toke, Direktor von 100 % Renewable U.K., der den neuen Bericht betreut hat, stellt fest:

Die Vorteile eines vollständig erneuerbaren Energiesystems, um die Treibhausgase auf null zu bringen, liegen auf der Hand. Mit dem Umstieg bleiben nicht nur die Lichter an. Damit wird auch eine sichere und zuverlässige Energieversorgung Großbritanniens gewährleistet, mit enormen wirtschaftlichen Einsparungen im Vergleich zu anderen Optionen und unglaublichen Möglichkeiten zur Schaffung von Arbeitsplätzen.

Seit der konservative Ministerpräsident David Cameron durch politische Maßnahmen die, wie er sie bezeichnete, "Green-Crap"-Politik 2012 für das Vereinigte Königreich einstampfte, haben die kohlenstoffarmen Arbeitsplätze auf der Insel stark abgenommen. Zudem entwickelt Großbritannien wie die USA und andere Länder trotz des Klimanotstands weiterhin Projekte für fossile Brennstoffe.

Wissenschaftler:innen und Klimaschützer:innen warnen, dass das gesamte Kohlenstoffbudget des Landes für ein einziges Öl- und Gasprojekt aufgebraucht werden könnte: Rosebank, das größte unerschlossene Ölfeld in der Nordsee, hat das geschätzte Potenzial, insgesamt 500 Millionen Barrel Öl (rund 80 Milliarden Liter) zu fördern.

Die Quintessenz der beiden neuen Studien: Die Regierungen der Industriestaaten sollten endlich auf die enormen Potenziale zurückgreifen, die die bereits bestehende Infrastruktur in ihren Ländern für die Solarenergie bietet. Das wäre zudem kostengünstiger als das Festhalten an CCS-Kohle- und Gaskraftwerken und unwirtschaftlichen Atomkraftwerken.

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