Energiekrise: EU-Kommission nimmt Abstand von Gaspreisdeckel
Eine Preisobergrenze fordern 15 EU-Länder. Deutschland und andere sind dagegen, auch die EU- Kommission will einen Vorschlag unterbreiten. Warum der Gasmangel durch China verschärft werden könnte.
Am Donnerstag wollen die 27 EU-Staaten darüber beraten, wie sie die explodierenden Energiepreise begrenzen können. Vor dem Gipfel zeichnete sich allerdings keine gemeinsame Linie ab. Manche wollen eine Preisobergrenze, andere wollen den Anstieg nur abbremsen; manche wollen einen Preisdeckel für Pipeline- und Flüssiggas, manche wünschen sich ihn nur für LNG.
Die EU-Kommission hat inzwischen angekündigt, keinen Vorschlag für einen Preisdeckel unterbreiten zu wollen. EU-Kommissar Frans Timmermans bestätigte das nun gegenüber dem Handelsblatt (19.10.2022). "Es gibt keinen Zauberstab, mit dem man aus teurem Gas billiges Gas zaubern könnte", sagte er. Jemand werde den Preis dafür bezahlen müssen.
Deutschland hatte zuvor bekräftigt, eine Deckelung der Preis abzulehnen. Stattdessen hatte die Bundesregierung empfohlen, alle EU-Länder sollten die Gaseinkäufe gemeinsam tätigen. Entsprechend sieht der Vorschlag der EU-Kommission vor, dass 15 Prozent der europaweit benötigten Gasmenge über ein Einkaufskartell bezogen werden.
Teil der Vorschläge ist auch ein neuer Preisindex für Flüssiggas, der eine Alternative zum Gaspreisindex des Handelsplatzes TTF sein soll. Die Hoffnung ist, dass dadurch die Gaspreise im Einkauf weniger stark schwanken. Und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) glaubt, dass eine solche Reform eine deutlich preissenkende Wirkung haben werde.
Seit kaum noch Erdgas aus Russland in die EU-Länder strömt, sind die Gaspreise deutlich angestiegen. Das lag auch daran, dass vor allem knappes und teures LNG importiert werden musste. Es waren 15 EU-Länder, von Italien bis Lettland, die deshalb einen Preisdeckel forderten.
Gasmangel durch Preisdeckel
Indem die EU-Kommission nun aber Abstand von ihm genommen hat, räumt sie ein weiteres Problem aus dem Weg: Eine Preisobergrenze hätte dazu führen können, dass Lieferanten wie Norwegen oder die USA vornehmlich nach Asien verkaufen könnten, wo eventuell höhere Preise erzielt würden.
Norwegen hatte beim letzten Gipfeltreffen in Prag sich deutlich in dieser Hinsicht geäußert, berichtete der Spiegel kürzlich. Er halte einen Preisdeckel für keine gute Idee, hatte der norwegische Energieminister Terje Aasland erklärt. Es sei für sein Land "sehr wichtig, das hohe Niveau an Gasexporten an den europäischen Markt beizubehalten, um ihn zu stabilisieren".
Die Gaspreise in Europa hatten im August ihren Höchststand erreicht und sind seitdem um fast 60 Prozent gesunken. Bei dieser Entwicklung konnten die Europäer von der schwächelnden Wirtschaft in China profitieren: Nicht benötigte LNG-Lieferungen wurden von chinesischen Unternehmen nach Europa weiterverkauft.
Das niedrige Preisniveau dürfte allerdings nicht von Dauer sein, wie es kürzlich bei Bloomberg angedeutet wurde. Einmal liegt das an den gesunkenen Spotpreise in Europa. Für Lieferanten sei Europa deshalb als Markt weniger attraktiv.
Ein anderer Grund ist: Die chinesische Regierung hat es den staatseigenen Energiekonzernen untersagt, Erdgas an Europa weiterzuverkaufen. Hintergrund sind Prognosen, dass es im Winter eventuell zu einem geringen Defizit bei der Gasversorgung im eigenen Land kommen könnte.
Sollte der Winter in Europa kalt werden, könnte diese Entwicklung die Energieknappheit verschärfen, heißt es bei Bloomberg.
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