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Energiemarkt und Heizkosten: Warum Sie sparsam bleiben sollten

Verbraucher halten Energiekrise für beendet. Energiedaten zeigen: Gasverbrauch steigt an. Umfrage und Bundesnetzagentur mahnen zu sparsamem Heizverhalten.

Über ein Jahr nach dem Stopp der russischen Gaslieferungen hat sich die anfängliche Aufregung über Rekordpreise auf dem Energiemarkt gelegt. Dennoch bleibt die Besorgnis wegen potenziell steigender Heizkosten bestehen. Das geht aus einer Umfrage hervor, über die am heutigen Mittwoch zuerst das Handelsblatt berichtet hatte [1].

Laut der repräsentativen Umfrage des Instituts Yougov im Auftrag des Energiedienstleisters Ista gehen etwa 70 Prozent der deutschen Bevölkerung davon aus, dass die Heizkosten im Jahr 2023 entweder genauso hoch oder sogar höher sein werden als im Vorjahr.

Die Umfrage verdeutlicht, dass für die Mehrheit der Befragten das Thema Heizenergiesparen aus finanziellen Gründen von "eher" bis "äußerst" relevanter Bedeutung ist.

Heizkosten: "Sorgen der Bürger berechtigt"

"Die Sorgen der Bürger sind berechtigt, die richtig hohen Rechnungen dürften zahlreichen Verbrauchern in Deutschland noch bevorstehen", schreibt das Handelsblatt.

Laut dem entsprechenden Bericht hat Ista anhand von Heizdaten von 2,7 Millionen deutschen Haushalten eine Prognose erstellt. Sie deute darauf hin, dass die Abrechnungen für das laufende Jahr steigen werden.

Hagen Lessing, Geschäftsführer von Ista, warnt davor, dass viele Menschen derzeit eine moderatere Heizkostenabrechnung für 2022 erhalten und fälschlicherweise glauben, die Energiekrise sei an ihnen vorübergegangen. Er betont, dass der eigentliche Kostenanstieg für viele Verbraucher erst im nächsten Jahr eintreten wird.

Die von Ista gesammelten Daten zeigen, dass der Heizbedarf im Jahr 2022 aufgrund des milden Wetters um zwölf Prozent niedriger war als im Vorjahr. Zudem haben Haushalte aufgrund der Energiekrise ihren Heizverbrauch bei Gasheizungen um weitere sechs Prozent gesenkt. Diese Einsparungen haben den durchschnittlich um 22 Prozent gestiegenen Energiepreis weitgehend ausgeglichen.

Experte warnt vor falschen Sicherheitsgefühl bei Heizkosten

Die Rechnungen für das Jahr 2022 dürften daher nur etwa fünf Prozent höher ausfallen als im Vorjahr. Lessing warnt jedoch davor, dass sich viele Menschen durch diese vermeintlich moderate Erhöhung in falscher Sicherheit wiegen könnten, da die Kostensteigerungen erst jetzt richtig relevant werden.

Im Jahr 2023 wird der witterungsbedingte Heizkostenbedarf voraussichtlich nur ein Prozent unter dem Vorjahr liegen, aber der Heizverbrauch ist um acht Prozent gestiegen, da die Menschen nicht mehr so sparsam heizen. Zusätzlich sind die Verbraucher-Energiepreise trotz Preisbremsen kräftig gestiegen, insbesondere bei Erdgas um etwa 60 Prozent.

Entsprechende Trends zeugt auch die Bundesnetzagentur auf. [2] "Der Gasverbrauch lag in der 48. Kalenderwoche 8,6 Prozent über dem durchschnittlichen Verbrauch der Jahre 2018 bis 2021", heißt es von dieser Seite: Gegenüber der Vorwoche sei er um 28,6 Prozent gestiegen. "Die Temperaturen waren 4,1 Grad Celsius kälter als in den Vorjahren", so die Bundesnetzagentur in ihrer aktuellen Marktbewertung.

Gaskunden: Steigerung um 71 Prozent möglich

Ista weist darauf hin, dass die Rechnung für Gaskunden insgesamt um 71 Prozent höher ausfallen könnte als für 2022. Bei Ölheizungen betrage der Preisanstieg 44 Prozent, während es bei Fernwärme einen Rückgang um 20 Prozent gebe. Insgesamt seien die Kosten für Fernwärme durch großzügige Staatshilfen vergleichsweise niedrig.

In diesem Jahr können sparsameres Heizen oder ein Anbieterwechsel nicht mehr viel bewirken. Für 2024 könnte es jedoch sinnvoll sein, den eigenen Heizverbrauch genauer im Blick zu behalten.

Ein neues Portal von Ista, das am Mittwoch eröffnet wird, liefert erste Eindrücke basierend auf den Daten der Ista-Kunden, darunter aktuelle Entwicklungen des Heizenergieverbrauchs in Deutschland und Veränderungen im Heizverhalten der Menschen.

Website ermöglicht Berechnungen der Energiepreise

Die Website ermöglicht auch einen Vergleich der sparsamsten Heizgewohnheiten in verschiedenen Regionen. Sachsen, Thüringen und Brandenburg verbrauchen witterungsbereinigt derzeit am wenigsten Heizenergie pro Quadratmeter, während Leipzig, Bonn und Dresden unter den Städten am sparsamsten sind.

Die Unterschiede können laut Lessing verschiedene Ursachen haben, wie den Sanierungsstand der Gebäude, örtliche Preisniveaus, verfügbares Haushaltseinkommen und sogar die gefühlte Temperatur.

Lessing würde es bevorzugen, wenn in Deutschland die Gesetze ähnlich wie in anderen Ländern mehr Transparenz und Informationen ermöglichen würden. Er betont, dass technisch gesehen täglich aktuelle Werte einzelnen Kunden zur Verfügung gestellt werden könnten, dies jedoch bislang nicht erlaubt ist.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-9574087

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/heizung-der-hammer-kommt-noch-so-teuer-koennte-die-heizkostenabrechnung-fuer-2023-werden/100002622.html
[2] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Gasversorgung/aktuelle_gasversorgung/start.html