Energiepolitik der G-20-Staaten: Mit Vollgas in die falsche Richtung

Flüssigerdgas (LNG) ist im Zuge der Energiekrise auch in Deutschland gefragt. Foto: Photo Zhou / CC-BY-2.1-JP

Fossile Energieträger und Infrastruktur werden verstärkt subventioniert. Deutschlands Klimabilanz ist besonders schlecht im Verkehrssektor – in der Wirtschaft sieht sie durch Importwaren aus energieintensiver Produktion besser aus.

Angesichts der Energiekrise und der Klimakatastrophe, die sich im Sommer dieses Jahres auch in Mitteleuropa deutlich abzuzeichnen begann, bewegen sich die G-20-Staaten weiter mit Vollgas in die falsche Richtung. Fossile Energieträger und die dazugehörige Infrastruktur werden in Rekordhöhe subventioniert und erschweren das Erreichen der selbst gesetzten Klimaziele.

So lautet eine Kernaussage des am Donnerstag veröffentlichten Berichts von Climate Transparency, einem Netzwerk von Fachleuten aus 16 Forschungseinrichtungen und NGOs aus 14 der führenden Industrie- und Schwellenländer, die dem G-20-Zusammenschluss angehören.

Bereits von 2020 bis 2021 wurden demnach die klimaschädlichen Subventionen um fast 30 Prozent auf zuletzt rund 190 Milliarden US-Dollar gesteigert. "In diesem Jahr sehen wir nun nochmal massiv wachsende Investitionen in fossile Infrastruktur", erklärte am Donnerstag der Mitautor des Reports, Jan Burck von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch.

Zugleich machten die G-20-Staaten zwar auch Fortschritte bei Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz – diese seien aber nicht so groß, wie sie sein müssten. Sein erwartbares Fazit: "Wir drohen, uns von den Klimazielen der Staaten für 2030 zu entfernen, statt ihnen näherzukommen."

Wo der Ausbau der Erneuerbaren vergleichsweise schnell vorangeht

Hinzu kommt, dass auch die selbst gesetzten Klimaziele der Staaten nicht ausreichen, um das 1,5-Grad-Limit nicht zu überschreiten. Neben weiteren Investitionen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz fordert Germanwatch, die fossilen Investitionen, die sich nicht mehr stoppen lassen, so zu gestalten, "dass sie einen zügigen Übergang von fossiler zu klimaneutraler Nutzung ermöglichen", so Burck.

Der Anteil der Erneuerbaren am Energiemix ist laut dem Report im G-20-Durchschnitt in den vier Jahren von 2017 bis 2021 von 9,1 Prozent auf 10,5 Prozent gestiegen – also nur um 0,35 Prozentpunkte pro Jahr und 1,4 insgesamt seit 2017.

Am schnellsten ging der Ausbau in Indonesien mit 7,8 Prozent innerhalb von vier Jahren voran – dort scheint das Problembewusstsein auch deshalb zu wachsen, weil wegen des ansteigenden Meeresspiegels und häufiger Überschwemmungen in Jakarta bereits eine neue Hauptstadt gebaut werden muss, wofür rund 32 Milliarden Dollar veranschlagt sind. Das Schlusslicht bei den Erneuerbaren bildet mit 0,1 Prozent Saudi-Arabien. Deutschland liegt in diesem Ranking mit plus drei Prozent in vier Jahren (0,75 Prozent pro Jahr) nur knapp über dem EU-Durchschnitt auf Platz vier.

Währenddessen steigen die CO2-Emissionen der G-20-Staaten weiter an: Nach einem Einbruch um 4,9 Prozent im ersten Corona-Jahr 2020 wuchsen sie 2021 um 5,9 Prozent an. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, wäre aber fast eine Halbierung bis 2030 nötig.

Deutschland schnitt zwar bei der Reduktion der Treibhausgas-Emissionen pro Kopf um 11,9 Prozent zwischen 2015 und 2019 vergleichsweise gut ab. Allerdings sind die deutschen Emissionen mit 9,6 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Kopf immer noch höher als der G-20-Durchschnitt mit 7,5 Tonnen. Im Verkehrssektor sind sie mit 2,4 Tonnen im Schnitt pro Person sogar fast doppelt so hoch wie im G20-Schnitt.

Ein wichtiges Lenkungsinstrument wäre es laut Jacob Rohm von Germanwatch, ein günstiges "Klimaticket" und Investitionen in die Bahninfrastruktur beispielsweise durch eine Kerosinsteuer zu finanzieren: "Die Zahlen unterstreichen, dass die Regierungen dringend die volle Erwärmungswirkung des Flugverkehrs – nicht nur die CO2-Emissionen – erfassen und mit einem Preis versehen sollten. Jeder Verkehrsträger muss für seine Klimakosten aufkommen, auch damit wir klimafreundliche Mobilität wie das Klimaticket und den massiven Ausbau der Bahninfrastruktur finanzieren können."

Wo Deutschland gut abschneidet – und warum das nicht ganz ehrlich ist

Besser als der Durchschnitt der G-20-Staaten schneidet Deutschland bei der Energieintensität der Wirtschaft ab: Wird verglichen, wie viel Energie hierzulande pro Einheit im Bruttoinlandsprodukt verbraucht wird, steht die Bundesrepublik sowohl beim aktuellen Niveau als auch beim Rückgang der Energieintensität deutlich besser als der G20-Schnitt.

Letzteres wäre aber für eine ehrliche Klimabilanz nur insoweit von Bedeutung, wie in Deutschland verkaufte und konsumierte Waren auch in Deutschland hergestellt wurden – und nicht beispielsweise in China, das mit Abstand die meisten Waren nach Deutschland importiert. Und in China wird laut Länderprofil im Climate-Transparency-Report mit 5,8 Terajoule pro Million US-Dollar mehr als doppelt soviel Energie verbraucht wie in Deutschland mit 2,5 Terajoule.