Energiepreise, Steuern, Staatsknete: Deutsche Unternehmen investieren zunehmend im Ausland

DIHK schlägt nach neuer Umfrage Alarm: So viele Unternehmen wie noch nie verlagern die Produktion aus Kostengründen ins Ausland. Dabei haben Ökonomen Deutschland gute Bedingungen bescheinigt.

In den vergangenen Wochen und Monaten wurde immer wieder davon berichtet, Deutschland könnte seine industrielle Substanz verlieren. Im Februar hatte etwa der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, gewarnt, anhaltend hohe Energiepreise könnten zu einem Nachteil für den Standort Deutschland werden.

Damit könnte er recht behalten: Deutschland verliert für viele Firmen an Attraktivität, wie eine neue DIHK-Umfrage zeigt, über die das Handelsblatt am Dienstag berichtete. Immer mehr Kapital fließt demnach ins Ausland, weil die ökonomischen Rahmenbedingungen hierzulande für Unternehmen wenig vorteilhaft sind.

Fast jede dritte (32 Prozent) Auslandsinvestition zielt demnach darauf ab, Kosten zu sparen. Das ist der höchste Wert seit 15 Jahren. Vor zehn Jahren seien gerade einmal 20 Prozent der Auslandsinvestitionen aus diesem Grund getätigt worden.

Dass die Unternehmen weniger in Deutschland investieren, hat mehrere Gründe. Einmal sind die Zinsen für Unternehmenskredite gestiegen, was ein wenig Luft aus der wirtschaftlichen Dynamik gelassen hat. Seit Mitte 2022 haben sie über zwei Prozentpunkte zugelegt.

Bedeutender könnte allerdings sein, dass Länder wie die USA oder China Firmen mit hohen Subventionen anlocken. Außerdem sind hierzulande die Energiepreise im internationalen Vergleich hoch. Auch Bürokratiekosten und die Steuerbelastung werden als Nachteile für den Standort Deutschland benannt.

Für DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sind die Umfrageergebnisse ein Warnsignal. In einem Brief an die Chefs der regionalen Industrie- und Handelskammern (IHK) schrieb er laut Handelsblatt: "Das ist geradezu ein Weckruf für bessere Standortbedingungen".

Es stellt sich allerdings die Frage, ob sich hinter diesem Plädoyer mehr verbirgt als das Werben für höhere Subventionen und geringere Steuern. Einen Grund zum Zweifeln bietet etwa das ifo-Institut, zumindest in Hinsicht auf die Gründe für die höheren Auslandsinvestitionen.

Für deutsche Unternehmen sei es einfacher geworden, neue Kredite zu bekommen, heißt es in einer Mitteilung des ifo-Instituts von Ende März. Demnach hätten von jenen Unternehmen, die sich momentan um Kredite bemühen, nur 22,7 Prozent von Zurückhaltung der Banken berichtet. Im Dezember seien es noch 30 Prozent geworden.

Für Industrie und Dienstleister sei es demnach einfacher, an Kredite zu kommen. Im Groß- und Einzelhandel sowie im Baugewerbe sei die Situation nahezu unverändert. Vor allem für Kleinstunternehmen und Selbständige ist die Lage komplizierter. Knapp 40 Prozent der Unternehmen erklärten demnach, dass es schwierig sei, an Kredite zu kommen. In der Veranstaltungsbranche sollen es demnach sogar 50 Prozent sein.

Die gestiegenen Zinsen sehen viele Ökonomen ebenfalls nicht als das große Problem an, wie aus dem neuen Ifo-Ökonomenpanel hervorgeht. Befragt wurden dafür 132 Wirtschaftsprofessoren und zwei Drittel von ihnen sprachen sich für weitere Zinserhöhungen aus.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigte sich sogar sehr optimistisch ob der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. "Die deutsche Wirtschaft hat sich im Winter trotz Energiekrise und hoher Inflation gut geschlagen und dürfte nach der kurzen Schwächephase ab dem Frühjahr wieder zulegen", erklärte Geraldine Dany-Knedlik, Co-Leiterin des DIW-Konjunkturteams.

Die gestiegenen Zinsen dürften dafür sorgen, dass einige Investitionsvorhaben zurückgestellt werden, erkennt auch das DIW an. Dass ein rascher Aufschwung unwahrscheinlich ist, hat nach Meinung der DIW-Forscher auch damit zu tun, dass sich die Weltwirtschaft in einem Wachstumstief befindet. Deshalb sei auch nicht mit einem kräftigen Plus bei der Auslandsnachfrage zu rechnen.

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