Envisat, der Weltraum-Spion für die Erdatmosphäre
Weltweiter Anstieg des Treibhausgases CO2
Am 28. Februar 2002 brachte eine Ariane 5 vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana den acht Tonnen schweren europäischen Umweltspäher Envisat [1] in seine vorgesehene sonnensynchrone Umlaufbahn in 800 Kilometer Höhe um die Erde.
Etwas über fünf Jahre später hat dieser für die Wissenschaft sehr erfolgreiche Datensammler die Erde mehr als 26.000 Mal umrundet, dabei weit über eine Milliarde Kilometer zurückgelegt und bislang 500 Terabyte an hochkarätigem Informationsmaterial geliefert. Dieses angesammelte Datenmaterial liefern die zehn Hightech-Instrumente, die Envisat mit im Gepäck hat und den Wissenschaftlern ein umfassendes Bild sowohl der aktuellen Umweltsituation als auch sich abzeichnender Entwicklungstendenzen auf dem blauen Planeten vermitteln.
Sie bilden zudem eine wichtige Grundlage für das Programm zur Globalen Umwelt- und Sicherheitsüberwachung GMES [2] (Global Monitoring for Environment and Security). Die Steuerung des erfolgreichen Satelliten erfolgt vom Europäischen Satellitenkontrollzentrum ESOC [3] in Darmstadt. Zudem wurde seine Betriebsdauer die ursprünglich nur auf fünf Jahre ausgelegt war, aufgrund seines guten technischen Zustandes und den noch vorhandenen Treibstoffreserven, um weitere drei Jahre verlängert.
Envisat: Unsere Umwelt im Blick
Der größte Klimasatellit Envisat, mit seinen zehn Instrumenten (ASAR-Advanced Synthetic Aperture Radar, MERIS-Medium-spectral resolution imaging spectrometer, AATSR-Advanced Along Track Scanning Radiometer, RA-2-Radar Altimeter 2, MWR-Microwave radiometer, MIPAS-Michelson Interferometer for Passive Atmospheric Sounding, DORIS-Doppler Orbitography and Radio-positioning Integrated by Satellite, GOMOS-Global Ozone Monitoring by Occultation of Stars, LRR-Laser Retro-Reflector und SCIAMACHY - SCanning Imaging Absorption spectroMeter for Atmospheric ChartographY) an Bord, kann vielfältige Erdbeobachtungen durchführen:
- Die Atmosphäre: Der Erdspäher ermittelt ein genaues Bild vom Zustand der Erdatmosphäre. Der Satellit beobachtet die Veränderungen im Strahlungshaushalt der Erde, den Abbau der Ozonschicht, erfasst die Aerosol- und Schadstoffkonzentrationen sowie die durch Abgase von Verkehrsflugzeugen erzeugten Kondensstreifen.
- Die Eisflächen: Er zeichnet Veränderungen durch Klimaeinflüsse auf, hält nach Warnzeichen für Veränderungen im Albedo [4] genannten Rückstrahlvermögen von Schnee und Eis Ausschau und ermittelt mit höchster Präzision Eisausdehnung und Gletschergeschwindigkeit. Auf diese Weise vermittelt der Umweltsatellit ein genaues Bild vom Zustand der irdischen Kryosphäre (schnee- und eisbedeckte Erdoberfläche).
- Die Weltmeere: Envisat ermittelt ein genaues Bild von Zustand der Weltmeere. Er erfasst wichtige Parameter, wie die Oberflächentemperatur der Meere, die Höhe des Meeresspiegels sowie die Verteilung des winzigen Meeresplanktons.
- Die Landflächen: Der Satellit ermittelt die genaue Verteilung von Siedlungen sowie von land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen, erfasst millimetergenau Veränderungen der Erdoberfläche durch Erdbeben und Bodenabsenkungen, überwacht die Vegetation und vermittelt so ein genaues Bild vom Zustand der Landmassen. Ende April haben mehr als 900 internationale Wissenschaftler auf einem fünftägigen Symposium in der Schweiz die Ergebnisse aktueller Forschungsprojekte vorgestellt und diskutiert, die die Wissenschaftler auf der Datenbasis von Envisat und anderer ESA-Satelliten gewinnen konnten. Dabei zeigte sich unter anderem, dass mit dem an Bord befindlichen Instrument Sciamachy (Scanning Imaging Absorption Spectrometer for Atmospheric Chartography) ein Anstieg des Treibhausgases CO2 festzustellen ist.
SCIAMACHY
Das von der DLR gemeinschaftlich mit der Niederländischen Agency for Aerospace Programmes (NIVR [5]) und dem Belgischen Institute for Space Aeronomy (BIRA-IASB [6]). entwickelte Instrument ist der erste weltraumbasierte Sensor, der die Verteilung der wichtigsten Treibhausgase mit hoher Empfindlichkeit bis hinunter auf die Erdoberfläche messen kann, da es das Spektrum des durch die Atmosphäre scheinenden Sonnenlichts im so genannten Nadir-Modus erfasst (im Nadir-Modus wird die Atmosphäre direkt unter dem Satelliten erfasst, im Limb-Modus erfasst das Instrument Strahlung tangential zur Erdoberfläche, in Kombination lässt sich ein dreidimensionales Bild errechnen).
Umweltforschern der Universität Bremen ist es nun zum ersten Mal gelungen, den Anstieg des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre mittels der Daten des Envisat-Instruments SCIAMACHY zu beobachten.
Interview mit Dr. Michael Buchwitz Wissenschaftler und Umweltforscher vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen
Klimawandel mit dem Treibhausgas CO2
Durch ein besseres Verständnis aller am Kohlendioxidkreislauf beteiligten Parameter (wie dem Verbrennen fossiler Brennstoffe, vulkanische Aktivitäten, Atmung der Lebewesen, etc.) können Wissenschaftler den Klimawandel besser vorhersagen und die Einhaltung internationaler Verträge zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes wie das Kyoto-Protokoll [7] (zur Verringerung der Emissionen von sechs Treibhausgasen, darunter Methan und Kohlendioxid) optimaler überwachen. Jährlich produziert die Menschheit durch Verbrennen fossiler Brennstoffe (Öl, Gas, Kohle) etwa 26 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, mit steigender Tendenz.
Etwa die Hälfte wird von natürlichen Senken wie Ozeanen oder großflächigen Waldgebieten aufgenommen wird, die restlichen 50 Prozent verbleiben langfristig in der Atmosphäre – mit der Folge, dass sich die Erdatmosphäre erwärmt. Dies wiederum hat zum Beispiel den Anstieg des Meeresspiegels und die Zunahme von extremen Wetterlagen zum Ergebnis. In welchem Umfang, ist bislang noch wenig bekannt, hier sollen die Daten von SCIAMACHY helfen, wichtige Wissenslücken zu schließen. Dass eine Verringerung des Ausstoßes dieses klimaschädlichen Gases dringlich ist, wurde auch von EU-Politikern mit einer verpflichtenden Zielvorgabe für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen (bis zum Jahre 2020 sollen diese auf mindestens 20 Prozent unter die Emissionswerte von 1990 zurückgehen) anerkannt.
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Links in diesem Artikel:
[1] http://envisat.esa.int/
[2] http://www.gmes.info/
[3] http://www.esa.int/esaCP/SEMNX53VRRE_Germany_0.html
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Albedo
[5] http://www.nivr.nl
[6] http://www.aeronomie.be
[7] http://www.bmu.de/klimaschutz/internationale_klimapolitik/kyoto_protokoll/doc/5802.php
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