Erst die Zeit nach Mandela abwarten

Deutsche Unternehmen sehen die Wirtschaftsregion des Südlichen Afrikas inzwischen eher pessimistisch

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Der Mann versucht, sich betont optimistisch zu geben. "Unser Ziel ist ein wirtschaftliches Klima, das für alle Vorteile bringt", sagt Horst Jaeckel, Hauptgeschäftsführer des Verbandes deutschsprachiger Unternehmen im Südlichen Afrika (VDU) bei seinem Besuch in der namibischen Hauptstadt Windhoek. Dort hat der Verband gerade sein erstes Büro auf dem Gebiet der afrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft SADC eröffnet, das nicht in Südafrika liegt. Während in der Kaprepublik schon weit über 500 dort tätige Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im VDU organisiert sind, konnte Jaeckel im dünnbesiedelten Namibia bislang gerade 40 Firmen für seine Sache rekrutieren. Kein Wunder, denn das Land bietet sowohl für den Import als auch für den Export nur wenige gewinnversprechende Produkte. So windet sich der deutsche Unternehmer, spricht von Hoffnungen, Marktnischen und Produkten, mit denen sich Namibia zum Beispiel an neue Märkte anpassen müsse.

Dennoch kann die Expansion des VDU nach Namibia nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Länder des südlichen Afrikas noch immer nicht die liebsten Wirtschaftspartner deutscher Unternehmen sind. Außer in Südafrika können sich die deutschen Wirtschaftsbosse nur zögernd zu Investitionen entschließen. Und in zwei SADC-Staaten, Angola und der Demokratischen Republik Kongo, toben gar Bürgerkriege, in die wiederum Simbabwe und Namibia involviert sind.

Auch bei den Importen sieht es nicht besser aus. Die Bedeutung des gesamten schwarzen Kontinents ist für den deutschen Außenhandel im vergangenen Jahr nochmals gesunken. Der afrikanische Anteil an der deutschen Gesamteinfuhr betrug 1998 nur noch 1,9 Prozent. Nur Südafrika kann diesem Trend trotzen. So erhöhten sich die deutschen Einfuhren vom Kap 1998 um 17,8 Prozent auf 4,2 Milliarden Mark, während umgekehrt Südafrika deutsche Waren im Wert von 6,3 Milliarden Mark einführte.

Doch auch hier zeichnen sich Probleme ab. Nervös warten die in Südafrika tätigen deutschen Unternehmen auf die Parlamentswahlen am 2. Juni. Pessimistische Beobachter rechnen nach dem Abgang von Präsident Nelson Mandela mit Unruhen. Schon jetzt sehen einige Unternehmer die Rahmenbedingungen nicht mehr als günstig an - weder in Südafrika selbst noch in den übrigen SADC-Staaten. "Es besteht große Gefahr, daß die Einschätzung Ihrer Länder durch politische Unruhen, militärische Interventionen, unrechtmäßige Landreform, die Ermordung von Bauern sowie weit verbreitete Kriminalität und Korruption auf das schlimmste in Mitleidenschaft gezogen wird", warnte ein weiterer Wirtschaftsverband, die "Südafrika-Initiative der deutschen Wirtschaft" (Safri), schon zu Jahresbeginn die SADC-Staaten in einem offenen Brief.

Die Unternehmen sind sichtlich irritiert: von den Plänen des simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe, weiße Farmer zu enteignen oder von seinem Militärabenteuer im Kongo, von der südafrikanischen Militärintervention in Lesotho und der hohen Kriminalität am Kap. Ohne entschlossenes Gegensteuern seien die Konsequenzen unvermeidlich: "Nicht nur künftige Entscheidungen sind davon beeinflußt. Auch bestehende Investitionen deutscher Unternehmen in der Region sind ernsthaft bedroht, wenn sich nicht augenblicklich etwas verbessert", heißt es in dem Brief.

Zwar signalisieren alle Staatschefs, ernsthaft an den Problemen zu arbeiten. Doch erkennbare Veränderungen bleiben bislang aus. Im Gegenteil: Simbabwes Staatschef Mugabe zum Beispiel kehrte gerade von einer langen Auslandsreise zurück, auf der er unter anderem in China und Iran Investitionen zugesagt bekam. Mugabe will sich wirtschaftlich vom Westen und besonders vom Internationalen Währungsfonds unabhängig machen, um seine umstrittene Politik ungestört fortsetzen zu können.

Bei derart vielen schlechten Nachrichten überlegt vor allem Südafrika mittlerweile fieberhaft, wie dem Negativtrend beizukommen ist. So hat das südafrikanische Parlament im März den Steuersatz für ausländische Tochtergesellschaften im Lande von 40 auf 35 Prozent gesenkt. Eine Maßnahme, die Not tut, besonders da sich ausländische Unternehmen seit der Demokratisierung in Nigeria nun verstärkt für Westafrika interessieren.

Auch eine weitere Wirtschaftsorganisation neben der SADC, der Verband des "Gemeinsamen Marktes Ost-und Südafrikanischer Staaten" (Comesa), bemüht sich derzeit, eine attraktivere Wirtschaftsregion zu schaffen. Auf einer Konferenz, die in dieser Woche in Nairobi zu Ende ging, beschlossen die 21 Mitgliedsstaaten bis zum 31.Oktober 2000 eine Freihandelszone von Ägypten bis Swasiland zu schaffen. Doch die Comesa ist intern zerstritten, auch hier führen einige Mitglieder sogar Krieg gegeneinander.

Außerdem wird einer der größten Hemmfaktoren für ein wirtschaftliches Erblühen des schwarzen Kontinents noch sehr lange bestehen bleiben: Laut einer Studie des UNO-Entwicklungsprogramms UNDP wird sich die wirtschaftliche und soziale Armut der meisten Afrikaner nur sehr langsam abbauen lassen. 42 Prozent aller Bewohner des Kontinents müssen demnach mit weniger als zwei Mark pro Tag auskommen. Die Autoren warnen sogar vor einer Verschlechterung der Situation - gerade in den Staaten südlich der Sahara. 20 bis 25 Prozent aller Afrikaner, die in Städten leben, sind bereits heute ohne festen Arbeitsplatz. Und die Bevölkerung des Kontinents soll sich bis zum Jahre 2025 verdoppeln.

Angesichts solcher Zahlen gehört für deutsche Unternehmen derzeit neben einer nüchternen Kalkulation wohl auch soziales Engagement dazu, um im Südlichen Afrika zu investieren. So appellierte der auch für Afrika zuständige Vorstand der Deutschen Bank, Jürgen Krumnow, während einer Rede in Johannesburg an seine Kollegen, trotz der Rückschläge, den Kontinent jetzt nicht aufzugeben.