Es gibt keine Exit-Strategie..
..sondern doch permanente Militärbasen im Irak?
George W. Bush tut es schon wieder: Die amerikanische Regierung will offenbar durchsetzen, dass ausländische private Sicherheitsdienstleister im Irak auch künftig nicht von der dortigen Justiz belangt werden können. Außerdem beansprucht Washington das Recht, militärisch im Irak eingreifen zu können, wenn das demokratische System dort bedroht ist. Ein entsprechendes amerikanisch-irakisches Abkommen soll in diesem Jahr ausgehandelt werden. Die Demokraten warnen Präsident George W. Bush, vor seinem Ausscheiden aus dem Amt Fakten zu schaffen.
Die Bush-Administration hat offenbar einen Plan, wie es im Irak weitergehen soll. Wie die New York Times berichtet, haben sich Weißes Haus, Pentagon, Außenministerium und Militärs auf ein Forderungspapier geeinigt. Demnach sollen amerikanische Truppen bis auf weiteres im Irak bleiben können und Kampfeinsätze durchführen dürfen. Ein entsprechendes Stationierungsabkommen soll im nächsten halben Jahr mit der irakischen Regierung ausgehandelt werden. Es soll das UN-Mandat ablösen, das Ende des Jahres ausläuft.
Pikant dabei: Nicht nur US-Militär soll nicht der irakischen Justiz unterstehen. Auch private Sicherheitsdienstleiter würden demnach wie gehabt Immunität genießen. De facto unterstehen sie damit gar keiner Gerichtsbarkeit, wie der Fall Blackwater deutlich macht: Im September haben Angehörige der Militärfirma 14 irakische Zivilisten erschossen. Die irakische Justiz durfte sie dafür nicht zur Verantwortung ziehen (siehe Persilschein für Blackwater?). Laut amerikanischem Justizministerium ist es bis heute nicht klar, ob sie amerikanischem Recht unterstehen, berichtet die New York Times. Gegenwärtig sollen 154.000 Zivilisten im Irak für das US-Militär arbeiten. Davon sind 13.000 private Sicherheitsdienstleister.
Aber auch die anderen Teile des nur 15 Seiten langen Militärabkommens sind brisant. Die amerikanischen Forderungen gehen weit über das hinaus, was Washington üblicherweise in Stationierungsabkommen verlangt. So sollen die Vereinigten Staaten den Irak dabei unterstützen können, „sein demokratisches System gegen innere und äußere Bedrohungen zu verteidigen“. Demokratische Senatoren fordern deswegen, dass das Abkommen durch den Kongress ratifiziert werden muss. Die Demokraten fürchten, dass die Bush-Regierung vor ihrem Abtreten noch schnell Fakten schaffen will, an die ein möglicher demokratischer Präsident gebunden ist.
Wir müssen alles tun, um Präsident Bush davon abzuhalten, dem nächsten Präsidenten die Hände zu binden.
Hillary Clinton, bei einer Wahlkampfdebatte
Der Entwurf ist aber offenbar auch innerhalb der Bush-Regierung umstritten, wie die New York Times unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsmitarbeiter erwähnt. Die Bush-Administration versuchte in ersten Stellungnahmen, die Bedenken zu zerstreuen. Über 90 Prozent des Entwurfs beinhalte das, was in einem Truppenstationierungsabkommen üblich ist, hieß es. Außerdem bleibe es Sache des Präsidenten zu entscheiden, wie viele Soldaten im Irak stationiert sind und welche Operationen sie dort durchführen. Verteidigungsminister Robert Gates behauptete sogar:
Wir haben kein Interesse an dauerhaften Stützpunkten.
Gegenwärtig haben die Vereinigten Staaten nach Angaben des Base Structure Report des US-Verteidigungsministeriums 823 Stützpunkte in 39 Ländern. Wie schon in früheren Reports (vgl. Imperial überdehnt) fehlen allerdings wichtige Länder, zum Beispiel der Irak oder Saudi-Arabien. Somit dürfte die tatsächliche Zahl der Stützpunkte weitaus höher liegen.
Es darf bezweifelt werden, dass ausgerechnet im ölreichen Irak keine amerikanischen Truppen verbleiben werden. Das geplante Truppenstationierungsabkommen würde jedenfalls sicherstellen, dass US-Soldaten weiter im Irak bleiben können. „Es gibt keine Exit-Strategie, weil die Administration keine hat“, kritisierte der demokratische Senator Jim Webb.
Zur Stationierungspolitik der Vereinigten Staaten bemerkte der Historiker Paul Kennedy („Aufstieg und Fall der großen Mächte“) im übrigen schon 2006 in einem Interview:
Es gibt diesen Spruch: Was aussieht wie eine Ente, geht wie eine Ente und quakt wie eine Ente, ist wahrscheinlich eine Ente. Was wie ein Imperium aussieht, handelt und riecht, ist wohl eines. (...) Es ist zwar eine nette Absichtserklärung, dass wir nirgendwo bleiben wollen, aber ein Historiker im Jahr 2050 wird sehen, dass wir seit Jahrzehnten eine Militärbasis außerhalb von Riad in Saudi-Arabien halten. Für einen Imperienhistoriker sieht das aus wie eine Ente.