Eskaliert mit Transnistriens Ruf nach russischem Schutz der nächste Konflikt?

Seite 2: Moldawien auf EU-Kurs: Leben für Transnistrien erschweren

Die Journalistin Galiya Ibragimova argumentiert auf dem Blog des Carnegie Endowment for International Peace, dass "die Strategie der Republik Moldau" darin besteht, "den Prozess zu beschleunigen, indem sie Transnistrien das Leben so schwer wie möglich macht".

So beendete Moldawien die Zollerleichterungen für Unternehmen in Transnistrien im Januar, eine indirekte Subventionierung, die faktisch die Separatistenregierung in Tiraspol am Leben hielt. Dieser Schritt wird als Auslöser des gestrigen Sonderkongresses angesehen.

Das alles läuft ab vor dem Hintergrund von Unabhängigkeitsbestrebungen in der Region. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verstärkten sich Forderungen nach einer Rückkehr zu dem Autonomiestatus, wie er vor 1940 bestand.

Transnistrien ist multiethnisch. 28 Prozent sind Moldauer, 23 Prozent Ukrainer und etwa 29 Prozent Russen. Die Region war stärker industrialisiert als die übrige Regionen Moldawiens, zog damit Arbeitsmigranten an, große Teile der Bevölkerung sind russischsprachig.

Russische Truppen loswerden

Vor allem die russische Minderheit befürchtet, durch ein mögliches Zusammengehen mit Rumänien und eine EU-Mitgliedschaft an den Rand gedrängt zu werden.

Schließlich drohte Transnistrien militärisch in den Ukraine-Krieg hineingezogen zu werden. Moldawien sah die Gelegenheit gekommen, die russischen "Friedenstruppen" mit einer Stärke von etwa 1.500 Mann und andere russische Einheiten, die die Region seit den 1990er-Jahren schützen, loszuwerden.

Anfangs gab es zudem Pläne der russischen Streitkräfte, über die Südukraine in Transnistrien vorzudringen. Diese Bestrebungen mussten aber nach den Verlusten dort und dem Verlassen der Stadt Cherson aufgegeben werden.

Seitdem sind die russischen Soldaten in Transnistrien von Russland abgeschnitten und haben bisher auch keine Schritte unternommen, die Ukraine vom Westen zu bedrohen, wie anfangs befürchtet wurde. Gleichzeitig wäre es fatal, wie Anatol Lieven vom Quincy Institute warnt, wenn das ukrainische oder moldawische Militär die Chance nutzen würde, den Konflikt gewaltsam zu beenden.

Eingreifen der USA wäre großer Fehler

Dann könnten andere ethnische Konflikte wie in Georgien erneut angeheizt werden, wobei Russland dort deutliche militärische Vorteile besitzt, die Konfrontation gewaltsam für sich zu entscheiden.

Das US-Außenministerium erklärte nun, dass man "das Vorgehen Russlands in Transnistrien und die allgemeine Situation dort sehr genau beobachte". Für Lieven würde ein militärisches Eingreifen der USA in den Konflikt die Region weiter destabilisieren.

Man solle vielmehr die UN unterstützen dabei, über Verhandlungen den Konflikt zu beruhigen. Das würde bedeuten: Die russischen würden durch UN-Friedenstruppen ersetzt, Gründung einer Konföderation mit voller Autonomie für Transnistrien und ein Neutralitätsvertrag nach dem Muster von Österreich, als die sowjetischen und westlichen Streitkräfte das Land 1955 verließen.

Ob der Konflikt eskaliert, Gewalt provoziert oder nicht, wäre am Ende keineswegs Resultat einer schicksalhaften Konflikt-Dynamik, soviel steht fest. Der Westen kann und sollte intervenieren – diplomatisch jedoch und nicht militärisch oder mit provokativen Akten.

Man sollte der moldawischen Regierung dabei deutlich machen, dass eine gewaltsame Lösung oder eine per Zwang nicht akzeptiert werde.