Europas Energiepreise vs. USA: Das 5:1-Desaster

Energiepreise in Europa alarmierend hoch. Während US-Firmen nur 2,2 Dollar pro Million BTU zahlen, kostet Gas in Europa elf Dollar. Und das ist erst der Anfang.
Mit der Wiederwahl von Donald Trump befürchten viele deutsche Unternehmen laut einer aktuellen Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln negative Auswirkungen auf ihre Geschäftsabläufe. Knapp ein Drittel der Firmen erwartet laut der Studie "starke Wettbewerbsnachteile aufgrund höherer eigener Energiekosten" im Vergleich zu den USA.
Denn schon jetzt sind die Gaspreise in Europa mit elf US-Dollar je Million BTU (British Thermal Units) fünfmal so hoch wie in den USA mit 2,2 US-Dollar. Vor allem die energieintensive Industrie sieht sich im Nachteil.
Besondere Sorgen machen sich die Firmen zudem über Absatzbeschränkungen aufgrund einer insgesamt schwächeren Weltwirtschaft. "28 Prozent erwarten starke Auswirkungen einer schwächeren Weltwirtschaft auf ihre eigene Handelstätigkeit", heißt es in der IW-Studie. Auch US-Einfuhrzölle und Geschäftsbeschränkungen werden als potenzielle Bedrohung wahrgenommen.
USA wichtigster Handelspartner für deutsche Wirtschaft
Die USA sind der wichtigste Handelspartner für die deutsche Wirtschaft. Entsprechend besorgt äußern sich Experten über die handelspolitische Agenda des alten und neuen US-Präsidenten. "Mit der erneuten Vereidigung von Trump werden sich die internationalen Handelskonflikte deutlich verschärfen.
Lesen Sie auch
Russland wirbt um indische LNG-Käufer – erfolglos
Brüssels neue Sorge: Trumps Energie-Erpressung
Chrupalla in Washington: Heute Trumps Fan, morgen Trumps Opfer
Internes Dokument an das Außenamt: Deutscher US-Botschafter warnt vor Energiekrieg unter Trump
Telepolis exklusiv: Top-Diplomat warnt vor US-Offensive auf Energiemärkten
Das exportgetriebene Wirtschaftsmodell Deutschlands steht dabei besonders unter Druck", warnt Lukas Bertram vom Institut für zukunftsfähige Ökonomien. Er fordert als Reaktion eine gesamteuropäische Industriestrategie.
Sorgen auch in Mexiko
Auf der anderen Seite des Atlantiks befürchtet Alex González Ormerod, Analyst aus Mexiko, dass die amerikanische Bevölkerung die Folgen von Handelsbeschränkungen für die eigene Wirtschaft unterschätzt:
Donald Trump und die Wirtschaftsnationalisten in den USA geben den Mexikanern die Schuld dafür, dass sie ihnen ihre Industriearbeitsplätze "stehlen", obwohl die USA ohne Mexiko in ihrer Lieferkette einfach nicht wettbewerbsfähig gegenüber asiatischen Importen wären – ganz gleich, wie viele Zölle sie China auferlegen.
Alex González Ormerod, Analyst aus Mexiko
Gleichzeitig betont er die Bemühungen der mexikanischen Regierung, faire Löhne für Arbeiter durchzusetzen und so auch die Sorgen US-amerikanischer Beschäftigter ernst zu nehmen. Eine transnationale Zusammenarbeit der Gewerkschaften auf beiden Seiten der Grenze könnte laut Ormerod der progressive Weg sein, um Arbeitnehmerrechte zu stärken.
Deutsche Unternehmen fürchten Wettbewerbsnachteile
Trotzdem bleibt die Unsicherheit bei deutschen Unternehmen hoch. Laut IW-Studie gehen 40 Prozent der Industriefirmen von starken Wettbewerbsnachteilen durch die Energiepreise aus. Eine Eskalation der Handelsbeziehungen könnte gerade für die exportorientierte Industrie in Deutschland schmerzhafte Folgen haben. Eine klare europäische Antwort scheint dringend nötig.
Botschafter warnt vor US-Energiedominanz
Auch Deutschlands Botschafter in den USA, Andreas Michaelis, sieht Europa vor großen energiepolitischen Herausforderungen. In einem internen Bericht an das Auswärtige Amt warnt er vor einer massiven Energieoffensive unter dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Die neue US-Regierung könnte die bestehenden Russland-Sanktionen nutzen, um die eigene "Energiedominanz" auszubauen, wie es Telepolis heute unter Bezug auf die diplomatische Depesche schreibt.
Der deutsche Spitzendiplomat prognostiziert eine Verschärfung der Energiepolitik unter der neuen US-Administration. "Die USA und Russland stehen heute auf den globalen und europäischen Energie-Märkten in einem viel direkteren Wettbewerb zueinander als noch zu Trumps erster Amtszeit", analysiert Michaelis in seinem Bericht. Besonders die kurz vor Ende der Biden-Präsidentschaft verhängten Sanktionen gegen den russischen Energiesektor könnten als Hebel für Trumps "America First"-Politik dienen.
Die neue US-Regierung werde laut Michaelis starken Druck aufbauen, damit die durch westliche Sanktionen entstandenen Versorgungslücken mit US-amerikanischen Öl- und Gas-Exporten gefüllt werden. Diese Verkäufe seien nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sondern auch ein bedeutender politischer Hebel für die USA.