Exotische Zuwanderer erobern Deutschland
Invasive Arten richten enorme Schäden an. Ameisenkolonien unterhöhlen Städte, Krebse fressen Biotope leer. Wird die Ausbreitung nicht gestoppt?
Die Stadt Kehl an der Grenze zu Frankreich kämpft derzeit gegen eine Invasion von Ameisen der Gattung Tapinoma magnum. Die Insekten richten enorme Schäden an Gebäuden und Infrastruktur an und sind wohl praktisch nicht mehr auszurotten.
Ameisen-Invasion terrorisiert Stadt Kehl
Sie sind nur zwei bis drei Millimeter groß, schwarz und terrorisieren gerade eine ganze Stadt. Abermillionen von Ameisen machen sich im baden-württembergischen Kehl breit. Sie unterhöhlen Gehwege, nisten sich in Fußböden oder Wänden ein und beschädigen die Dämmung von Gebäuden.
Auch in Verteilerkästen von Strom und Telekommunikation sind sie zu finden und haben so bereits für Strom- und Internetausfälle gesorgt. Zum Glück ist bisher kein Fall bekannt, dass die Allesfresser Kabelisolationsmaterial gefressen hätten.
Tapinoma magnum: Eine unbesiegbare Superkolonie
Die Tapinoma magnum besitzt im Gegensatz zu heimischen Ameisenarten Hunderte Königinnen in Teilnestern, die sich zu einer Superkolonie vereinen. Zudem bekämpfen sich die Ameisen aus einzelnen Kolonien nicht untereinander. Ihre Nester befinden sich in einer Tiefe von bis zu einem Meter.
Alle Bekämpfungsversuche gegen Tapinoma magnum waren bislang nahezu erfolglos. Eine der angewandten Methoden, der Einsatz von Heißschaum, hat sich letztlich als ineffektiv erwiesen. Die Ameisenart ist zudem besonders resistent gegen Kälte, was ihre Bekämpfung zusätzlich erschwert und ihre Ausbreitung erleichtert. Ob sie zusätzlich zu den Schäden an Infrastruktur und Gebäuden auch Krankheiten übertragen kann, ist bislang nicht geklärt.
Tapinoma-Invasion: Zuwanderung aus dem Mittelmeerraum
Inzwischen steht fest, dass es sich bei der Tapinoma-Invasion um eine Zuwanderung aus dem Mittelmeerraum handelt, wobei inzwischen festgestellt werden konnte, dass es sich um vier optisch für den Menschen nicht zu unterscheidende Arten handelt.
Ursprünglich soll die Ameisenart aus dem westlichen Mittelmeerraum stammen und sich von dort ausgebreitet haben. Erst trat sie in Marokko und dann in Tunesien auf. Dann wurde sie in Griechenland, Italien, Frankreich und der Schweiz entdeckt. Inzwischen richtet sie auch in Belgien und den Niederlanden Schäden an. Im Norden Deutschlands wurde sie bislang nicht gefunden.
Menschliche Aktivität begünstigt Ausbreitung invasiver Ameisen
Die Hauptursache für die Ausbreitung dieser invasiven Ameisenart ist die menschliche Aktivität. Durch Reisen, globalen Handel und den Transport von Gegenständen wie Topfpflanzen können die Ameisen weite Strecken zurücklegen und neue Gebiete besiedeln. Besonders entlang des klimatisch begünstigten Oberrheingrabens könnte sich die Verbreitung weiter nach Norden ausdehnen.
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Inzwischen hat auch die aus Südamerika stammende Rote Feuerameise (Solenopsis invicta) den Sprung nach Europa geschafft. Ihre Attacken sind auch für Menschen sehr schmerzhaft und verursachen juckende rote Pusteln. Für Allergiker kann im Extremfall sogar Lebensgefahr bestehen.
Die asiatische Tigermücke kam im Transit durch die Schweiz
In Albanien und Italien konnte man bereits vor 30 Jahren Exemplare der Tigermücke (Aedes albopictus) nachweisen. Im Laufe der Jahre und der Erhöhung der Außentemperaturen trat sie ihren Weg nach Norden an.
Die hohen Treibstoffpreise hatten lange Zeit verhindert, dass Reisende aus Südeuropa auf dem Weg nach Deutschland in der Schweiz einen Tankstopp einlegten, sondern erst an der ersten Autobahntankstelle nach der Grenze in Schallstadt zum Tanken ausstiegen. Dies gab den mitgebrachten Tigermücken die Gelegenheit auszubüxen, erstmals nachgewiesen im Jahr 2015.
So ist es nicht verwunderlich, dass sich diese Mückenart zunächst im nahegelegenen Freiburg ansiedelte und dort im Laufe der Zeit auch nachgewiesen wurde. Mittlerweile wurde die Tigermücke aber auch in der Schweiz nachgewiesen.
Im Gepäck hat die Tigermücke gerne Krankheiten wie das in Südostasien endemische Denguefieber, das in Südeuropa inzwischen bis zum Gardasee vorgerückt ist. Es gibt inzwischen eine Impfung gegen Degue, wobei bislang noch nicht sicher ist, dass die Impfung nicht wie eine Erstinfektion wirkt und das Risiko bei einer weiteren Infektion deutlich erhöht.
Zugewanderte Wasserbewohner fressen ganze Biotope leer
Zehntausende Kalikokrebse wurden am Oberrhein südlich von Karlsruhe schon gefangen. Wenn sie ein Biotop leer gefressen haben, verschlingen sie sich am Ende sogar gegenseitig. Die Kalikokrebse dringen inzwischen in Bereiche vor, in welchen es bislang überhaupt keine Krebse gab. Sie schwimmen und krabbeln vorwiegend in kleine Tümpel, wo bislang Amphibien nicht von Krebsen bedroht wurden.
Die Kalikokrebse haben hier so gut wie keine Feinde und sind in den kleinen Gewässern vollkommen überlegen. Die Eier und Larven von Amphibien, Insekten und Libellen haben gegen den allesfressenden Krebs keine Chance. Zwar sollen Kalikokrebse für Menschen essbar sein, doch ist ihre Zubereitung so aufwendig, dass man davon nicht satt wird.
An einem Baggersee in der Nähe des Flughafens Baden-Baden-Karlsruhe begann die Invasion der Kalikokrebse. Bis 1993 waren dort kanadische Soldaten stationiert, die aus ihrer Heimat den Kalikokrebs als Angelköder kennen. Möglicherweise konnten sich mehrere Krebse von der Angel befreien oder einige Krebse waren nach dem Angeln noch übrig und wurden in das Wasser freigesetzt.
Der Nordamerikanische Ochsenfrosch: Ein lautstarker Eindringling
Da der Oberrhreingraben traditionell zu den wärmsten Regionen Deutschlands zählt, zählt er zu den wichtigsten Einfallstoren für Neozoen aus wärmeren Gefilden. Zu diesen Zuwanderern zählt auch der Nordamerikanische Ochsenfrosch (Lithobates catesbeianus), dessen an Ochsengebrüll erinnernde Stimme im Deutschen namensgebend war.
Weil Ochsenfrösche schon nach zwei bis vier Jahren geschlechtsreif sind und der Laich eines großen Weibchens bis zu 25.000 Eier enthält, der in großen Klumpen freischwimmend auf der Wasseroberfläche in Ufernähe abgelegt wird, vergrößern sich ihre Populationen rapide.
In den vom Ochsenfrosch besiedelten Laichgewässern bei Karlsruhe fehlen inzwischen Kaulquappen einheimischer Amphibienarten fast völlig. Zum Glück beschränkt sich das Auftreten des Nordamerikanische Ochsenfrosch hierzulande auf den Landkreis Karlsruhe und greift im Gegensatz zu den eingewanderten Ameisen die Infrastruktur nicht an.