FC Bayern: Tor offen für Israel-Hass?

Bild: Nawfel Ajari / CC BY-SA 4.0 Deed

Trotz eines vergifteten Statements nach dem Hamas-Massaker: Abwehrspieler Mazraoui bleibt. Das ist bezeichnend für die Gesellschaft, die mehrheitlich auf der absurd falschen Seite steht, meint unser Autor.

Das Unglück der Menschheit, so lautet einer der unsterblichen Sätze in Jean Renoirs Die Spielregel. Menschen sind verantwortlich für ihre Taten. Ein Mörder ist ein Mörder. Ein Lebensretter ist ein Lebensretter.

Der Fußballer Noussair Mazraoui, Marokkaner, Muslim und Abwehrspieler beim FC Bayern, hat in seinen Web-Kanälen einen Post geliked, dessen Text lautet: "Gott hilf unseren unterdrückten Brüdern in Palästina, damit sie den Sieg erringen. Möge Gott den Toten Gnade schenken, möge Gott ihre Verwundeten heilen."

Ein "Sieg von Palästina" kann im Licht der gegenwärtigen Angriffe auf Israel und auf Juden in aller Welt nur heißen: die Vernichtung Israels.

Der "Judenclub" FC Bayern

Und das bei einem Verein wie dem FC Bayern, der im Dritten Reich als "Judenclub" verschrien wurde, dessen viermaliger Präsident, der deutsche Jude Kurt Landauer, entrechtet, enteignet, gedemütigt und misshandelt wurde, bevor ihm 1939 die Flucht ins Schweizer Exil gelang.

Nach ihm ist heute die Kurt-Landauer-Stiftung benannt, mit der der deutsche Fußballrekordmeister bislang glaubwürdig gegen Antisemitismus eintrat.

Was aus Mazraouis geschmackloser Entgleisung für den FC Bayern folgen musste, schien von Anfang an klar: In dem Moment, in dem sich ein Angestellter des FC Bayern derart gegen die Werte und die Position des Clubs positioniert, stellt er sich außerhalb dieses Clubs.

Das bedeutet, dass sein Post echte Konsequenzen haben muss. Er kann nicht wegmoderiert werden. Dies muss nicht heißen, dass er ein für alle Mal vom Spielbetrieb suspendiert und aus der Mannschaft geworfen werden soll: Das hängt von seinem Verhalten ab und von glaubwürdiger Distanzierung von Israel-Hass und Hamas-Verteidigung.

Der "friedliebende Mensch" Mazraoui - nicht naiv, sondern voll verantwortlich

Andererseits ist Mazraoui nicht einfach "ein naiver junger Mann", sondern ein Erwachsener, der in anderen Zusammenhängen zu Recht Respekt einfordert. Diesen Respekt muss er nun umgekehrt auch erweisen – gegenüber einem Verein, dessen Farben er trägt, gegenüber einem Land, in dem er arbeiten und viel Geld verdienen will.

Er ist ein prominenter Fußballspieler, der wissen muss, was er tut, wenn er sich derart einseitig positioniert. Man kann von ihm verlangen, dass er weiß, was er tut, wenn er Soziale-Netzwerk-Kanäle betreibt. Dies muss er nicht tun.

Jetzt aber muss er klarstellen und korrigieren, was er getan hat.

In jedem Fall muss es Konsequenzen geben, die über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinausgehen. Es geht hier nicht um einen Spieler, sondern es geht um das Verhalten und die gesellschaftliche Positionierung eines Fußballclubs.

Das Schweigen zu Anfang war ziemlich laut. Dann folgte, Tage später, nach "einem ausführlichen und klärenden Gespräch" mit dem Spieler, folgende Pressemitteilung des FC Bayern im Namen von dessen Vorstandsvorsitzenden Jan-Christian Dreesen:

Noussair Mazraoui hat uns glaubwürdig versichert, dass er als friedliebender Mensch Terror und Krieg entschieden ablehnt. Er bedauert es, wenn seine Posts zu Irritationen geführt haben. Der FC Bayern verurteilt den Angriff der Hamas auf Israel. Mazraoui wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert, er verurteile darüber hinaus "jede Art des Terrorismus und jede Terrororganisation".

Jan-Christian Dreesen, FC Bayern

Ein Skandal!

Mazraoui war nicht bereit, sich ernsthaft zu distanzieren

Denn was heißt es de facto: Dass Mazraoui nicht bereit war, sich ernsthaft zu distanzieren, dass er nicht bereit war, die Hamas und Israel beim Namen zu nennen. Dass er nicht bereit war, sich zum Existenzrecht Israels zu bekennen. Und man könnte zugespitzt auch gegenfragen: Ist für Mazraoui die Hamas eine Terrororganisation? Ist Israel für ihn eine Terrororganisation? Beides lässt er offen.

Diese Antwort des Vereins ist nicht genug, sondern feiger Opportunismus. Sie ist der Landauer-Stiftung und des FC Bayerns nicht würdig. Es wird im FC Bayern selbst am meisten schaden, wenn hier nicht gegen Hamas-Verherrlichung und verkappten Israel-Hass klare Kante gezeigt wird.

Die Frage ist auch, ob es wirklich glaubwürdig ist, dass Mazraoui ein friedliebender Mensch ist und Terror und Krieg entschieden ablehnt. Denn es stimmt nicht, dass seine Posts zu Irritationen geführt haben. Sie sind eindeutig, sie sind schockierend und erfüllt von Israel-Hass.

Daher ist es vollkommen egal, ob Mazraoui mit einer Distanzierung seine Community aus Israel-Hassern und BDS-Freunden verletzen würde. Dann verletzt er sie eben. Wenn seine marokkanische Nationalmannschaft aus Israel-Hassern bestehen und ihm Schwierigkeiten machen sollte, dann kann er dort eben nicht mehr spielen, wenn er weiter beim FC Bayern spielen will. Oder er soll zurück und bei einem marokkanischen Fußballclub Fußball spielen. Dann kann er Israel hassen, so lange er will.

Beides aber geht nicht: FC Bayern und Israel-Hass. Aber genau das wird jetzt vom FC Bayern möglich gemacht; genau damit öffnet der FC Bayern dem Israel-Hass Tür und Tor.

Viel wichtiger ist nämlich hier, dass der FC Bayern schweigt und den sportlichen Erfolg über die Moral stellt. Das mag nichts Neues sein. Aber Mainz 05 hat es im Fall ihres Spielers Anwar El Ghazi vorgemacht und seinen Profi freigestellt.

Die deutsche Gesellschaft lässt bewusst Missverständnisse zu

Der ganze Vorgang ist sinnbildlich für eine Gesellschaft, die mehrheitlich auf der absurd falschen Seite steht. Für eine Gesellschaft, die bewusst Missverständnisse zulässt, der Entschlossenheit fehlt und Klarheit.

Hoffen muss man jetzt auf die Vereinsmitglieder und vor allem die Ultra-Fans der Schickeria.

Sie sind echte Fans und beeindruckende Supporter. In der Frage des Sponsorings und der finanziellen Unterstützung durch Katar und der haltlosen, möglicherweise gar korrupten Nähe mancher FC-Bayern-Funktionäre zum arabischen Emirat hat der Verein klare Kante gezeigt. Das muss auch hier geschehen.