FDP(ur) auf der Suche nach einer Wählerschaft
Die "ganz Freien" Demokraten im Ringen mit Selbstzweifeln
Der oberste Freidemokrat Christian Lindner verdient persönlichen Respekt. Eine Vizekanzlerwürde steht ihm nicht bevor, auch kein Job als Stellvertreter eines Landesvaters. Seine Partei klebt demoskopisch an den höchstens zwei Prozent fest, mit Ministern kann sie nicht mehr paradieren. Und dennoch zeigt Lindner keine Amtsmüdigkeit, gibt sich hoffnungsvoll. Seine Partei, so seine Botschaft beim dreiköniglichen Event, müsse nur die Zweifel an sich selbst überwinden.
Allerdings: Selbsttherapie schafft noch keine Wählerinnen und Wähler herbei. Die neue Farbe der Partei auch nicht; das Gelb und Blau ist nun ergänzt durch Magenta (bekannter unter dem Namen Fuchsin), eine Art Purpur, historisch wird es zugeschrieben dem blutfleckigen Gelände nach einer verlorenen Schlacht.
Von ihrer traditionellen Attraktion, juniorpartnerschaftlich einer Großpartei, die als etwas unzuverlässig in Sachen Marktradikalität gilt, die Regierungsmehrheit zu verschaffen und dann korrigierend tätig zu werden, kann die FDP nicht mehr zehren, dafür reichen ihre Prognosen nicht hin. Angela Merkel stehen andere Optionen zur Verfügung. Den Weg der Freiheitlichen Partei Österreichs können die deutschen Freidemokraten auch nicht gehen. Das rechtspopulistische Feld in der Bundesrepublik beackern schon andere, und Lindner ist zu glauben, dass ihm AfD, Pegida etc. zuwider sind.
Also proklamiert er "FDP pur", was für ihn heißt: Steuern für unternehmerische Erträge runter, Abbau der staatlichen Regulierung wirtschaftlicher Aktivitäten, vorbehaltloses Bekenntnis zu Freihandelsabkommen wie TTIP, überhaupt mehr Begeisterung für "amerikanische Werte". Selbst die Taxiunternehmen sollen keinen staatlichen Schutz mehr bekommen. Angezielt sind damit Stimmen aus dem gewerblichen Mittelstand.
Nun sind allerdings die Geschäftsinhaber dort zumeist kalkulatorisch erfahren; vermutlich werden sie erst mal prüfen, ob Verheißungen in Blau-Gelb-Magenta sich denn für sie rechnen könnten. Bei seiner Ermutigungsrede am Dreikönigstag pries Lindner als vorbildlich an, "in einer Garage ein Unternehmen zu gründen". Er erwähnte nicht, dass so mancher Versuch dieser Art gescheitert ist. Das hinterließ nur zu oft psychische Beschädigungen, bei den In-Spe-Aufsteigern. Die sind dem FDP-Chef nicht zu wünschen; er sollte sich denn doch wohl rechtzeitig nach einer Tätigkeit in der freien Wirtschaft umsehen Sein Arbeitsort muss ja keine Garage sein.