Falken und Masterpläne
Seite 2: Ahmad Abu Issas: das künftige Syrien als moderater islamischer Staat
- Falken und Masterpläne
- Ahmad Abu Issas: das künftige Syrien als moderater islamischer Staat
- Auf wie viel Unterstützung trifft die al-Qaida-Ideologie in Syrien?
- Auf einer Seite lesen
Issa ist Syrer und stammt aus der Ortschaft Sarjeh in der Provinz Idlib, in der er bis heute sein Hauptquartier unterhält. Neben Alloush und Aboud ist er der Dritte unter Syriens neuen Rebellenstars, der im Militärgefängnis Sidnaya wegen salafistischer Umtriebe einsaß und im Zuge einer Generalamnestie Mitte 2011 wieder frei kam. Laut Aron Lund hat er mehrere Angehörige unter den Präsidenten Hafez als Assad wie auch Baschar al-Assad verloren.
In einem Interview mit Al Jazeera vom Juni vergangenen Jahres enthüllte Issa naturgemäß keine Details zur Finanzierung seiner Gruppe. Allerdings erschien bereits im August ein Video im Internet, das ihn mit Financiers aus Bahrain zeigt. Ein Hinweis auf das im Golf verzweigte Netz, das die Rebellen versorgt und den Favoriten des Westens, die FSA, längst links liegen lässt.
Im Juni 2012 hatte Issa erklärt, dass er sich das künftige Syrien als moderaten islamischen Staat vorstelle, ohne diesen der Gesellschaft aufzwingen zu wollen.
Dieser verbindlich-unverbindlichen Terminologie blieb er auch im Interview mit Al Jazeera treu: Grundsätzlich seien Syrer aller Couleur willkommen; die Minoritäten müssten nichts befürchten, würden ihnen doch keine Rechte weggenommen, sondern diejenigen zurückgegeben, die sie schon zu Kalifatzeiten genossen hätten (inhaltlich entspricht dies den Wortblasen Abouds - mit dem Unterschied, dass Issa sie mit Charisma garniert).
Grundsätzlich müsse die Scharia die einzige Quelle der Rechtsprechung und der Präsident ein Muslim sein - dies sei nur recht und billig für ein Volk, das zu 80 Prozent aus gläubigen Sunniten bestehe.
Unter Demokratie versteht Issa das Gesetz Gottes, dessen Gerechtigkeit Wahlen impliziere.
Chaotische Rebellenszene; unverhohlener Hass auf die Schiiten
Überraschenderweise begrüsst Issa alle Uneinheitlichkeit: Dergestalt bildeten sich mutiple Guerilla-Strategien heraus und nichts zermürbe das Regime mehr. Möglicherweise bastelt Issa hier lediglich aus der Not eine Tugend. Zugleich lebt er selbst diesen Weg erfolgreich vor: Der von ihm seit Ende 2012 angeführte Milizenverband SILF ist einer der schlagkräftigsten in Syrien und erhält immer neue Aufnahmeanträge von kleineren Brigaden - obgleich oder weil Issa bislang keine klare Ideologie zur Tagesordnung erhob.
Anders als seine Mitstreiter Aboud oder Alloush scheut Issa vor der Kamera nicht vor der in Syrien derzeit populären Konfessionshetze zurück. So bezeichnet er Hizb-Allah als Hizb-al-Lat. Gemeint ist eine Götzenfigur, die die Araber vor dem Aufkommen des Islam anbeteten.
Im Gespräch erweckt Issa den Eindruck eines medienwirksamen Charismatikers, der volksnah auftritt und bei allen Fragen - mit Ausnahme des Schiitenthemas - entspannt lächelt. Addiert man dies zu den Beobachtungen Aaron Lunds zur nicht-existenten Führungsideologie der SILF hinzu, wirkt Issa wesentlich undogmatischer als Aboud: Ob harter Salafismus oder verhandlungsbereiter Islam - Issa scheint sich mit beidem arrangieren zu können, solange die Ziele nur Regimesturz und Schwächung der Schiiten lauten.