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Falsche Ozempic-Pens: Warnung vor gefÀlschtem Medikament

Christoph Jehle

(Bild: Pavel Danilyuk, pexels)

Das Diabetes-Medikament von Novo Nordisk erfreut sich großer Nachfrage. Es wird auch als Mittel gegen Übergewicht gehypt. Jetzt tauchen hierzulande erste FĂ€lschungen auf.

Der Traum, Übergewicht nicht mehr durch körperliche Anstrengung abbauen zu mĂŒssen, sondern die Pfunde mithilfe von Medikamenten loszuwerden, ist so alt wie die Adipositas-Welle, die immer mehr Menschen in den IndustrielĂ€ndern plagt.

In Frankreich setzten Übergewichtige vor Jahren ihre Hoffnungen auf Mediator [1] des zweitgrĂ¶ĂŸten französischen Pharmakonzerns Les Laboratoires Servier [2]. Das Medikament wurde erst vom Markt genommen, als die EU-Gesetzgebung 2009 ein Verkaufsverbot anordnen konnte. Der Hersteller sowie die fĂŒr die Vermarktung des Medikaments verantwortliche französische Aufsichtsbehörde ANSM wurden inzwischen zu eher symbolischen Strafen [3] verurteilt.

Novo Nordisk: der Überflieger am Pharmamarkt

Wie sehr die Vorstellung vom mĂŒhelosen Abnehmen mit Pillen die Fantasie beflĂŒgelt, zeigt aktuell der Höhenflug der Aktie von Novo Nordisk, die seit MĂ€rz 2017 um mehr als 400 Prozent zugelegt hat. Grund dafĂŒr ist primĂ€r das Diabetes-Medikament Ozempic, fĂŒr das die DĂ€nen die Nachfrage nicht mehr bedienen können, seit der Patientenkreis von Diabetes-2-Patienten auf Übergewichtige ausgeweitet wurde.

In diesem Zusammenhang wurde die Nachfrage nach dem Wirkstoff Semaglutid offenbar durch eine gezielte PR-Kampagne [4] in den sozialen Medien ĂŒbermĂ€ĂŸig angeheizt, sodass Diabetes-2-Patienten inzwischen oft lange Wartezeiten fĂŒr ihr Medikament in Kauf nehmen mĂŒssen.

In Großbritannien hat die ĂŒberzogene Marketingkampagne fĂŒr den Wirkstoff Semaglutid inzwischen dazu gefĂŒhrt, dass der Nutzen fĂŒr den medizinischen Sektor [5] kritischer beurteilt wird als zuvor. Dazu gehört auch der Hinweis, dass Patienten nach der Gabe von Ozempic suizidgefĂ€hrdet gewesen sein sollen [6].

Ozempic-FÀlschungen in Lörrach aufgetaucht

Das RegierungsprĂ€sidium Freiburg hat Ende vergangener Woche darĂŒber informiert, dass in Lörrach gefĂ€lschte Pens des Diabetes-2-Medikaments Ozempic des dĂ€nischen Herstellers Novo Nordisk in grĂ¶ĂŸerer Zahl aufgetaucht sind als zunĂ€chst angenommen. In einer Meldung des SĂŒdwestfunks [7] wurde darauf hingewiesen, dass Ozempic-FĂ€lschungen bereits im vergangenen Sommer in der Schweiz aufgetaucht seien.

Patienten, die die gefĂ€lschten Pens benutzten, wurden mit Unterzuckerung in KrankenhĂ€user eingeliefert, [8] was darauf hindeutet, dass die Pens Insulin enthielten. Die Bauform der gefĂ€lschten Pens entspricht in ihrem Erscheinungsbild auch den ĂŒblichen Insulin-Glargin-Pens, einschließlich der beiden aufgedruckten Skalen. Lediglich die Farben der Kunststoffteile und der Aufkleber der gefĂ€lschten Ozempic-Pens weichen von den gĂ€ngigen Insulin-Pens ab.

In Deutschland werden die FÀlschungen inzwischen bundesweit vermutet. In Lörrach hat die zustÀndige Landespolizei die ersten Pens in einer Firma gefunden. Wo genau die gefÀlschten Pens aufgetaucht sind, wurde nicht bekannt gegeben.

Inzwischen wurden offenbar deutlich mehr FĂ€lschungen entdeckt als zunĂ€chst gemeldet und man geht davon aus, dass auch andere BundeslĂ€nder [9] von den FĂ€lschungen betroffen sind. Inzwischen wurden sogenannte "Hinweise fĂŒr Fachpersonal" in Apotheken und Großhandel [10] herausgegeben, was darauf hindeutet, dass die FĂ€lschungen ihren Weg in die regulĂ€re Medikamentenlieferkette gefunden haben könnten.

Die pharmazeutische Lieferkette in Deutschland gilt aufgrund des sogenannten SecurPharm-Systems [11] als besonders sicher. Bei SecurPharm [12] trĂ€gt jede einzelne Packung einen individuellen QR-Code, ĂŒber den die Packung bis zur Abgabe an den Patienten in der Apotheke verfolgt werden kann.

SecurPharm, das auf Servern von Microsoft betrieben wird, war im Januar 2023 ausgefallen [13]. Die Abbuchungen konnten damals nicht zeitgleich mit der Abgabe der Arzneimittel an die Patienten erfolgen. Eine weitere UnregelmĂ€ĂŸigkeit ergab sich im Zusammenhang mit Arzneimittelspenden fĂŒr die Ukraine, die nicht bei SecurPharm ausgebucht werden mussten [14].

Sollten die gefĂ€lschten Ozempic Pens in Deutschland trotz des SecurPharm-Systems den Weg in die regulĂ€re Lieferkette gefunden haben, wĂ€re ein Verschweigen des Vorfalls wenig hilfreich und wĂŒrde die Vorbehalte in der Bevölkerung gegenĂŒber der Pharmaindustrie eher noch verstĂ€rken.


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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2021/03/31/schuldspruch-im-prozess-um-toedliche-schlankheits-pillen-in-frankreich
[2] https://servier.com/
[3] https://www.nzz.ch/international/mediator-schlankheitspillen-hersteller-servier-verurteilt-ld.1609118
[4] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/05/23/unerwartet-gestiegene-nachfrage-bei-semaglutid-und-co-gar-nicht-so-unerwartet
[5] https://www.theguardian.com/society/2023/mar/12/orchestrated-pr-campaign-how-skinny-jab-drug-firm-sought-to-shape-obesity-debate
[6] https://www.heise.de/tp/article/Abnehmen-mit-Wegovy-Co-Wenn-man-ploetzlich-an-Suizid-denkt-9320730.html
[7] https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/faelschungen-von-diabetes-medikament-ozempic-in-bw-aufgetaucht-100.html
[8] https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-96614.html
[9] https://www.zeit.de/gesundheit/2023-10/gefaelschtes-diabetes-medikament-ozempic-lieferkette
[10] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/10/09/ozempic-faelschungen-was-apothekerinnen-wissen-muessen
[11] https://www.telepolis.de/features/Was-Medikamente-mit-Zigaretten-gemein-haben-4408709.html
[12] https://www.securpharm.de/nationales-system/
[13] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/01/25/ausfall-bei-microsoft-beeintraechtigt-auch-securpharm
[14] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/05/13/hersteller-muessen-arzneimittel-fuer-die-ukraine-nicht-aus-securpharm-ausbuchen