Ferngesteuerte Terroranschläge

Unbemannte Fahr- und Flugzeuge gelten als Wunderwaffen, aber sie werden demnächst auch von Aufständischen, Terroristen und Kriminellen verwendet werden und das Leben unsicherer denn je machen

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Unbemannte fernsteuerbare Fahr- und Flugzeuge sind begehrt. Noch rüsten sich die staatlichen Armeen damit aus und investieren die Verteidigungsministerien Milliarden in deren Entwicklung und Anschaffung. Allerdings hatte die Hamas bereits zweimal über Israel unbehelligt eine Drohne kreisen lassen können, was große Sorge bei der israelischen Armee – und wahrscheinlich nicht nur bei dieser – ausgelöst hat. Im technischen Wettrüsten schwindet die (technische) Überlegenheit der staatlichen Sicherheitskräfte. Die Anschläge vom 11.9.2001 waren vermutlich nur ein Zwischenstadium auf dem Weg zum Terror mit neuen Mitteln.

Es dürfte vermutlich nicht mehr lange dauern, bis von Widerstandskämpfern, Terroristen oder Kriminellen ebenfalls unbemannte Fahr- oder Flugzeuge eingesetzt werden, um aus der sicheren Ferne einen Ort zu erkunden oder einen Anschlag bzw. Überfall auszuführen. Der "Vorteil", den Selbstmordanschläge bieten, nämlich ungehindert ans Ziel zu gelangen, dort an der "richtigen" Stelle und zur "richtigen" Zeit den Anschlag auszuführen und, wie man jetzt bei den gescheiterten Londoner Attentätern sehen konnte, nicht gefangen zu werden und Informationen über die Hintermänner preisgeben zu müssen, lässt sich mit fernsteuerbaren Fahr- und Flugzeigen ebenso erreichen. Aus dieser Perspektive könnte die Flut der Selbstmordattentäter nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Ersatz der Menschen vor Ort durch Roboter sein, die als deren Stellvertreter handeln und mit denen sich weitaus größere Risiken eingehen lassen, weil die Täter weder Gefangennahme noch Verletzungen oder Tod fürchten müssen.

Im Unterschied zu komplexen Technologien wie Langstreckenraketen und Atombomben wären fernsteuerbare Roboter, die auch Bomben oder Raketen mit sich führen oder mit Schusswaffen ausgerüstet sein können, die "Waffen des kleinen Mannes", die nicht nur von den überlegenen Kräften im asymmetrischen Krieg verwendet werden können. Mit ihnen ließen sich für Terroranschläge auch schmutzige Bomben, chemische oder biologische Waffen ans Ziel bringen. Drohnen lassen sich von überall starten, ohne wirklich aufgehalten werden zu können. Als Ersatz für Trägerraketen könnten sie ihre gefährliche Last auch über große Entfernungen und unerkannt vom Radar ans Ziel bringen. Da beispielsweise die Drohnen immer kleiner, billiger und auch besser werden, werden nicht nur der Erwerb und die Bedienung einfacher – für erfahrene Computerspieler ist die Steuerung sowieso kein Problem, sondern könnten auch – ganz nach al-Qaida-Stil – gleichzeitig mehrere Roboter als Schwar losgeschickt werden. Dann würde selbst dann, wenn manche vorzeitig zerstört werden, noch der eine oder andere sein Ziel erreichen.

Die US-Regierung baut das teure und aufwändige, bislang nicht funktionierende Raketenabwehrschild gegen Langstreckenraketen auf, das von fernsteuerbaren Robotern, die vom In- oder Ausland kommen können, unterlaufen wird. Bislang werden von den Militärs und anderen Sicherheitsdiensten Milliarden in die Entwicklung und den Erwerb von Drohnen und anderen fernsteuerbaren Robotikfahrzeugen investiert, um technisch an der Spitze zu bleiben, das Leben der eigenen Leute zu schonen und billigere Mittel zu besitzen. Just das Setzen auf die Wunderwaffen spielt aber auch in die Hände der Gegner, die damit effiziente Hightech-Waffen in die Hände bekommen, mit denen sie ebenso wie bisher mit Schusswaffen, Sprengstoff oder Passagierflugzeugen hinterhältige Angriffsmöglichkeiten im asymmetrischen Krieg gegen eine in vielen Hinsichten weit überlegene Macht entwickelt haben.

Noch aber scheint man auf diesem Auge blind zu sein und die Gefahren zu übersehen, die ohne jeden Zweifel entstehen werden, wenn diese Technik in die falschen Hände gerät. Selbst im Film und in der Literatur gibt es erstaunlicherweise bislang noch kaum Fantasien über das, was uns demnächst erwarten wird. Warum darüber nicht intensiver nachgedacht wird, da jedem die Szenarien unmittelbar einleuchten, ist rätselhaft, möglicherweise eine Folge der Selbstimmunisierung gegenüber dem Unvermeidlichen, während man gleichzeitig darauf wartet, dass der Terrorismus zu den Massenvernichtungswaffen greift und Hiroshima-artige Zerstörungen verursacht.

Schon allein die Fernerkundung bietet bekanntlich viele Chancen, bewaffnet sind die fernsteuerbaren Roboter ein Mittel mit unzähligen Anwendungen, die von Erpressung über Raubüberfälle bis hin zu Anschlägen und gezielten Tötungen reichen. Was würden Luftabwehrsysteme, das Sperren des Luftraums und der Einsatz von Militärjets nutzen, wenn mit einer tief fliegenden Drohne ein Sprengsatz zu einer Massenveranstaltung oder –kundgebung gebracht wird? Was nutzen hier Bodyguards, wenn die Ziele direkt aus der Luft präzise und unerwartet angegriffen werden? Politische Gipfel müssten dann womöglich in Bunkern stattfinden. Der Raum außerhalb von Gebäuden würde zu gefährlich werden oder könnte nur noch durch panzerartigen Schutz durchquert werden, aber auch die Gebäude müssten gegen Sprengladungen und Mini-Roboter geschützt werden, die auch durch offene Fenster und Türen in die Zimmer gelangen können. Abschießen könnte bei tieffliegenden Drohnen oder am Boden fahrende Roboter zu gefährlich sein, wenn sie hochexplosiven Sprengstoff oder chemische/nukleare/biologische Waffen mit sich führen. Mit der Unterbrechung der Funkverbindung würde die gesamte Kommunikation ausfallen, aber auch die Roboter steuerlos werden. Die Zurückverfolgung der Signale dürfte auf jeden Fall zu lange dauern, ob sich die Roboter durch Hacken übernehmen lassen, wäre eine Frage auf Leben und Tod.

Jeder Schutz, der zusätzlich eingeführt wird, wird, auch im militärischen Sinne, überboten werden. Ein Wettrüsten wird die Folge sein, einen Gewinner dürfte es immer nur zeitweise geben. Haben sich die Staaten, sieht man von den amerikanischen Bomben auf Hiroshima und Nagasaki ab, bislang zurückgehalten, einen Atomkrieg zu führen, so werden fernsteuerbare, irgendwann auch autonome Roboter eine Vielzahl von Konfliktherden auf der ganzen Welt aufbrechen lassen, die vielleicht nicht weniger gefährlich sind wie ein massiver Atomschlag. Da es weitaus ungefährlicher für das eigene Leben ist, einen Roboter gegen ein Feind zu schicken, es auch nur relativ geringe Verluste bringt, wenn die Mission scheitert, werden sehr viel schneller bewaffnete Konflikte ausbrechen. Das Leben unter dieser Bedrohung würde tatsächlich den Vorstellungen gleichen, die man sich vom Dasein nach einem Atomschlag machte. Die schon verlassenen Bunker des Kalten Kriegs werden eine Renaissance erfahren, auch wenn die USA bereits taktische Nuklearwaffen – bezeichnenderweise "Mini-Nukes" genannt - entwickeln wollen, um auch tief unter der Erde liegende Bunker zerstören zu können.

Damit dies alles nicht zu verwegen klingt, sei etwa an die Drohne der US-Firma Cyber Defense erinnert, die vor kurzem auf den Markt gekommen ist. Die Mini-Drohne namens CyberBug ist zwar noch relativ groß, lässt aber erahnen, wohin der Trend gehen wird. Bislang wurde CyberBug, eine mit einem Joystick an einem Bildschirm fernsteuerbare Drohne, nur an das Militär und Sicherheitskräfte verkauft. Nun soll sie auch im Ausland angeboten werden. Mit einem Preis von 8,500 US-Dollar wird sie ihren Weg auch in die Hände von Kriminellen und Terroristen finden.

Der CyberBug mit einer Länge von 60 cm oder 120 cm und einem Gewicht von 1,3 bzw. 2,5 kg wird mit einem Joystick und einem tragbaren Computer gesteuert, kann aber auch mit Autopilot und GPS-Navigation geflogen werden. Gibt man also die Flugbahn vorher ein, kann man untertauchen, bevor die Drohne ans Ziel gelangt. Bis zu 3,5 Stunden kann sie mit einer Geschwindigkeit bis zu 30 km/h fliegen. Sie ist mit einer Mini-Kamera ausgestattet und kann eine kleine Last mit sich führen, die mehrere Pfund schwer sein kann.