"Feuerzauber im Grunewald": Ein Großbrand mit Ansage
Die Gefährdung durch den Sprengplatz der Berliner Polizei war bereits 2005 Thema im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz des Abgeordnetenhauses.
"Kein Feuerzauber im Grunewald" – so lautete die Überschrift eines Antrags, den im Mai 2005 ausgerechnet die CDU-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz auf die Tagesordnung setzen ließ.
Der seit 1950 betriebene Spreng- und Versuchsplatz der Berliner Polizei im Grunewald sei "unverzüglich stillzulegen", hieß es darin. Zur Begründung hieß es unter anderem, der gesamte Grunewald sei ein Landschaftsschutzgebiet. Außerdem gehe von der Liegenschaft ein "Restrisiko für die Bevölkerung" aus.
Die Argumentation, der Sprengplatz sei als Zwischenlager für im Stadtgebiet geräumte Weltkriegsmunition erforderlich, fanden die Christdemokraten "nicht nachvollziehbar". Munition aus dem innerstädtischen Bereich oder den östlichen Bezirken könne "gefahrloser nach Brandenburg als durch die Stadt nach Grunewald transportiert werden".
Sarkasmus in Sachen Artenschutz
Es regierte damals ein "rot-roter" Senat mit Klaus Wowereit (SPD) an der Spitze – und die Grünen zeigten wenig Interesse, sich mit der CDU zu verbünden, wenn die ausnahmsweise mal auf Umweltgefahren hinwies. Eine ihrer Abgeordneten interessierte erst mal nur, wie viel Geld Brandenburg für die Zwischenlagerung verlangen würde – und wie viel im Vergleich dazu der Sprengplatz koste.
Ein SPD-Abgeordneter konnte sich laut Protokoll der Ausschusssitzung eine sarkastische Antwort auf das CDU-Argument, der Sprengplatz beeinträchtige Vögel, Lurche und Erdkröten, nicht verkneifen: Er teile die Ansicht "dass die geschundenen Kreaturen, insbesondere die Erdkröten", verdient hätten, dass dort nicht mehr gesprengt würde, sagte laut Protokoll der SPD-Mann Torsten Hilse. Andererseits seien Verhandlungen erst dann abgeschlossen, wenn die Partner sich geeinigt hätten.
Auch als die CDU mitregierte, blieb alles beim Alten
Der Ausschuss lehnte den Antrag letztendlich ab – und so blieb erst einmal alles beim Alten. Allerdings auch in den Jahren 2011 bis 2016, als die CDU in der Hauptstadt an der Seite der SPD in einem "rot-schwarzen" Senat regierte.
Das parteiübergreifende Desinteresse fand am Donnerstag schlagartig ein Ende, als der Grunewald in den frühen Morgenstunden Feuer fing und Explosionsgeräusche zu hören waren. Schnell entwickelte sich in dem seit längerer Zeit zu trockenen Wald um den Sprengplatz ein Großbrand. Die Löscharbeiten gestalteten sich wegen der insgesamt rund 25 Tonnen explosiven Materials, die dort gelagert wurden, schwierig.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kam am frühen Nachmittag an den Einsatzort und versprach angesichts des Desasters, die Suche nach einem neuen Standort für den Sprengplatz wieder zu eröffnen. Giffey will nun diesbezüglich mit ihrem Parteifreund Dietmar Woidke, dem Ministerpräsidenten Brandenburgs, verhandeln.
Am Abend waren laut Ohrenzeugen auch in 1200 Meter Entfernung weitere Explosionen zu hören. Gut einen Tag nach Ausbruch des Feuers war der Brand in einem Sperrradius von 1000 Metern noch immer nicht unter Kontrolle. Die Flammen könnten aber "innerhalb der Ringstellung" gehalten werden, hieß es an diesem Freitag um 5:38 Uhr.
In der Nacht sei "weitere Spezialtechnik" zur Erkundung der Sperrzone eingetroffen, erklärte die Feuerwehr, nachdem am Abend zuvor der Einsatz eines ferngesteuerten Spezialroboters der Bundeswehr mit Kamera, der ein Lagebild vom Sprengplatz liefern sollte, wegen der Explosionen abgebrochen werden musste.
Im Laufe des Morgens schien sich die Lage zu bessern: "Der Brand wurde innerhalb der Riegelstellungen gehalten. Löschmaßnahmen wirken sich positiv aus. Nur noch kleinere Brandstellen müssen abgelöscht werden", hieß es von Seiten der Feuerwehr. Der Sperrkreis bleibe aber noch bestehen.