Finger weg! Israels explosive Botschaft an die Hisbollah

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Israel infiltrierte Hisbollah mit Sprengfallen-Pagern. Bis zu 3.000 Mitglieder fielen der Aktion zum Opfer. Nun sind Details zur Mossad-Operation publik geworden. Ein Bericht.

Der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad hat offenbar in einer schwierigen und jahrelang geplanten Geheimdienstoperation die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah mit Tausenden Sprengfallen-Pagern infiltriert.

Wie israelische, arabische und US-Sicherheitskreise berichten, fielen der Aktion am 17. September bis zu 3.000 Hisbollah-Mitglieder zum Opfer. Viele von ihnen erlitten schwere Verletzungen an den Händen, als sie versuchten, verschlüsselte Nachrichten auf den manipulierten Pagern zu lesen. Die US-Tageszeitung Washington Post hat nun teils brisante Details der Mossad-Operation enthüllt.

Jahrelange Planung und Tarnung

Der Plan für die Operation entstand der US-Recherche zufolge bereits 2022 in der Mossad-Zentrale in Tel Aviv. Ziel war es, die Kommunikation der Hisbollah zu unterwandern und im Krisenfall eine verheerende Schlagkraft gegen die Miliz zu entwickeln. Da die Hisbollah extrem misstrauisch gegenüber möglicher israelischer Überwachung ist, mussten die Pager über Umwege an die Miliz herangetragen werden.

Mossad engagierte dafür zunächst eine ahnungslose Vertriebsmitarbeiterin einer taiwanesischen Pagerfirma. Diese bot der Hisbollah ab 2023 ein spezielles Pager-Modell an: Den Apollo AR924. Das Gerät wurde als besonders robust, langlebig und abhörsicher beworben. Die Hisbollah zeigte sich beeindruckt und orderte 5.000 Stück, die sie ab Februar 2024 an Mittelkader und Unterstützer verteilte.

Was die Hisbollah nicht wusste: Die Pager wurden nicht in Taiwan, sondern heimlich in Israel unter Mossad-Aufsicht gefertigt. Jedes 85 Gramm leichte Gerät enthielt in der übergroßen Batterie eine winzige Menge Sprengstoff. Dieser war so geschickt verborgen, dass er selbst bei Röntgenuntersuchungen der Pager nicht auffiel.

Zündung per Fernbefehl oder Code-Eingabe

Die Sprengladungen konnten von Mossad aus der Ferne gezündet werden. Doch die Agenten bauten noch eine perfide Zusatzfunktion ein: Wenn ein Nutzer eine verschlüsselte Nachricht lesen wollte, musste er dazu gleichzeitig zwei Tasten drücken – und das Gerät mit beiden Händen halten. Genau in diesem Moment detonierten die Sprengsätze und rissen den Opfern Finger ab oder verletzten die Hände schwer.

Am 17. September war es soweit: Mossad sendete an alle Pager eine Nachricht auf Arabisch: "Sie haben eine verschlüsselte Nachricht erhalten". Wer daraufhin den Code eingab, löste die Explosion aus. Zeitnah zündete der Geheimdienst auch in Tausenden Hisbollah-Funkgeräten versteckte Bomben, die er bereits ab 2015 eingeschleust hatte.

Der Doppelanschlag führte in den Reihen der Miliz zu verheerenden Verlusten. Bis zu 3.000 Mitglieder sollen verletzt oder getötet worden sein. Die militärische Schlagkraft der Organisation wurde damit massiv geschwächt.

Israel nutzte die Gunst der Stunde für Luftangriffe auf Hisbollah-Stellungen und tötete am 28. September auch den Anführer Hassan Nasrallah.

Risiko weiterer Eskalation

Die Sprengfallen-Pager gelten als eine der erfolgreichsten Geheimdienstoperationen der jüngeren Geschichte. Doch in Israel wächst auch die Sorge vor den Folgen.

Kritiker warnen, die Aktion hat ein enormes Eskalationspotenzial und dürfe nicht zur strategischen Maxime werden. Der Iran als Schutzmacht der Hisbollah feuerte bereits Raketen auf Israel ab. Eine weitere Verschärfung des Konflikts scheint kaum mehr abwendbar.

Ein Mossad-Mitarbeiter brachte die Risiken laut Insiderberichten mit den Worten auf den Punkt: "Wir können eine strategische Entscheidung wie eine Eskalation im Libanon nicht treffen, nur weil wir auf ein Spielzeug setzen." Andere Sicherheitskreise verteidigen die Aktion dagegen als einmalige Chance, die kaum zu kontrollierenden Milizen im Norden zurückzudrängen.

Die USA, der engste Verbündete Israels, waren vorab nicht über die Pager-Falle informiert worden. Washington hatte gehofft, die Hisbollah zu einem separaten Waffenstillstand zu bewegen – ein Plan, der nach dem Tod Nasrallahs in weite Ferne gerückt ist. Israel steht nun weitgehend alleine da im Konflikt mit seinen Gegnern.