Fitch stuft Kreditwürdigkeit der US-Regierung auf AA+ herab - Ursachen und Folgen

Herabstufung der US-Regierung sollte Warnsignal sein. Schulden wachsen dem Land über den Kopf und könnten zu innenpolitischen Problemen führen. Wird es ignoriert?

Die Stimmung im Weißen Haus dürfte getrübt sein. Am Dienstag hat die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit der US-Regierung von AAA auf AA+ herabgestuft. Das sollte ein Signal an die politische Klasse der USA sein, schreibt das Wallstreet Journal. Doch es werde wohl wieder überhört.

Es ist nicht das erste Mal, dass die US-Regierung ihre Bestnote verliert. Im August 2011 schockierte die größte Ratingagentur Standard & Poor’s die Finanzwelt, als sie dem Weißen Haus das AAA-Rating entzog. Jetzt hält nur noch Moody’s daran fest.

Damals sagte der ehemalige US-Notenbankchef Ben Bernanke: "Jeder, der Zeitung liest, weiß, dass die Vereinigten Staaten ein sehr ernstes langfristiges Haushaltsproblem haben". Inzwischen ist das Problem nicht kleiner, sondern größer geworden.

Doch die US-Regierung will es nicht wahrhaben. Finanzministerin Janet Yellen warf Fitch vor, willkürlich und zudem auf Basis veralteter Daten gehandelt zu haben. Und die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, betonte, US-Präsident Biden habe den stärksten Aufschwung aller großen Volkswirtschaften der Welt eingeleitet. Vor diesem Hintergrund sei die Herabstufung nicht nachvollziehbar.

Schuldenberg wächst scheinbar unaufhörlich

Fitch kritisierte die überbordende Schuldenlast, die von Jahr zu Jahr steige. Es gebe eine "Erosion der Regierungsführung", die in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer wieder zu Konflikten mit der Schuldenobergrenze geführt habe.

Das Defizit im Staatshaushalt dürfte weiter steigen. Fitch geht davon aus, dass es in diesem Jahr von 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 6,3 Prozent steigen könnte. Im kommenden Jahr könnte es auf 6,6 Prozent steigen und 2025 wahrscheinlich 6,9 Prozent erreichen.

Noch 2007 war das Congressional Budget Office (CBO) davon ausgegangen, dass die Staatsverschuldung innerhalb eines Jahrzehnts auf 22 Prozent des BIP sinken würde. Doch die Entwicklung verlief anders.

In diesem Jahr dürfte die US-Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP auf 98,2 Prozent steigen, schreibt das Wallstreet Journal. Vor der Coronapandemie lag sie noch bei 79,4 Prozent. Und das CBO schätzt, dass die Verschuldung bis 2033 auf 115 Prozent des BIP steigen wird.

Wie Fitch feststellt, ist die "Gesamtverschuldung" der USA, einschließlich der Bundesstaaten und Kommunen, mehr als zweieinhalbmal so hoch wie der Medianwert von 39,6 Prozent des BIP für ein AAA-Rating.

Zinslast belastet öffentlichen Haushalt

Die Schuldenlast tut nun ihr Übriges. In den vergangenen Jahren machte sie sich kaum bemerkbar, weil die US-Notenbank die Leitzinsen nahe null hielt.

Jetzt, da die Zinsen im Kampf gegen die Inflation angehoben wurden, schmerzen sie umso mehr. Das CBO prognostiziert für das kommende Haushaltsjahr Nettozinsausgaben in Höhe von rund 745 Milliarden US-Dollar, was etwa drei Viertel aller diskretionären Ausgaben – ohne Verteidigung – ausmacht.

Finanzministerin Yellen behauptet jetzt, die Regierungsführung unter Präsident Joe Biden habe sich verbessert. Das Wallstreet Journal kommentiert das nur mit diesen Worten: "Das muss ein Scherz sein. Seit wann sind überbordende Ausgaben eine Empfehlung für den Kredit?". Schließlich habe Yellens Ministerium erst am Montag verkündet, die erwartete Kreditaufnahme der Regierung von Juli bis September erhöhe sich von 733 Milliarden auf eine Billion US-Dollar.

Trotz allem gelten US-Staatsanleihen als die liquideste und begehrteste Anlage der Welt und als risikofreies Fundament, auf dem alles andere aufbaut. Und da die USA ihre Kredite in ihrer eigenen Währung aufnehmen, werden sie wohl nie unfreiwillig in Zahlungsverzug geraten. Im Notfall wird einfach die Notenpresse angeworfen.

Müssen staatliche Renten gekürzt werden?

Doch in dem Maße, wie steigende Zinsen den Finanzierungsbedarf erhöhen, warnt das WSJ, werden die Möglichkeiten der US-Regierung, den finanzpolitischen Kurs zu ändern, ohne politisch katastrophale Maßnahmen zu ergreifen oder offen Geld zu drucken, immer begrenzter.

Zum politischen Spielball könnten in Zukunft die staatlichen Renten werden. Wie Europa stehen auch die USA vor einem demografischen Wandel, und wenn die sogenannten Babyboomer in Rente gehen, könnten die Rentenausgaben explodieren.

Weder Joe Biden noch Donald Trump zeigten das geringste Interesse an einer Reform der Rentenansprüche, heißt es im WSJ. Biden und seine progressiven Verbündeten wollen die Ansprüche sogar um weitere Billionen Dollar erhöhen. Und Trump greift jeden Republikaner an, der eine Reform auch nur erwähnt.

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