Flüssiger Phosphor kann zugleich in zwei Phasen unterschiedlicher Dichte vorkommen
Thermodynamik: Phosphor zeigt ein Analogon zur Anomalie des Wassers
Spätestens seit der Entdeckung der Hochtemperatursupraleiter gelten Phasenübergänge als ein besonders spannendes Teilgebiet der Wärmelehre. Überraschungen gibt es sogar bei den einfachsten Stoffen, den chemisches Elementen. Flüssiger Phosphor weist bei einer Temperatur von 1000 Grad Celsius und einem Druck von 1 Gigapascal einen untypischen Phasenübergang auf und kommt gleichzeitig in zwei stabilen flüssigen Phasen unterschiedlicher Dichte vor.
Einige chemische Elemente kommen in mehreren festen Modifikationen vor – mit dem Kohlenstoff als prominentem Beispiel: Diamant, Graphit sowie Fullerene und Nanoröhrchen. Welche Frau würde ihr Dekolleté mit einem Stück Kohle, also Graphit, statt mit einem Diamanten verzieren? Ein anderes Beispiel ist fester Phosphor. Bei Flüssigkeiten ist dieser Fall jedoch selten und bei elementaren Stoffen bisher laut Aussage amerikanischer Chemiker der Universitäten von Wyoming und Arizona noch nicht einmal zweifelsfrei nachgewiesen. Dieser Nachweis gelang Forschern des Japanischen Synchrotronstrahlungs-Forschungszentrums nunmehr am Beispiel des flüssigen Phosphors mittels Röntgenbeugung.
Phosphor hat demnach zwei flüssige Phasen unterschiedlicher Dichte. Der Übergang zwischen beiden Phasen ist erster Art, also wird – wie beim Erstarren des Eises oder dem Kondensieren des Wassers – eine endliche latente Wärmeenergie freigesetzt.
Eine Analogie ist die Anomalie des Wassers, es hat bei 4 Grad Celsius seine größte Dichte. Im Temperaturbereich über dem Gefrierpunkt besteht es aus Aggregaten, in denen die Moleküle ähnlich wie in Kristallen zusammengesetzt sind, die Zahl der Moleküle pro Aggregat variiert. Bei einer Abkühlung verschiebt sich die Konzentration zu sperrigen Aggregaten hin, die einen großen Raum einnehmen. Bei der Abkühlung auf den Gefrierpunkt hin wirken zwei Vorgänge gegenläufig und bei 4 Grad Celsius kompensieren sie sich gerade; wie bei anderen Stoffen führt eine Abkühlung zwar zu einer dichteren Packung, da der Anteil der großen, sperrigen Aggregate steigt, nimmt das Volumen jedoch wieder zu.
Kurz gesagt, das Dichtemaximum rührt her von einem Phasenübergang in eine metastabile, unterkühlte Phase. Im Gegensatz zum Wasser hat flüssiger Phosphor zwei stabile Phasen.
Die theoretische und die experimentelle Arbeit der amerikanischen beziehungsweise japanischen Forscher ist am 29. Oktober 2004 in der Zeitschrift Science in Band 306 erschienen.