Fluorid in Pflegeprodukten und Wasser: Wenn das Heilmittel zum Gesundheitsrisiko wird

Philipp Hahnenberg
Kalzium und Fluorid am Zahn

Kalzium und Fluorid am Zahn. Bild: 3d_vicka/ Shuttersock.com

Fluorid schützt vor Karies. Auch in Deutschland nutzen Millionen Menschen fluoridhaltige Produkte. Warum bei Kindern Vorsicht geboten ist.

Die Praxis der Fluoridierung von Trinkwasser zur Vorbeugung von Karies hat eine lange Geschichte – sie ist aber auch umstritten. Trotz ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit ist sie in den vergangenen Jahren verstärkt in die Kritik geraten. In Deutschland stellt sich – anders als in den USA – das Problem mit Trinkwasser nicht unmittelbar. Doch auch hier müssen sich Erwachsene und Eltern mit Grenzwerten befassen.

Wie es zur Fluoridierung von Trinkwasser kam

Die Idee, Trinkwasser mit Fluorid anzureichern, wurde bereits in den 1930er-Jahren von einem Zahnarzt im US-Bundesstaat Colorado entwickelt. Dieser bemerkte, dass Kinder in Regionen mit natürlicherweise fluoridhaltigem Wasser signifikant weniger Karies aufwiesen als Kinder in Gebieten mit niedrigem Fluoridgehalt im Wasser.

Diese wichtige Beobachtung führte dazu, dass 1945 in Grand Rapids, Michigan, erstmals systematisch Fluorid dem Trinkwasser hinzugefügt wurde, was zu einer deutlichen Reduktion der Kariesrate führte. Viele Städte in den USA und anderen Ländern folgten diesem Beispiel, was die Grundlage für die weitverbreitete Praxis der Trinkwasserfluoridierung legte.

Vorteile der Trinkwasserfluoridierung

Befürworter der Fluoridierung betonen die erheblichen kariespräventiven Effekte dieser Maßnahme. Laut dem Centers for Disease Control and Prevention (CDC) führte die Maßnahme zwischen 1945 und 1999 zu einer Reduzierung der Karieshäufigkeit bei Kindern um 40 bis 70 Prozent und zu einem Rückgang des Zahnverlustes bei Erwachsenen um 40 bis 60 Prozent.

Richard Valachovic von der NYU College of Dentistry beschreibt Fluorid als "Eckpfeiler der zahnmedizinischen Prävention" und hebt die Kosteneffizienz dieser Maßnahme hervor, indem er betont, dass jeder investierte US-Dollar langfristig 20 bis 50 US-Dollar an Behandlungskosten einspart. Diese Argumente unterstreichen die Bedeutung der Trinkwasserfluoridierung als effektive und wirtschaftliche Methode zur Verbesserung der Zahngesundheit in der Bevölkerung.

Potenzielle Risiken und Kritikpunkte

Trotz der nachgewiesenen Vorteile gibt es auch Kritik an der Fluoridierung. Kritiker verweisen auf mögliche gesundheitliche Risiken, die mit einer zu hohen Fluoridaufnahme verbunden sind. Metaanalysen des National Toxicology Program haben eine Assoziation zwischen erhöhter Fluoridexposition und einem potenziell niedrigeren IQ bei Kindern festgestellt.

Es ist wichtig zu beachten, dass dieser Effekt meist bei Fluoridkonzentrationen oberhalb der üblichen Werte in fluoridiertem Wasser auftritt. Bei Konzentrationen unter 1,5 mg/l war der Effekt oft nicht signifikant.

In Deutschland, wo Trinkwasser nicht mit Fluorid versetzt wird, ist das Problem anders gelagert: Hier geht es um mögliche Überdosierungen durch die kombinierte Aufnahme durch verschiedene Produkte: Zahnpasta, Mundspüllösungen, Fluoridtabletten, Fluoridgele, Fluoridlacke, fluoridhaltige Lebensmittel oder Getränke.

Eine übermäßige Zufuhr kann zu Zahnfluorose führen, einer kosmetischen Veränderung des Zahnschmelzes. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt daher, auf die Grenzwerte zu achten, um das Risiko einer Überversorgung zu minimieren.

Fluorid im Trinkwasser in Deutschland

In Deutschland unterscheidet sich die Situation erheblich von der in den USA. Die Fluoridkonzentration im Trinkwasser liegt hierzulande meist unter 0,25 mg/l, und eine gezielte Fluoridierung des Wassers findet nicht statt.

Stattdessen wird die Verwendung von fluoridiertem Speisesalz empfohlen, insbesondere wenn die Fluoridkonzentration im Wasser unter 0,7 mg/l liegt.

Laut DGE sollten Säuglinge vor dem ersten Zahn Fluoridtabletten erhalten, und nach dem Zahndurchbruch wird entweder die Fortsetzung der Supplementierung oder die Verwendung von fluoridhaltiger Zahnpasta empfohlen.

Bei Trinkwasser mit mehr als 0,3 mg/l Fluorid sollten keine zusätzlichen Fluoridquellen genutzt werden, um das Risiko einer Überdosierung zu minimieren. Diese Empfehlungen berücksichtigen die spezifischen Bedingungen in Deutschland und zielen darauf ab, eine optimale Fluoridversorgung zu gewährleisten und gleichzeitig potenzielle Risiken zu minimieren.

Gefährdungslage für Kinder in Deutschland

Aufgrund der allgemein niedrigen Fluoridkonzentrationen im deutschen Trinkwasser ist das Risiko einer Überdosierung gering. Die DGE gibt spezifische Richtwerte für die tägliche Fluoridzufuhr an, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und die Sicherheit und Wirksamkeit der Fluoridversorgung gewährleisten sollen.

Für Säuglinge liegt der empfohlene Wert bei 0,25 mg pro Tag, während für Kinder im Alter von ein bis drei Jahren ein tolerierbarer Höchstwert von 1,5 mg/Tag und für Vier- bis Achtjährige von 2,5 mg/Tag gilt.