Folge des Handelskriegs: Investoren verlassen China
Chinas Wirtschaft befindet sich inmitten eines Strukturwandels
(Bild: allensima/Shutterstock.com)
Abfluss auslÀndischer Investitionen erreicht Rekordwerte. Gleichzeitig steigen Chinas Investitionen im Ausland an. Was hat der Trend zu bedeuten?
Die zweitgröĂte Volkswirtschaft der Welt erlebt derzeit einen bisher noch nicht gekannten Abfluss an auslĂ€ndischem Kapital. Wie die Asia Times unter Berufung auf neue Zahlen der Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichtet [1], könnte die Volksrepublik China dieses Jahr erstmals einen Nettoabfluss auslĂ€ndischer Direktinvestitionen erleben.
Gleichzeitig verzeichnet das Land einen Anstieg seiner eigenen Direktinvestitionen im Ausland.
Rekordtief bei den ZuflĂŒssen
Wie die State Administration of Foreign Exchange (SAFE) mitteilte, sind Chinas Direktinvestitionsverbindlichkeiten (ein Indikator fĂŒr den Zufluss auslĂ€ndischer Investitionen) im zweiten Quartal dieses Jahres um 14,8 Milliarden US-Dollar gesunken. Der RĂŒckgang setzt den Trend der ersten sechs Monate fort, in denen bereits ein Minus von 4,5 Milliarden US-Dollar zu verzeichnen war.
Bloomberg prognostiziert [2], dass bei einer Fortsetzung dieses Trends in der zweiten JahreshÀlfte erstmals seit Beginn vergleichbarer Daten im Jahr 1990 ein jÀhrlicher Nettoabfluss auslÀndischer Investitionen aus China zu verzeichnen wÀre.
Handelskrieg: China investiert mehr selbst im Ausland
DemgegenĂŒber stiegen die chinesischen Direktinvestitionen im Ausland um 16,6 Prozent auf 72,62 Milliarden US-Dollar. Dies steht im Einklang mit der Strategie vieler westlicher LĂ€nder, die ihre Unternehmen dazu ermutigen, eine "China plus one"-Strategie zu verfolgen, um das Risiko einer zu starken AbhĂ€ngigkeit von China zu verringern und ihre GeschĂ€ftstĂ€tigkeit auf andere LĂ€nder zu diversifizieren.
Der Wandel vollzieht sich vor dem Hintergrund des laufenden Handelskonflikts mit den USA und Europa. Nach den Vereinigten Staaten hat auch die EuropĂ€ische Union im letzten Jahr MaĂnahmen ergriffen, um die AbhĂ€ngigkeit von chinesischen Importen zu reduzieren.
Als Reaktion auf den sich zuspitzenden Konflikt haben einige auslÀndische Unternehmen beschlossen, ihre Investitionen in China zu reduzieren oder das Land ganz zu verlassen. Einige chinesische Hersteller haben zudem damit begonnen, Fabriken in Europa zu errichten, um möglichen Zöllen zu entgehen.
China sieht es gelassen
In China sieht man die aktuelle Entwicklung indes weitgehend gelassen.
Ein Sprecher des Handelsministeriums erklĂ€rte, dass der RĂŒckgang der Direktinvestitionen im vergangenen Jahr einem natĂŒrlichen Trend entspreche, da die ZuflĂŒsse ĂŒber das letzte Jahrzehnt hinweg stetig gestiegen waren.
Guan Tao, Chefökonom der Bank of China International Holdings Co, wies in einem Kommentar vom 18. Juli darauf hin, dass die Struktur auslĂ€ndischer Investitionen in China stĂ€ndig optimiert werde und dass China bereits MaĂnahmen zur Förderung auslĂ€ndischer Direktinvestitionen ergriffen habe.
Mao Zhenhua, GrĂŒnder und PrĂ€sident der China Chengxin Credit Management Company und Co-Direktor des Economic Research Institute der Renmin University in Beijing, Ă€uĂerte am Montag zu der Debatte, die in der Volksrepublik gerade zu dem Thema lĂ€uft. Er betonte, dass auslĂ€ndische Investoren nach wie vor eine wichtige Rolle in China spielten, da das Land weiterhin auf westliche Hochtechnologie angewiesen sei.
"Es gibt in der Gesellschaft die Meinung, dass Menschen, die fĂŒr auslĂ€ndische Unternehmen arbeiten oder auslĂ€ndische Waren kaufen, keine Patrioten seien", stellte er fest. "Des weiteren gibt es Ansichten, die Chinas Exporte fĂ€lschlicherweise als Gefallen fĂŒr andere LĂ€nder interpretieren, insbesondere fĂŒr die USA", so Mao.
Keine Momentaufnahme mehr
Dennoch: Chinas Wirtschaft ist nicht mehr in der besten Verfassung, wozu auch der Abfluss von Investitionen beitrÀgt. So sind viele gut ausgebildete Facharbeiter, die ihre Angestellung bei Joint-Ventures verloren haben, inzwischen gezwungen als Essenslieferanten zu arbeiten.
Chinas Unternehmen profitieren zwar einerseits vom RĂŒckzug der auslĂ€ndischen Firmen, indem sie ihren Marktanteil vergröĂern können â allerdings reduziere dies auch die Anreize fĂŒr mehr Wettbewerb, was wiederum schlecht fĂŒr Verbraucher sei, erklĂ€rte der Wirtschaftskolumnist Mingcheng auf dem Nachrichtenportal des Suchmaschinenanbieters Baidu.
Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entwicklungen auf die langfristige StabilitÀt der chinesischen Wirtschaft und die globalen Wertschöpfungsketten auswirken werden.
Fest steht jedoch, dass der Wandel in Chinas Investitionsstruktur inzwischen mehr als eine Momentaufnahme ist, sondern den Beginn eines langfristigen Trends markieren könnte.
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[1] berichtethttps://www.bloomberg.com/news/articles/2024-08-12/foreign-investors-are-pulling-record-amount-of-money-from-china?embedded-checkout=true
[2] https://www.bloomberg.com/news/articles/2024-08-12/foreign-investors-are-pulling-record-amount-of-money-from-china?embedded-checkout=true
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