Folge von Sanktionen? Russisches Gericht friert Vermögenswerte von Volkswagen ein
Bild: Scott Warburton auf Pixabay
Nach Angriff auf die Ukraine stoppte VW die Fertigung von Autos im Werk Kaluga. Das sieht ein russischer Konzern als Vertragsbruch und klagt. Das Gericht stoppt den Verkauf der Autofabrik.
Die Folgen von Krieg und Sanktionen machen auch vor deutschen Unternehmen nicht halt: Ein russisches Gericht hat am Montag alle Vermögenswerte von Volkswagen in Russland eingefroren. Das könnte den geplanten Verkauf seines RusslandgeschÀfts weiter verzögern.
Den Gerichtsbeschluss hat der russische Autobauer GAZ erwirkt, der zum Firmenimperium des MilliardĂ€rs Oleg Deripaska gehört. Wie der Finanzdienst Bloomberg berichtete, hatte Volkswagen einen Montagevertrag gekĂŒndigt, weshalb die GAZ-Gruppe nun einen Schadensersatz [1] von 15,6 Milliarden Rubel (203 Millionen US-Dollar) fordert.
Medienberichten zufolge wurde die Klage am 14. MÀrz eingereicht und nur drei Tage spÀter zugunsten der GAZ-Gruppe entschieden.
Die russische Tochtergesellschaft von Volkswagen hatte gegenĂŒber der Nachrichtenagentur Reuters erklĂ€rt, von der Klage [2] ĂŒberrascht worden zu sein. Die Partnerschaft sei "im gegenseitigen Einvernehmen" beendet worden.
Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine hatten westliche Staaten beispiellose Sanktionen gegen die russische Wirtschaft verhangen. Westliche Konzerne, die scheinbar freiwillig den russischen Markt rĂ€umten, waren Teil dieses Wirtschaftskrieges, der auch auf ein Ende der Autoproduktion in Russland zielte. Diese war schlieĂlich abhĂ€ngig von westlichen Investitionen, AusrĂŒstungen und Teilen â und damit leicht angreifbar.
Der französische Hersteller Renault hatte etwa seine Mehrheitsbeteiligung an Avtovaz an ein russisches Staatsunternehmen verkauft, fĂŒr eine symbolische Summe von einem Rubel. Und Volkswagen hatte sein Hauptwerk in der Stadt Kaluga, in dem rund 225.000 Fahrzeuge pro Jahr gefertigt werden konnten, seit MĂ€rz 2022 stillgelegt.
FĂŒr Volkswagen kam noch hinzu, dass der GeschĂ€ftspartner Oleg Deripaska zu dem Personenkreis gehört, der direkt von westlichen Sanktionen betroffen ist. Die USA hatten ihn und seine Unternehmen bereits 2018 auf die Sanktionsliste gesetzt. Und nach dem Einmarsch in die Ukraine zog die EuropĂ€ische Union nach. Damit Volkswagen seine GeschĂ€fte mit der GAZ-Gruppe ĂŒberhaupt abwickeln konnte, wurde eine Sondererlaubnis durch die USA erteilt.
In dem zurĂŒckliegenden Jahr haben sich allerdings auch die rechtlichen Rahmenbedingungen in Russland geĂ€ndert. Unternehmen aus "unfreundlichen LĂ€ndern" ist es nicht mehr ohne Weiteres gestattet, ihre russischen Vermögenswerte zu verĂ€uĂern. Zuvor muss die Genehmigung durch eine spezielle Regierungskommission eingeholt werden.
AuslĂ€ndische Investoren wĂŒrden fĂŒrchten, heiĂt es bei Reuters, dass Russland auf diese Art strategische Vermögenswerte verstaatlichen könnte. Dass die russische Regierung nicht davor zurĂŒckschreckt, zeigte sie bereits beim Gas- und Ălprojekt "Sachalin II" im Fernen Osten Russlands, als Shell und zwei japanischen Unternehmen fast 50 Prozent der Anteile abgenommen wurden.
FĂŒr den Kauf des VW-Werks in Kaluga waren der russische AutohĂ€ndler Avilon und der russische Mischkonzern AFK Sistema im GesprĂ€ch. Volkswagen hatte jĂŒngst noch erklĂ€rt, dass verschiedene Szenarien in ErwĂ€gung gezogen wĂŒrden. Man prĂŒfe auch die Option, die russischen Vermögenswerte an eine dritte Partei zu verkaufen. Aber sowohl vom Autobauer als auch vom russischen Industrieministerium hieĂ es Anfang MĂ€rz, dass noch keine Entscheidung [3] getroffen worden sei.
Trotz des Produktionsstopps zahlt Volkswagen den knapp 4.000 BeschĂ€ftigten in Kaluga das Gehalt weiter. Das dĂŒrfte auch ein Grund dafĂŒr sein, dass der deutsche Autokonzern den Verkauf an einen "vertrauenswĂŒrdigen russischen Investor" so schnell wie möglich abwickeln möchte. SchlieĂlich musste er bereits mit seinem RusslandgeschĂ€ft rund zwei Milliarden Euro [4] abschreiben.
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[1] https://www.bloomberg.com/news/articles/2023-03-20/vw-sale-of-russian-units-on-hold-as-deripaska-wins-asset-freeze
[2] https://www.reuters.com/business/autos-transportation/russian-court-freezes-all-volkswagen-assets-russia-2023-03-20/
[3] https://www.reuters.com/markets/deals/russias-avilon-buy-volkswagens-kaluga-factory-rbc-news-site-2023-03-01/
[4] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/volkswagen-gericht-friert-vw-vermoegen-in-russland-ein/29047022.html
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