Forencheck: Importabhängigkeit der Landwirtschaft, ExxonKnew und Long Covid
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Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne
Vom Weltmarkt abgekoppelte Landwirtschaft?
Im Kommentar auf den Artikel "Regenerative Landwirtschaft: Pilze und Würmer statt Pflug" von Susanne Aigner wird gefragt:
Mal angenommen es bestünde eine unüberwindbare Mauer um dieses Land, so dass kein Import sowie Export stattfände. Wie sähe es dann
a) unter Anwendung der hier produzierbaren Düngemittel, Pflanzenschutzmitteln sowie Energieträgern
b) ohne Anwendung dieser Hilfssubstanzen bezüglich der Lebensmittelproduktion beziehungsweise der Ernährungssituation aus?
Irgend einen Grund muss es in der Epoche der Segelschifffahrt doch gegeben haben, chilenischen Guano z.B. in Hamburg anzulanden.
Diese Doppelfrage ist allerdings zu komplex, um an dieser Stelle beantwortet werden zu können und würde wohl eine umfangreiche Modellierung erfordern.
Betrachten wir aber kurz die Rolle von Import und Export in der deutschen Landwirtschaft. Zunächst einmal ist Deutschland Nettoimporteur landwirtschaftlicher Produkte, auch wenn es wiederum große Mengen exportiert. "Im Jahr 2020 importierte Deutschland Agrargüter im Wert von 84,8 Milliarden Euro (vorläufiger Wert). Im selben Jahr wurden Agrargüter im Wert von 73,9 Milliarden Euro exportiert."
Der Selbstversorgungsgrad lag 2019/2020 bei 88 Prozent. Dabei wird bei Kartoffeln, Schweinefleisch, Milchprodukten und Zucker ein Überschuss erzielt, die Getreideversorgung liegt bei 101 Prozent, Obst und Gemüse hingegen muss importiert werden.
Allerdings stecken in den meisten dieser Nahrungsmittel Düngemittel, Pflanzenschutzmittel und Energie, wie in der Frage richtig bemerkt, dazu kommen importierte Futtermittel. "Rund 28 Prozent des Futteraufkommens an verdaulichem Eiweiß stammen aus importierten Futtermitteln. Allein gut 44 Prozent der Nettoeinfuhren von verdaulichem Eiweiß entfallen auf Sojabohnen und Sojaschrot. Der Anteil von Soja an den Nettoeinfuhren von verdaulichem Eiweiß beträgt (...) 2020/21 48,8 Prozent (…)", schreibt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Da die Selbstversorgungsquote bei Fleisch und Milch jeweils über 100 Prozent liegt, könnte ein Verzicht auf Futterimporte zu bewerkstelligen sein, wenn gleichzeitig der Konsum von Fleisch und Milchprodukten stärker eingeschränkt würde.
Der Düngemittelverbrauch in Deutschland ist rückläufig, was auch an Umweltauflagen und schon in den letzten Jahren gestiegenen Preisen liegt. Laut agrar heute exportiert Deutschland mehr Stickstoffdünger als es importiert: "Die deutsche Handelsstatistik zeigt für das Jahr 2021 den Export von 3,2 Millionen Tonnen Stickstoffdüngemitteln aus Deutschland. Dem stehen Importe von 2,7 Millionen Tonnen gegenüber – ein Exportüberschuss von immerhin 500.000 Tonnen Stickstoffdünger in Produktgewicht."
Bei Kalidünger lag der Exportüberschuss Deutschlands sogar bei über vier Millionen Tonnen im Jahr 2020/21. Die Krux bleibt aber: In den Düngemitteln steckt jede Menge fossile Energie, und die wird zum großen Teil importiert. Ähnliches lässt sich wahrscheinlich über die Produktion von Pflanzenschutzmitteln sagen, denn auch hier sitzt eine Vielzahl von Herstellern in Deutschland, die für den globalen Markt produzieren.