Forscher entsetzt über Folgen der Erderhitzung – und viel mehr in Pipeline

Flächenbrand im Bitterroot National Forest, Montana, USA, 2000. Bild: nifc.gov

Hitzewellen, Gletscherschmelze: Selbst schlimmste Prognosen werden übertroffen. Klimawissenschaftler sagen: Wir haben die Dimension, das Tempo unterschätzt. Das sind die brutalen Wahrheiten.

Während weiter extreme Temperaturen die Nordhalbkugel fest im Griff haben, warnen Wissenschaftler, dass die schädlichen Folgen der globalen Erderhitzung schneller und in der Dimension größer ausfallen als bisher angenommen.

So wütet in Griechenland eine historische Hitzewelle. Man geht davon aus, dass es die längste jemals gemessene sein wird, mit bis zu 17 Tagen Länge. In Griechenland wird von einer Hitzewelle gesprochen, wenn 39 Grad Celsius erreicht oder überschritten werden. Der Juli dort wird laut Vorhersagen der heißeste seit 50 Jahren werden, während Feuerwehrleute gegen 79 Waldbrände ankämpfen.

In Athen soll das Quecksilber für mindestens sechs bis sieben Tage auf über 40 Grad klettern. Touristenattraktionen wurden geschlossen, und den Menschen wird geraten, von zu Hause zu arbeiten und nur, wenn notwendig, nach draußen zu gehen. Ein 46-jähriger Mann verstarb auf der Insel Euböa an einem Hitzeschlag. Bei der Hitzewelle im letzten Jahr sind in Europa allein 61.000 Menschen gestorben.

Auch viele andere Länder in Südeuropa sind in diesem Sommer von extremer Hitze betroffen. Italien erlebt den dritten Sommer in Folge eine außergewöhnliche Hitzewelle. In Spanien sollen an diesem Sonntag die Temperaturen ihren Höchststand erreichen, während Wahlen abgehalten werden.

Auf der anderen Seite des Mittelmeers, in Tunesien, liegen die Temperaturen sechs bis zehn Grad über dem Durchschnitt für diese Jahreszeit. In den USA gab es in Phoenix 70 Tage, an denen die Hitze nicht unter 32 Grad Celsius sank, einschließlich einer dreiwöchigen Phase, in der die Temperaturen in der Hauptstadt von Arizona 43 Grad erreichten.

Dazu kommen schwere Stürme und Überschwemmungen wie im US-Bundesstaat Vermont, der zugleich von toxischem Rauch geplagt ist, der von Hunderten Waldbränden in Kanada herüberzieht.

Auch wenn Klimawissenschaftler die drastischen Folgen im Zuge der Erderhitzung seit Jahrzehnten vorhersagten, warnen nun eine Reihe von ihnen, dass sie die Auswirkungen des Klimawandels unterschätzt haben. Sie zeigen sich entsetzt über das Tempo und Ausmaß von Dürren, Hitze-Katastrophen und Überschwemmungen bei der derzeitigen Temperaturerhöhung, die im Moment global bei durchschnittlich 1,2 Grad Celsius liegt.

Das ist umso ironischer, da die Klimaforscher von der Ölindustrie, Klimaskeptikern und politischen Interessengruppen immer wieder scharf attackiert wurden und auch noch werden, sie spielten die Folgen des Klimawandels hoch.

In einem Gespräch mit der BBC am Donnerstagmorgen sagte Sir Bob Watson, derzeit emeritierter Professor des britischen Tyndall Centre for Climate Change Research und ehemaliger Vorsitzender des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, Weltklimarat):

Ich bin sehr besorgt. Keine der bisher beobachteten Veränderungen (bei plus 1,2 Grad Celsius) ist überraschend. Aber sie sind gravierender, als wir vorhergesagt haben. Wahrscheinlich haben wir die Folgen unterschätzt.

Er fügte hinzu:

Die Forschergemeinschaft muss brutal ehrlich sein. Wir befinden uns auf dem Weg zu zwei bis drei Grad Celsius, und wahrscheinlich eher am oberen Ende dieses Bereichs. Mitte der 2030er-Jahre werden wir wahrscheinlich die 1,5-Grad-Marke überschreiten und um 2060 die Zwei-Grad-Marke erreichen. Die derzeitigen Zusagen und die dafür erforderlichen Maßnahmen sind völlig unzureichend.