Frankreich: Minireaktoren als nächstes großes Ding?
Macron soll die small modular reactors (SMR) unterstützen. Die EDF hat Pläne und bekommt Druck
Der Atompark veraltet, die französische Regierung setzt auf Neuerungen, in Form von Mini-Atomkraftwerken: small modular reactors (SMR) - eine Technologie, die in Frankreich noch wenig bekannt ist, schreibt der Figaro. Nicht desto trotz halte die "kleinen modulare Reaktoren" Präsident Emmanuel Macron für "vielversprechend".
Die Entourage des Präsidenten behauptet dies jedenfalls. Macron unterstütze demnach das Projekt zur Entwicklung von SMR. Es soll in das 100-Milliarden-Konjunktur-Investitions-Programm "France Relance" ("Das Frankreich von Morgen bauen") eingebunden werden, wie Medien berichten.
Aus den Äußerungen, wie sie etwa der Sender Europe 1 übermittelt, lässt sich herauslesen, dass Macron darauf spekuliert, die kleinen Atomreaktoren zu einem Wahlkampfthema zu machen, er aber erst das öffentliche Gelände sondiert.
Zu diesem Zweck werden gerade Versuchsballons über Medien gestartet, um die Reaktion darauf zu sehen, so der Eindruck. So heißt es etwa bei Europe 1, dass die Regierung erwäge, ob die SMR als Reserve für konventionelle Kraftwerke eingesetzt werden könnten.
Der Elysée-Palast denkt seit etwa sechs Monaten darüber nach, sowohl aus energetischen als auch aus politischen Gründen. Das Problem ist, dass Emmanuel Macron zugesagt hatte, sich erst dann wirklich zur Kernenergie zu äußern, wenn der dritte Reaktor, der EPR im Kraftwerk Flamanville, der seit zehn Jahren im Bau ist, eingehend untersucht worden ist. Schließlich könnte der Staatschef dank der kleinen modularen Reaktoren (SMR) mit einer Leistung von 170 MW, die fast zehnmal kleiner und fast zehnmal weniger leistungsfähig sind als ein herkömmliches Kernkraftwerk, eine Zwischenlösung finden... und sicherlich von der Öffentlichkeit besser akzeptiert werden.
Europe 1
Der Elysée-Palast macht anscheinend Druck auf die französische Elektrizitätsgesellschaft EDF (zweitgrößter Stromerzeuger der Welt), in Sachen SMR etwas zu unternehmen, um die französische Atomindustrie wiederzubeleben und den angeschlagenen Ruf aufzupolieren. Allerdings gibt es den Mini-Reaktor nur auf dem Papier und von der EDF heißt es, dass man dort erst 2020 sagen könne, ob man in der Lage sei, diesen SMR herzustellen. Die Pläne zum Projekt lauten auf dem Namen Nuward (eine Akkürzung von "Nuclear Forward"). An der Entwicklung beteiligt sind die EDF, die CEA ("Behörde für Atom und Erneuerbare Energien"), TechnicAtome und die Naval Group, die kürzlich im Zusammenhang mit dem gecancelten U-Boot-Geschäft Frankreichs mit Australien einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde.
Bislang klingt alles nach Werbung, wie zum Beispiel der Artikel von La Tribune zum Projekt Nuward:
Dieses Projekt wird es EDF ermöglichen, auf dem Markt für den Ersatz von Kohlekraftwerken mit einem hohen Potenzial von 300 bis 400 Megawatt (MW) wettbewerbsfähig zu bleiben, insbesondere auf dem Exportmarkt. Nuward ist eine integrierte 340-MW-Anlage mit zwei 170-MW-Druckwasserreaktoren. Nach Angaben der Französischen Gesellschaft für Kernenergie (SFEN) sind für den Bau eines SMR, der bis 2030 in Betrieb genommen werden könnte, Investitionen in Höhe von rund einer Milliarde Euro erforderlich.
La Tribune
Ähnlich pusht auch der Figaro. Frankreich hinke der Entwicklung hinterher, die Einsicht kursiere laut der Zeitung auch in den Reihen der EDF. Dabei stehe die SMR-Technologie doch "im Mittelpunkt der Hoffnungen der Industrie".
Geht es nach der bürgerlich-konservativen Zeitung schrumpfen mit den kleinen Reaktoren auch alle anderen Probleme. Die Herstellung der kleinen Reaktoren sei weniger komplex und viel schneller. "Die geringe Leistung dieser Reaktoren sollte es ermöglichen, sie in einer Fabrik in Serie zu produzieren". Die Installation werde einfacher. Die Kühlung brauche weniger Wasser. "Außerdem verfügen sie über passive Sicherheitsmechanismen, die es ihnen ermöglichen, ohne menschliches Zutun zu kühlen."
Und nur ein klein bisschen teurer sei der Strom, der von SMR produziert werde, gegenüber dem, der von den großen EPR-Druckwasserreaktoren produziert werde, berichtet BFM-TV.
Auch die Verzögerungen beim Bau verkürzen. Anders als beim Europäische Druckwasser-Reaktor (EPR), wo die schon mal zehn Jahre überschreiten, rechnet man bei der kleinen Ausgabe mit höchstens fünf Jahren.
Die großen Fragen allerdings, wie etwa nach dem Atommüll und den Betriebsrisiken, bleiben groß und ungelöst.