Fuchs du hast die Vögel gestohlen
Arktische Raubfüchse gefährden das ökologische Gleichgewicht auf den Aleuten
Die Aleuten gehören zu einer Inselkette, die sich von Russland bis zum US-Bundesstaat Alaska ausbreitet und als wahrscheinlichste Brücke für die frühe Besiedlung von Nordamerika angesehen wird. Halbmondförmig ordnen sich zahlreiche vulkanische Inseln an, die als Fox-, Andreanof-, Rat- und Near-Island bezeichnet und heute vornehmlich von den Inuits bewohnt werden. Bevor die Vereinigten Staaten Alaska zusammen mit den Inseln gekauft hatten, kamen die Pelzjäger aus Russland dorthin, um nach Fischotter und Robben zu jagen.
Was die Inseln seit Jahrhunderten auszeichnet, sind unzählige Vogelgesellschaften, die im Sommer bei feuchtem Nebel und Temperaturen zwischen 1 und 11°C ihr Leben genießen. Dabei gibt es Inseln, auf denen das Leben unbeschwert ist und andere, in denen ein "Feind" sein Unwesen treibt. Die Trapper hatten nämlich den arktischen Fuchs (Alopex lagopus) mitgebracht und auf verschiedenen Inseln ausgesetzt, weil er sich hier spontan vermehrte, von der Insel nicht abwandern konnte und im Sommer eine willkommene Ergänzung bot, neben Fischotter- und Robben- auch noch Fuchsfelle zu erhalten.
Was macht der Fuchs nun, wenn er Hunger bekommt? Er wildert bei den Vögeln. Im Laufe der Zeit vermehrt sich der Fuchs. Das wiederum verringert den Vogelbestand weiter. Und noch etwas kommt hinzu: Die Vögel haben die Inseln "künstlich" gedüngt. Jetzt, wenn der wertvolle Guano abnimmt, bleibt die spontane Düngung aus. Das wiederum hat Auswirkungen auf den Boden. Viele der bisherigen Pflanzen können nicht mehr so wachsen wie zuvor. Da dieser Prozess kontinuierlich immer mehr um sich greift, verliert die Insel ihren Bewuchs von Gras und blühenden Pflanzen und verkommt so zur Tundra.
Tatsächlich ist die Population der Vögel, die vor allem an den Steilküsten nisten, auf den fuchsfreien Inseln 1000mal größer. Dort werden deshalb auch in einem Jahr 361,9 g Guano pro qm abgelagert; auf den Inseln mit Füchsen dagegen 5,7 g pro qm. Ferner ist auf den fuchsfreien Inseln der Vogeldung gleichmäßig verteilt, bei der verringerten Vogelpopulation auf den mit Füchsen besiedelten Inseln ist dies dagegen nicht so, weil hier die Vögel sehr viel mehr ihre Nistplätze aufsuchen.
Daraus entsteht ein wesentlicher Wandel sowohl in der Biomasse wie dem Ernährungsstatus der Pflanzen. So ist die Biomasse von Gras auf den fuchsfreien Inseln dreimal höher und erreicht bei Grünlandpflanzen den 10fachen Wert. Parallel hierzu nimmt der Anteil des Stickstoff-Isotops 15N ab, das auf eine Versorgung mit maritimen Nährstoffen hinweist.
Aber nicht nur solche Untersuchungen belegen den Einfluss der Füchse. Die Untersucher haben zugleich eine dreijährige Studie auf einer Fuchsinsel durchgeführt. Sie düngten eine Parzelle regelmäßig und erreichten mit der jährlichen Düngung problemlos ein verstärktes Graswachstum – etwa einen 24fachen Anstieg in der Biomasse des Grases.
Diese Untersuchungen bestätigen nicht nur, dass durch die Füchse die Vogelpopulation verringert wird, sondern auch, dass der Pflanzenwuchs verändert wird. Damit verlieren alle Inseln, auf denen Füchse ausgesetzt wurden, ihren ursprünglichen Charakter. Sie geraten damit zur arktischen Tundra.
Die natürlichen Reserven erschöpfen sich bei isolierten Inseln, denen durch die Füchse mehr abverlangt wird, ohne dass dafür eine Kompensation erfolgt. Wenn man das Räuber-Beute-Modell in den Vordergrund stellt, wird diese Entwicklung noch weiter fortschreiten. Oder die Füchse werden von den Menschen gejagt, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Vogelschutzfreunde und die Anhänger der Füchse werden sich darüber einigen müssen. Damit ähnelt dieser Verlauf dem zunehmenden Einfluss von unfreiwillig importierten Tieren in Nordamerika.