Für wen Inflation ein Problem ist

Seite 2: Die Inflationsrate

Ermittelt wird die Inflationsrate vom Statistischen Bundesamt und von der EU-Statistikbehörde Eurostat. Da werden nicht einfach die Preissteigerungen für einzelne Produkte ermittelt und kundgetan, sondern in eine kunstvolle Berechnung verwandelt.

So gibt es nicht nur eine Inflationsrate, in der die verschiedenen Länder verglichen werden, sondern mehrere, so die Preissteigerungen für Erzeugerpreise, momentan bei rund zehn Prozent, und der Verbraucherpreisindex, der die Wirkungen der Preissteigerungen auf die Verbraucher ermitteln soll.

Dabei gibt es den einen allgemeinen Verbraucher nicht, haben die Menschen doch unterschiedlich viel Geld zur Verfügung und können sich daher nur unterschiedliche Dinge leisten, die mehr oder weniger teurer werden.

So treffen die Preissteigerungen für Lebensmittel Menschen mit geringem Einkommen mehr als Menschen mit höherem Einkommen, die nur einen geringeren Teil ihres Einkommens fürs Essen und Trinken ausgeben oder aber andere Produkte dafür kaufen. Statistisch lassen sich diese Differenzen glatt zum Verschwinden bringen, indem man sogenannte Durchschnittsfamilien mit Durchschnittseinkommen auflisten lässt, was sie so konsumieren.

Daraus entsteht dann der bekannte "Warenkorb". Auch dieser ist natürlich eine fiktive Größe, führen doch Preissteigerungen auch zu einem veränderten Konsumverhalten, weil Menschen, die mit einem festen Einkommen zurechtkommen müssen und sich deshalb einige Dinge aus dem Warenkorb nicht mehr oder nicht mehr in dem Umfang leisten können.

Wenn ein Produkt teurer wird, muss an anderer Stelle gespart werden und so fallen Produkte aus dem Warenkorb heraus oder erhalten ein anderes Gewicht bei der Bemessung des Warenkorbs. Deshalb muss er von Zeit zu Zeit angepasst werden.

Der Warenkorb enthält aber auch eine Reihe von Preisen, die recht seltsam in diesen Index eingehen:

Das Statistische Bundesamt weist im nationalen Verbraucherpreisindex für Deutschland für Kaltmieten eine Gewichtung von rund 20 Prozent aus…..Die europäische Statistikbehörde Eurostat weist in ihrem harmonisierten Verbraucherpreisindex für Mieten in Deutschland eine Gewichtung von rund 10 Prozent aus - also nur die Hälfte.

SZ, 17.8.2021

Es sind nicht die Regeln der Statistik, die diese seltsamen Rechnungen bewirken, sondern die Annahmen, auf die diese Rechnung basiert. Es kann nur Verwunderung hervorrufen, wie es zu solchen Annahmen kommt, war doch schon vor 50 Jahren 20 Prozent des Einkommens für Wohnen eher die Ausnahme als die Regel.

Dies heutigen Berechnungen zugrunde zu legen verweist nur auf eins: Offensichtlich sollen die Verbraucherpreise auch immer beschönigt werden. Dass die offiziellen Inflationszahlen von dem abweichen, was die Kunden an der Zapfsäule oder im Supermarkt erleben, ist kein Geheimnis.

Doch auch darauf wissen die Sprachrohre der Öffentlichkeit eine Antwort. Was der Bürger an der Theke oder im Kaufhaus erlebt, ist die gefühlte Inflation:

Gefühlte Inflation bezeichnet die von einigen Konsumenten subjektiv wahrgenommene Inflation, gegenüber der real gemessenen Inflationsrate.

Wikipedia

Über die Objektivität der gemessenen Inflationsrate ist bereits einiges ausgeführt. Aber mit dem Ausdruck der gefühlten Inflation wird denen, die die Preissteigerungen beklagen, entgegengehalten, dass ihre Beschwerde eigentlich grundlos, weil bloß eingebildet ist.

So erweist sich die Bestimmung der Inflationsrate auch als ein Datum in der öffentlichen Auseinandersetzung um wirtschaftliche Interessen, mit jedoch sehr unterschiedlichem Gehalt.

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