Fukushima: Bilder sagen mehr als Worte
Satellitenfoto der Reaktorblöcke 1 bis 4 (von rechts nach links) am 16. MÀrz 2011 nach mehreren Explosionen und BrÀnden. Foto: Digital Globe/CC BY-SA 3.0
Am 12. MĂ€rz 2011 saĂ Angela Merkel vor dem Fernseher und sah etwas, was sie als Physikerin bis dahin fĂŒr unmöglich hielt: Ein AKW im japanischen Fukushima flog in die Luft
Erst jetzt, 25 Jahre nach Tschernobyl, wurde der Atomfreundin klar, dass es höchste Zeit ist, aus der Atomenergie auszusteigen. Nur wenige Monate zuvor hatte ihre schwarz-gelbe Bundesregierung noch LaufzeitverlĂ€ngerungen fĂŒr deutsche AKWs beschlossen und den rot-grĂŒnen Atomausstieg beerdigt. Es sollte ein teurer Umweg werden.
Am 11. MĂ€rz 2011 um 14.46 Uhr Ortszeit hatte ein Erdbeben der StĂ€rke 9 den Norden der japanischen Halbinsel Honshu erschĂŒttert. Wenig spĂ€ter erreichte ein Tsunami die KĂŒste, der katastrophale Auswirkungen auf die Menschen der Region hatte. Zum Teil bis heute. Ăber 19.000 starben, 160.000 wurden heimatlos, 120.000 GebĂ€ude wurden zerstört und mehrere Hunderttausend GebĂ€ude erheblich beschĂ€digt.
In den Blöcken 1,2 und 3 des AKW kam es durch Stromausfall zur Ăberhitzung der Reaktorkerne und in Folge zur Kernschmelze. Riesige Mengen radioaktiver Stoffe wurden freigesetzt und richten StrahlenschĂ€den bis heute an. Der damalige japanische MinisterprĂ€sident wurde zum Atomkraftgegner und reist seither als Redner fĂŒr die solare Energiewende um die Welt.
In Deutschland hat der GAU (gröĂtmögliche Atomunfall) in Japan ein weit gröĂeres politisches Beben ausgelöst, dessen Folgen bis heute nachwirken. Zwei Wochen nach Fukushima, am 27. MĂ€rz 2011, siegten die GrĂŒnen bei der Landtagswahl in Baden-WĂŒrttemberg und Deutschland beschloss den Atomausstieg.
Die "MĂ€rzrevolution" von 2011 (SĂŒddeutsche Zeitung) machte aus einer Regierung der Atomfreunde eine Koalition der Aussteiger. Und Winfried Kretschmann hat auch in wenigen Tagen wieder die Chance zum drittenmal zum MinisterprĂ€sidenten gewĂ€hlt zu werden.
"Tage, die alles verĂ€ndern, beginnen meist ohne Vorwarnung", schreibt die SĂŒddeutsche Zeitung zehn Jahre spĂ€ter. Wer hĂ€tte vor Fukushima gedacht, dass eine konservative Regierung der Atomenergie den Rest gibt? In den letzten zehn Jahren haben auch hierzulande viel Ăkos Merkels Atomausstieg nie ganz getraut. Doch die Kanzlerin hielt Wort. Wortbruch passt einfach nicht zu ihrem Stil und zu dieser Person.
Und zehn Jahre nach dem Ausstieg einigt sich diese Merkel-Regierung mit den vier deutschen AKW-Betreibern endgĂŒltig auf eine EntschĂ€digung. Ende 2022 geht das letzte deutsche AKW vom Netz. Das ist nun auch vertraglich gesichert [1] - nach vielen Jahren des Rechtstreits. Eine teure, aber auch sichere Lösung: 4.8 Milliarden Euro bekommen RWE, E.on, Vattenfall und EnBW fĂŒr den vorzeitigen, aber endgĂŒltigen Ausstieg.
Bei unseren Nachbarn in Frankreich blieb fast alles beim Alten. 70 Prozent des Stroms kommt dort nach wie vor aus AKWs. Brauchen die Franzosen erst ein drittes Tschernobyl, um auszusteigen? Der eigentliche Grund: Wer Atombomben baut, braucht AKWs, weil dort der Stoff entsteht zum Bau von Atombomben. Ein verhÀngnisvoller Zusammenhang. Der deutsche Ausstieg war einfacher. Die Katastrophe von Fukushima hat hierzulande alles verÀndert.
Jetzt können sich die Energiekonzerne auf den nĂ€chsten Ausstieg konzentrieren. Vattenfall hat schon damit begonnen und sein Kohlekraftwerk Moorburg abgeschaltet. Gegen EntschĂ€digung natĂŒrlich. Drunter machen sie es nicht. Auch die weiteren Ausstiege kosten. Aber kein Ausstieg kostet die Zukunft.
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