Fukushima: Japan will radioaktiv kontaminiertes Wasser ins Meer leiten
- Fukushima: Japan will radioaktiv kontaminiertes Wasser ins Meer leiten
- Gefahren: Anreicherung von Spaltprodukten in der Nahrungskette
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Energie und Klima – kompakt: Japans Nachbarn sind empört über das Verhalten der Regierung in Tokio. Doch wie gefährlich ist das mit Tritium verunreinigte Kühlwasser? Was bereitet Wissenschaftlern Sorgen?
Die japanische Regierung plant, große Mengen radioaktiv kontaminiertes Wassers in den Pazifik abzulassen. Die britische Zeitung Guardian spricht von 1,3 Millionen Tonnen, also 1,3 Millionen Kubikmetern Wasser, das bereits gefiltert und damit für den Einlass ins Meer vorbereitet sei.
Das Wasser stammt aus den drei havarierten Reaktoren des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi, die am 11. März 2011 von einem schweren Erdbeben und einem nachfolgenden gewaltigen Tsunami zerstört wurden. Rund 20.000 Menschen wurden seinerzeit durch die Flutwelle getötet und die Nachbarschaft des AKWs völlig verwüstet.
In den Reaktoren kam es zur Kernschmelze und zu Wasserstoffexplosionen, durch die radioaktives Material in der Nachbarschaft verteilt wurde. Mehr als Hunderttausend Überlebende wurden aus den umliegenden Orten – teilweise bis zu 40 Kilometer vom AKW entfernt – evakuiert und können oder wollen zum Teil bis heute nicht zurückkehren.
Das Wasser, um das es aktuell geht, wurde meist in den drei Havaristen eingesetzt, um die zusammengeschmolzenen Reaktorkerne zu kühlen. Dadurch ist es durch jede Menge radioaktives Spaltmaterial verunreinigt.
Auf der Homepage des Tokioter Energieministeriums ist von einer Belastung von 60.000 Becquerel pro Liter die Rede. Ein Becquerel entspricht einem radioaktiven Zerfall pro Sekunde. Durch Filtern und Verdünnen mit Meerwasser werde die Kontamination auf 1.500 Becquerel reduziert, bevor das Wasser ins Meer geleitet wird.
Für die Internationale Atomenergie Agentur IAEA in Wien ist das völlig akzeptabel. Nach zwei Jahren Prüfen hat sie am gestrigen Mittwoch ihr OK zu dem Vorhaben gegeben. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt seien "vernachlässigbar".
Scharfe Proteste kommen dagegen aus einigen Nachbarländern. Hongkong kündigte "rigorose Maßnahmen" an und droht mit Einfuhrverboten für japanische Lebensmittel. Tse Chin-wan, Staatssekretär für Umwelt und Ökologie in der autonomen Stadt, wirft der Regierung in Tokio vor, "ihre internationalen Verpflichtungen zu verletzten und sowohl die Meeresumwelt als auch die öffentliche Gesundheit zu gefährden".
Chinas Außenministerium erinnert Tokio laut Japan Times daran, dass das Meer "nicht Japans privater Abwasserkanal" sei. Ministeriumssprecher Wang Wenbin nannte Japans Vorgehen egoistisch. Es gefährde "die gemeinsamen Interessen der Menschheit".
Auch auf den Pazifikinseln wird Protest laut. Henry Puna, Generalsekretär des Pazifikforums, erinnert Japan an internationale Verträge, die die Entsorgung radioaktiven Mülls im Meer verbieten. Dem Forum gehören 18 Staaten an, darunter Papua-Neuguinea, Tonga, Vanuatu, Nauru und Australien. Seit vielen Jahren schon müsse sich das Forum, so Puna, mit den Versuchen verschiedener Staaten beschäftigen, radioaktive Abfälle in den Pazifik zu schütten.
In Südkorea kommen dagegen von der dortigen, zuletzt mehr Nähe zu Japan suchenden Regierung keine Einwände gegen das Vorhaben Tokios. Allerdings zeigen Meinungsumfragen, über die die Japan Times berichtet, dass die Bevölkerung völlig andere Meinung ist und nicht den Regierungsfachleuten vertraut, die sie zu beruhigen versuchen.