"Gas tötet": Greenpeace gegen Konzerne, die Ukraine-Schock missbrauchen

Seite 2: Der Gas-Boom seit dem Ukraine-Krieg und wachsende Proteste

Oft wird argumentiert, dass die Nutzung von Gas lediglich eine Überbrückungsmaßnahme darstelle, um die Haushalte in der Krise warmzuhalten und die Energiewende zu ermöglichen. Doch tatsächlich geht es um profitable Expansion und langfristige Abhängigkeiten.

Das lässt sich leicht an der Dimension des Gas-Booms seit dem Ukraine-Krieg ablesen. Im Rahmen des Re-Power-EU-Plans der Europäischen Union sollen zehn Milliarden Euro in die Gasinfrastruktur investiert werden. Mit dem Bau von acht Flüssiggasterminals hat man bereits begonnen, weitere 38 sind vorgeschlagen worden.

Sollte die genehmigte neue Gasinfrastruktur in den USA realisiert werden, würde das die derzeitige Exportkapazität verdoppeln, auf jährlich 439 Milliarden Kubikmeter. Viele der Gasverträge haben eine Laufzeit von zehn bis 15 Jahren. Die meisten Projekte werden erst im Jahr 2026 in Betrieb genommen – also zu spät, um die aktuelle Bedarfslücke überhaupt zu schließen.

Für den Klimaschutz würde die erfolgreiche Umsetzung bedeuten, dass im entscheidenden Jahrzehnt und weit darüber hinaus sehr viele Treibhausgase emittiert werden und damit die Begrenzung der Erderhitzung auf maximal 1,5 bis zwei Grad Celsius kaum mehr möglich ist.

Die Aktion von Greenpeace in Le Havre folgt auf einen Sommer mit tödlichen Hitzewellen, Waldbränden und Überschwemmungen weltweit, zuletzt in Libyen. Am Wochenende sind zudem global Hunderttausende Menschen für den schnellen Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl erneut auf die Straßen gegangen.

In Deutschland waren es allein über 220.000 Teilnehmer:innen in mehr als 300 Städten. Am Sonntag protestierten in New York City 75.000 Menschen, organisiert von 700 Graswurzel-Gruppen. Sie verlangen ein Ende der fossilen Brennstoffe und fordern US-Präsident Joe Biden sowie die Staatschefs der mächtigen Länder insbesondere in Europa auf, endlich auf die Klimakrise zu reagieren.

Zu den Redner:innen auf der Großkundgebung des Marsches gehörten der demokratische New Yorker Kongressabgeordnete Jamaal Bowman, die Umweltaktivistin Susan Lavigne, die ehemalige irische Präsidentin Mary Robinson, die Schauspielerin Susan Sarandon und der Klimaforscher Peter Kalmus.

"Jedes bisschen fossiler Brennstoff, das wir verbrennen, macht den Planeten heißer", warnte Kalmus, während Bowman und Robinson die Investitionen in fossile Brennstoffe als "Subventionierung" der "Selbstzerstörung des Planeten" verurteilten. Kalmus fügte hinzu: "Dies ist eine Aufgabe von kosmischer Bedeutung. ... Wir stehen kurz davor, absolut alles zu verlieren."

"Die extremen Wetterereignisse dieses Sommers haben die Dringlichkeit einer Abkehr von fossilen Brennstoffen deutlich gemacht", erklärt Greenpeace Frankreich. Man fordert Frankreich und die anderen europäischen Staaten auf, die Projekte für fossile Brennstoffe umgehend zu stoppen. Die Nutzung von fossilem Gas sollte bis 2035, LNG sogar noch früher eingestellt werden.