Gaza-Krieg: Israel, die USA und die roten Linien der Hisbollah
Seite 2: Die roten Linien der Hisbollah
- Gaza-Krieg: Israel, die USA und die roten Linien der Hisbollah
- Die roten Linien der Hisbollah
- Auf einer Seite lesen
Der zweiten Quelle zufolge könnte sich die Strategie der Hisbollah jedoch ändern, wenn Israel, wie angeblich geplant, eine größere Bodenoffensive in Gaza startet.
"Alle Optionen liegen auf dem Tisch, falls Israel eine Bodeninvasion in den Gazastreifen startet", erklärte er.
Israel hat in der Tat Bodenoperationen im Gazastreifen eingeleitet, die es als nächste Phase seiner Offensive bezeichnet. Eine umfassende Invasion der Küstenenklave steht jedoch noch aus.
Bislang ist die Hisbollah nicht über Angriffe auf israelische Militärstellungen im Grenzgebiet hinausgegangen. Letztendlich wird das weitere Vorgehen der Hisbollah wahrscheinlich davon abhängen, wie sich die Situation vor Ort entwickelt. Die erste Quelle betonte, dass das erklärte israelische Ziel, die Hamas zu vernichten, eine rote Linie für die Bewegung darstellt.
Wenn Israel kurz davor zu stehen scheint, die Hamas zu vernichten, wird die Hisbollah zusammen mit den Huthis im Jemen und anderen regionalen Akteuren eingreifen, um dieses Szenario zu verhindern.
Die rote Linie der Hisbollah-Bewegung geht auf die Sorge zurück, dass sie die nächste auf der Liste Israels sein könnte, wenn es das erklärte Ziel gegen die Hamas erreichen wird. Auf die Frage, ob das tatsächlich der Ansatz der Hisbollah sei, antwortete die erste Quelle: "Sicherlich".
Angesichts von Berichten, wonach der israelische Verteidigungsminister und die obersten Militärs auf einen Präventivschlag gegen die Hisbollah parallel zur Offensive gegen die Hamas drängen, scheinen diese Befürchtungen in gewissem Sinn gerechtfertigt zu sein.
Den Berichten zufolge wurden solche Forderungen vom israelischen Premierminister Netanjahu auf Drängen der Vereinigten Staaten überstimmt. Die Vernichtung der Hamas würde jedoch israelische Ressourcen freisetzen und möglicherweise die gegenseitige Abschreckung stören, die seit dem Krieg im Juli 2006 die Ruhe an der libanesisch-israelischen Front bewahrt hat. In einem solchen Szenario könnte die politische Führung Israels es für weniger riskant halten, eine umfassende Militäraktion gegen die Hisbollah zu starten.
Bidens Dilemma
Die roten Linien der schiitischen Bewegung im Libanon drohen die Biden-Regierung in den USA in eine Zwickmühle zu bringen. Das Konzept des Weißen Hauses für den aktuellen Konflikt beruht auf zwei Säulen: Es stellt sich voll und ganz hinter Israels Ziel, die Hamas zu vernichten, und versucht gleichzeitig zu verhindern, dass ein größerer Konflikt ausbricht.
Die Strategie der Hisbollah macht das Erreichen beider Ziele sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Wie bereits erwähnt, wird eine drohende Niederlage der Hamas im Gazastreifen wahrscheinlich eine Eskalation nicht nur durch die Hisbollah selbst, sondern auch durch ihre Verbündeten im Jemen auslösen. Auch die irakischen Volksmobilisierungseinheiten dürften in einem solchen Szenario in den Kampf eingreifen.
Das ist auf den Einfluss zurückzuführen, den die libanesische Bewegung bei diesen Gruppen aufgrund ihrer ideologischen Verwandtschaft und Unterstützung auf dem Schlachtfeld genießt, da die Hisbollah sowohl die jemenitischen Huthis in ihrem Krieg gegen die, von den Saudis angeführte Koalition als auch die überwiegend schiitischen Milizen im Irak bei ihrem Kampf gegen Isis unterstützt hat. Wie die Hisbollah haben sowohl die Huthis als auch die irakischen Milizen erhebliche Unterstützung aus dem Iran erhalten.
Mögliche Szenarien
Angesichts der Einschätzung der Hisbollah, dass die Vernichtung der Hamas der Auftakt zu einer existenziellen Bedrohung der Bewegung selbst wäre, dürften die Warnungen der USA die Gruppe kaum abschrecken, sollte ein solches Szenario eintreten. Trotz der Entsendung von zwei US-Flugzeugträger-Kampfgruppen in die Region hat die Hisbollah ihre grenzüberschreitenden Operationen gegen Israel fortgesetzt.
Ehemalige hochrangige US-Beamte wie Steve Simon vom Quincy Institute halten ein direktes militärisches Vorgehen der USA gegen die Hisbollah für unwahrscheinlich.
"Die USA werden in der Lage sein, einzugreifen, wenn sie sich dafür entscheiden", sagte Simon, ein ehemaliger leitender Berater der Obama-Regierung für den Nahen Osten und Nordafrika, in einem E-Mail-Austausch. "Aber ich bezweifle, dass sie es tun werden oder die Israelis es wollen", fügte er hinzu.
Dennoch sind Berichte aufgetaucht, wonach ein militärisches Vorgehen der USA gegen die libanesische Bewegung auf oberster Regierungsebene diskutiert wurde.
US-amerikanische Militäroperationen gegen die Hisbollah würden aber auch mit ziemlicher Sicherheit zu verstärkten Angriffen auf US-Truppen durch die ideologischen Verbündeten der libanesischen Bewegung führen, darunter die Huthis im Jemen und vom Iran unterstützte Milizen im Irak. Das würde tatsächlich einen regionalen Krieg bedeuten, in dem die US-Streitkräfte erneut unter Beschuss geraten würden.