Gebühren für "neuartige Empfangsgeräte"
Ab Januar 2007 soll für Internetcomputer eine Rundfunkgrundgebühr in Höhe von monatlich 5,52 € fällig werden - dabei ist die Nutzung bislang eher gering
Die Intendanten waren sich schnell einig. Auf ihrer Hauptversammlung in Schwerin sprachen sich die ARD-Oberen am Dienstag gemeinsam dafür aus, dass künftig für "neuartige Empfangsgeräte" eine Grundgebühr erhoben werden soll. Gemeint sind damit vor allem die Besitzer von internetfähigen Computern. Sie sollen ab Januar des kommenden Jahres monatlich 5,52 Euro an die GEZ entrichten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat das ZDF inzwischen seine Zustimmung signalisiert. Die erforderliche Genehmigung der Bundesländer gilt als sicher. Während der Internationalen Funkausstellung in Berlin hatte sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck Anfang September bereits für diese Gebührenvariante ausgesprochen.
Ursprünglich war sogar geplant, die volle Rundfunkgebühr in Höhe von 17,03 Euro im Monat für die Internetnutzung anzuwenden. Offensichtlich auf Druck der Länder hat man sich nunmehr auf die so genannte Grundgebühr für den Hörfunkempfang verständigt.
Der ARD-Vorsitzende und Intendant des Bayerischen Rundfunks, Thomas Gruber, lobte den Beschluss der Intendantenrunde denn auch "als eine vernünftige Lösung im Interesse der Gebührenzahler". Nach seiner Darstellung würden ohnehin nur Privathaushalte und Unternehmen von der Regelung betroffen sein, die bislang überhaupt keine Rundfunkgebühren entrichten. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Zur Kasse gebeten werden künftig vor allem Selbstständige und Freiberufler, die für ihren Internetcomputer zusätzlich Gebühren entrichten müssen, auch wenn sie längst privat Radio- und Fernsehgeräte angemeldet haben.
Studiengebühren für die GEZ
Besonders gravierende Auswirkungen werden durch die neue Regelung von Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen befürchtet. Die Rundfunkanstalten treiben schon jetzt ausstehende Gebühren unnachgiebig ein. Nach einem Bericht von Spiegel Online muss beispielsweise die TU Ilmenau in Thüringen rückwirkend für zehn Jahre Gebühren von über 100.000 Euro nachzahlen. Bei der Uni Erfurt ging gar eine Nachforderung von über 155.000 Euro ein. Kanzler Martin Henkel-Ernst beklagte: "Mit dem Geld könnte ich drei wissenschaftliche Mitarbeiter oder aber zwei Professoren ein Jahr lang finanzieren."
Kanzler, Rektoren und Dekane mögen sich kaum ausmalen, was passiert, wenn künftig auch noch Gebühren für Internetcomputer dazukommen. Studentenvertreter orakeln bereits, dass mit geplanten bzw. schon beschlossenen Studiengebühren künftig auch die Forderungen der GEZ beglichen werden - notwendige Gelder für Wissenschaft und Forschung jedoch weiterhin knapp bemessen bleiben, obwohl in Seminarräumen und Forschungseinrichtungen nur äußerst selten Radio über das Internet gehört wird.
Überhaupt spielt die Online-Radionutzung bislang eher eine untergeordnete Rolle. Tatsächlich werden inzwischen zwar nahezu alle ARD-Hörfunkprogramme und viele Privatradios auch über das Internet verbreitet, allerdings nur selten genutzt. Das wird ausgerechnet in der ARD/ZDF-Onlinestudie 2006 eindrucksvoll nachgewiesen. Bei Auflistung der Online-Anwendungen nimmt "live im Internet Radio hören" mit einem Anteil von 11% nur einen der hinteren Plätze ein. Dabei werden jedoch längst nicht nur die rund 250 deutschen Radioprogramme erfasst, die auch terrestrisch verbreitet werden und demnach der deutschen Rundfunkordnung unterliegen. Im Internet werden inzwischen nach unterschiedlichen Schätzungen bis zu 150.000 regelmäßige Radioprogramme verbreitet. Dazu gehören ausländische Sender genauso wie die unzähligen Internetradios, die weder deutschem Rundfunkrecht unterstehen, noch Anspruch auf Gebühreneinnahmen haben, von deutschen Surfern jedoch offenbar reichlich genutzt werden. Über Internet verbreitete Kultprogramme wie der frühere britische Piratensender "Radio Caroline" strahlen deswegen inzwischen sogar deutschsprachige Sendungen aus.
Bleibt also die Frage, warum die deutschen Rundfunkanstalten Gebühren für die Internetnutzung pauschal erheben wollen und nicht den Zugang zu ihren Programmen für Interessierte kostenpflichtig gestalten? Die Antwort ist naheliegend: Vermutlich würde kaum jemand einschalten. Zumindest nicht im Internet.