Gegen das Grundgesetz? Bundesverfassungsgericht soll über Corona-Impfnachweis entscheiden

Die Impfpflicht in Pflegeheimen sorgt weiter für Rechtsstreit. Bild: Alonafoto, Shutterstock.com

Verfahren an Karlsruhe verwiesen. War Bestimmung des Infektionsschutzgesetzes verfassungskonform? Nach Publikation der RKI-Files steht das infrage.

Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat das Klageverfahren einer Pflegehelferin gegen ein vom Landkreis Osnabrück im Jahr 2022 ausgesprochenes Betretungs- und Tätigkeitsverbot ausgesetzt. Laut dem Gericht vom 26.8.2024 hatte der Landkreis das Verbot erlassen, da die Pflegehelferin keinen Impf- oder Genesenennachweis vorgelegt hatte.

Die zuständige 3. Kammer des Verwaltungsgerichts wird das Verfahren nun dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Dabei soll geklärt werden, ob Paragraf 20a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in der Fassung vom 18. März 2022 mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) und der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) vereinbar war.

Einstige Regelung nicht mit Grundgesetz konform?

Nach Ansicht der Kammer ist eine verfassungskonforme Auslegung des Paragrafen 20a IfSG nicht möglich. Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht bereits am 27. April 2022 die Verfassungsmäßigkeit der Norm festgestellt (Az. 1 BvR 2649/21).

Aufgrund neu veröffentlichter Protokolle des COVID-19-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts (RKI) sowie der Aussage von RKI-Präsident Prof. Dr. Schaade in der mündlichen Verhandlung stellt das Verwaltungsgericht die Unabhängigkeit der behördlichen Entscheidungsfindung jedoch infrage.

Das RKI hätte demnach das Bundesgesundheitsministerium auch eigenständig über neue wissenschaftliche Erkenntnisse informieren müssen. Der Schutz vulnerabler Personen vor einer Ansteckung durch ungeimpftes Personal sei laut Gesetzesbegründung ein tragendes Motiv für die Einführung der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Impfpflicht gewesen.

Diese Einschätzung, die auf RKI-Empfehlungen beruhte, werde durch die nun bekannt gewordenen Protokolle des Instituts erschüttert.

Das Verwaltungsgericht wirft dem Gesetzgeber vor, seiner Normbeobachtungspflicht nicht nachgekommen zu sein. Paragraph 20a IfSG sei im Laufe des Jahres 2022 in die Verfassungswidrigkeit hineingewachsen. Da dem Verwaltungsgericht selbst keine Normverwerfungskompetenz zukomme, sei eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erforderlich. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück (Az. 3 A 224/22) ist unanfechtbar.