Geht es dem Bargeld jetzt an den Kragen?
Bargeldautomaten werden für Banken zunehmend zur Belastung. Sie werden häufig gesprengt, was Versicherungsprämien in die Höhe treibt. Werden sie bald aufgegeben?
Bargeld wird für die Banken immer lästiger. Auch um sich vor Banküberfällen zu schützen, hat man den Bargeldbestand in den verbliebenen Filialen zumeist auf null reduziert und wickelt die Bargeld-Aus- und Einzahlungen über Automaten ab.
Aus Kosten- und Sicherheitsgründen werden diese Automaten jedoch nicht von den Bankfilialen beschickt, sondern von externen Dienstleistern. Der Preiskampf bei dieser Dienstleistung hat in der Vergangenheit jedoch schon zu unerwünschten Auswüchsen geführt.
Nachdem der Bargeld-Transport schon vor Jahrzehnten von den Banken und Sparkassen an externe Dienstleister outgesourct wurde, die sich das Geld dann, wie im Fall Heros, durchaus auch systematisch aneigneten, um ihre Dienste konkurrenzlos billig anbieten zu können und damit zum Marktführer mit 50 Prozent Marktanteil werden zu können.
Wer geglaubt hatte, dass dieser aufgeflogene Fall dazu geführt hätte, dass alle andere Geldtransporteure zuverlässiger arbeiteten, wurde schon kurz nach der Heros-Pleite eines Besseren belehrt. In der Geldtransportbranche häuften sich 2006 die Betrugsfälle. Dies betraf das Geldtarnsportunternehmen GWS aus Nordhorn, wo der Geschäftsführer zwei Millionen Euro veruntreut haben soll.
Und die Geschäftsführer der Essener Firma Arnolds Sicherheit sollen rund 18,5 Millionen Euro veruntreut haben. Die Gelder in den Fällen Arnolds und GWS sollen zum Stopfen von Finanzlöchern in den Unternehmen und zum Auszahlen von Mitarbeiter-Löhnen verwendet worden sein.
Online-Banking reduziert die Zahl der Filialen bei den Lokalbanken
Es gibt in Deutschland im Wesentlichen zwei Arten von lokalen Banken. Die Sparkassen sind Anstalten öffentlichen Rechts im Eigentum von Städten und Kreisen. Volksbanken und Raiffeisenbanken gehören ihren Mitgliedern, den Genossen und werden daher als Genossenschaftsbanken bezeichnet.
Im Jahr 1990 gab es in Deutschland noch 3.300 Genossenschaftsbanken und 770 Sparkassen. Bis heute sind deutschlandweit 770 Genossenschaftsbankern und 360 Sparkassen übrig geblieben. Anders als bei den Universalbanken Deutsche Bank oder der Commerzbank, bei welcher die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH mit einem Anteil von 15 Prozent größter Einzelaktionär ist, ist der Aktionsradius der Lokalbanken geografisch deutlich eingeschränkt.
Dabei steht man in vielen Bereichen in direkter Konkurrenz zu den Online-Banken, die keine Filialen unterhalten müssen.
Selbst große Sparkassen und Volksbanken bauen daher kontinuierlich Personal ab und reduzieren die Öffnungszeiten ihrer Filialen deutlich, wobei sie bei den reduzierten Öffnungszeiten meist auch auf einer verbindlichen Voranmeldung für den gewünschten Termin bestehen.
Aus Filialen werden Automatenstandorte
Das Einsparpotenzial durch Standortreduzierung scheint inzwischen jedoch aufgebraucht. Auch der Weg, verstärkt auf Geldautomaten zu setzen, war nur kurzfristig Erfolg versprechend. Wer nachts Bargeld benötigt, steht immer häufiger vor verschlossenen Türen und bei immer mehr Banken sind die Geldautomaten nur noch zugänglich, wenn die Filiale besetzt ist.
Die Gefahr durch Automatensprengungen hat das Risiko der Banküberfälle abgelöst. Wenn die Automaten vor ihrer Sprengung nur noch einen geringen Umsatz zu verzeichnen hatten, werden sie heute größtenteils aufgegeben.
Durch Automatensprengungen scheinen solche in Grenznähe besonders gefährdet, auch wenn die deutsche Polizei die Verfolgung jenseits der Grenze fortführen kann. Die Motorisierung der deutschen Polizei ist den meist entwendeten Fluchtfahrzeugen der Täter hoffnungslos unterlegen und Straßensperren werden einfach durchbrochen.
Dass sich die Automatensprengungen auf Deutschland konzentrieren, liegt nicht zuletzt daran, dass die Banken bis heute oft teure Sicherungssysteme wie Tintenpatronen aus Kostengründen vermeiden, da die jeweilige Versicherung die Schäden übernimmt. Wie lange die Sicherung durch Tintenpatronen noch Wirkung zeigt, ist derzeit bislang nicht abzusehen. Inzwischen sollen Automaten vor der Sprengung mit Wasser geflutet worden sein, um sicherzustellen, dass die Tinte die Geldscheine nicht erreicht.
Inzwischen übersteigt der Kostendruck beim Geldautomatenbetrieb ganz offensichtlich die Leidenskraft der Lokalbanken. Historisch gewachsene Systemgrenzen zwischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken werden unter der Last des wirtschaftlichen Drucks zunehmend eingerissen.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken legen ihre Geldautomatenstandorte zunehmend zusammen. Teilweise werden an diesen Standorten dann zwei Automaten aufgestellt, teilweise wird ein Automat für Kunden beider Bankensysteme zu gleichen Konditionen benutzbar.
Der Lebensmitteleinzelhandel als Bankenersatz
Mit der Ausdünnung der Geldautomatenstandorte wurde dem Lebensmittelhandel vielfach die Aufgabe der Bargeldversorgung der Bevölkerung übertragen. Man hatte die Hoffnung, dass die Händler von dem Cash Back-System einen Vorteil hätten, wenn sie einen geringeren Bargeldbestand abzurechnen hätten.
Diese Freude währte jedoch nur kurz, denn für die meist auf 200 Euro limitierten Auszahlungen wollten die Banken auch ihren Anteil. Für die Zahlungsgarantie der Bank muss der Händler ein sogenanntes Händlerentgelt bezahlen.
Das Risiko, dass Kassen im Handel unliebsamen Besuch erhalten könnten, wird immer öfter durch Systeme reduziert, welche die Kassierer von der Last des Bargelds und seiner Echtheitsüberprüfung entlasten und letztlich wie ein Geldautomat funktionieren und im Gegensatz zu diesen auch Münzgeld akzeptieren.
Münzgeld wird man heutzutage kostenfrei, sonst nur noch bei den Filialen der Bundesbank los. Das Handling von Bargeld wird immer umständlicher und das scheint auch von der Politik so gewünscht.