Geldregen für Wohlhabende: Schwedens umstrittene Strompreisstütze
Das Instrument der sozialdemokratischen Regierung hilft kleineren bedürftigen Haushalten nicht. Wohlhabende und Stromverschwender profitieren
Von einer "außergewöhnlichen Maßnahme in einer außergewöhnlichen Situation" sprach Schwedens Finanzminister Mikael Damberg am Mittwoch in Stockholm.
Gemeint sind umgerechnet 583 Millionen Euro, die die regierenden Sozialdemokraten als "Elektrizitätspreisstütze" an die schwedischen Haushalte verteilen wollen – wie auch in anderen Ländern sind in Schweden die Strompreise gestiegen. Sie sind doppelt so hoch wie im vergangenen Winter.
Wer in einem Haushalt lebt, der mehr als 2000 Kilowattstunden pro Monat verbraucht, kann mit staatlicher Unterstützung rechnen, bis maximal umgerechnet 583 Euro für rückwirkend Dezember bis Februar.
Die hohen Kosten für die Elektrizität werden auch in Schweden primär mit den hohen Preisen für Gas und andere fossile Brennstoffe erklärt. In Schweden wirkt zwar die Wasserkraft als größter Energielieferant, gefolgt von der Atomkraft und der Windkraft. Allerdings ist die Kapazität der Flüsse im Norden des Landes durch den trockenen Sommer gering, zudem gebe es ein "Flaschenhalsproblem" bei der Transmissionsleitung in den bevölkerungsreichen Süden.
Somit sei der südliche Teil Schwedens auch vom Stromexport aus anderen Ländern abhängig. Auch ist der Atommeiler Ringhals 3 derzeit von Störfällen befallen und muss ständig abgeschaltet werden.
Elektrizitätssteuer soll bleiben
Den Vorschlag der bürgerlichen Opposition vom Dezember, die Elektrizitätssteuer fallen zulassen, welche die Stromproduzenten belasten, lehnt die sozialdemokratische Regierung unter Magdalena Andersson ab.
Doch die politische Führung in Stockholm musste reagieren. Denn in Schweden hat bereits der Vorwahlkampf für den Urnengang im September begonnen. Die Minderheitsregierung muss bis dahin mit drei bis vier unterschiedlich ausgerichteten Kleinparteien lavieren, um regieren zu können. Die hohen Energiepreise sorgen derzeit für viel Verdruss in der Bevölkerung.
Brisant ist zudem, dass die geplante "Stromstütze" vor allem Schweden mit größerem Wohnraum zu Gute kommt, welche tendenziell nicht zu den Wählern der Sozialdemokraten gehören. Auch richtet sich die Subvention nach dem Verbrauch. Somit würde auch Stromverschwendern geholfen.
So forderte die bürgerliche Partei "Die Moderaten", welche eher die Besserverdienenden vertritt, dass alle Haushalte, nicht allein die größeren von der Unterstützung profitieren sollten.
Auch die Liberalen und "Die Christdemokraten", eine kleinere Partei in Schweden, argumentieren mit klassisch linken Argumenten, das kleine Haushalte nicht ausgenommen werden dürften und diejenigen "belohnt werden, die am meisten verbrauchen.".
Denn derzeit machen Berichte von alleinerziehenden Müttern die Runde, denen bereits der Strom abgeschaltet wurde, da sie die hohen Rechnungen nicht mehr begleichen können. Ihnen würde nach der neuen Regelung auch nicht geholfen, wenn sie eine kleine Wohnung haben.
Wird die Strompreisstütze zum politischen Eigentor?
Sollte der Vorschlag durch das Parlament kommen, bleibt das Problem der Gelderverteilung, ihrer raschen und effektiven Umsetzung. "Es wird etwas kompliziert", gestand bereits Energieminister Khashayar Farmanbar. Auch die Ratgeber, die nun auf den Netzportalen der schwedischen Medien erscheinen, wissen vieles noch nicht. Die staatliche Finanzspritze muss nicht beantragt werden, sondern soll automatisch erfolgen. Energieunternehmen und Behörden sprechen bereits von großem Aufwand und hohen Hürden. Bislang hat sich die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg zu diesem Projekt noch nicht kritisch geäußert.
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