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General Flynn: Hardliner gegen Islamisten und Iran

Screenshot aus Flynns berüchtigter Sperrt-Clinton-ein-Rede auf dem Parteitag der Republikaner in Cleveland

Der Geheimdienst-General, der Black Ops zu seinem Markenzeichen machte, wird der Nationale Sicherheitsberater der Regierung Trump

Mit der Wahl des Generals Michael T. Flynn [1] zum nationalen Sicherheitsberater verdeutlicht sich eine politische Grundausrichtung der neuen US-Regierung, die Trump schon im Wahlkampf erkennen ließ.

Sie läuft auf eine akzentuierte Frontstellung gegen den radikalen Islam - und gegen Iran hinaus. Interessant wird sein, wie sich die Regierung Trump zur Türkei stellt. Dazu gibt es den politischen Betrieb in Washington irritierende Äußerungen Flynns zur Sache Gülen [2] und Vorwürfe des Lobbyismus [3].

Es gibt eine ganze Reihe von krachenden Äußerungen Flynns, den Hang dazu teilt er mit seinem künftigen Chef. Der Posten des nationalen Sicherheitsberaters gilt als einflussreich, zu sehen ist das an den Vorgängern wie Henry Kissinger (unter Nixon und Ford), Brent Scowcroft (unter Ford, später unter George Bush), Zbigniew Brzezinksi (unter Carter), Colin Powell oder Condoleezza Rice (beide unter George W. Bush). Sie machten sich durch den Posten einen Namen. Der Drei-Sterne-General Flynn ist eigenwillig und ehrgeizig.

Verfechter einer Grand Strategy

Das hat Konfliktpotential, wie die Entlassung Flynns von seinem Posten als Chef der Defense Intelligence Agency (DIA) im April 2014 durch Obama anzeigt. Flynn hatte eigene Auffassungen zur Arbeit der Geheimdienste, hieß es [4] damals. Davon wollte er nicht abrücken.

Flynn ist Verfechter einer Grand Strategy, das teilt er mit den Neocons, es ist nicht die einzige Gemeinsamkeit. Wie diese hat er eine Mission bzw. Vision, die in Richtung Nation-Building geht. Man darf gespannt sein, wie sich das mit der der von Trump angekündigten Zurückhaltung bei "außenpolitischen Abenteuern" verträgt. Seine grundsätzliche Kritik an Obamas lautet, dass dieser "zu taktisch", zu wenig strategisch in seiner Nah-Ost-Politik vorgegangen ist.

Sein erster Kracher, mit dem der Intelligence-Spezialist Flynn über die militärischen Zirkel hinaus in der Öffentlichkeit bekannt wurde, war ein über den Think-Tank mit dem bezeichnenden Namen Center for a New American Security [5] verbreitetes Papier zur Geheimdienst-Arbeit in Afghanistan. Darin fordert er eine Ausweitung der Informationsbeschaffung [6].

Ausbau von Geheimdienst-Arbeit

Verkürzt wiedergegeben: Die Konzentration auf Geheimdienstinformationen über aufständische Gruppen, allen voran die Taliban, reicht nicht, die Streitkräfte und die Organisationen, die mit der Entwicklung des Landes zu mehr Stabilität zu tun haben, müssten auch über die gesellschaftliche und wirtschaftliche Umgebung sowie über lokale Prägungen und Probleme Bescheid wissen.

Wichtig seien nicht nur Informationen über Sprengsätze, die irgendwo platziert werden, oder die nächste Offensive, sondern auch, warum diese Straße ausgebaut werden soll, jene gar nicht ausgebaut zu werden braucht, diese Felderbewirtschaftung gefördert werden soll, was in Kommunalversammlungen vor sich geht, bei Frauenvertretungen etc.. Kurz es ist ein großer Ansatz für Geheimdienstarbeit - man will möglichst alles wissen. Flynn hatte dazu General McChrystal als Rückendeckung. Keine Überraschung, dass die Kritik Anklang fand:

Ich will das nicht sagen, dass wir (in Afghanistan, Erg. d.V.) ahnungslos sind, aber wir sind es. Wir sind in unserer Kenntnis der Umgebung nicht tiefer gedrungen als bis zum Fingernagel.

Michael T. Flynn

In dem Papier zeigen sich zwei Kernelemente der Flynnschen Auffassung zur US-Außenpolitik in der Region Naher Osten: Die Konzentration auf den Gegner, sprich die Insurgenten, feindlichen Milizen, Komandeure und so fort, ist zu schmalspurig. Diese Verengung darauf führt dazu, dass man "in Konfrontation investiert, nicht in Lösungen". Die Lösung erfordert eine große Strategie, die die ganze Umgebung einbezieht und letztlich nach amerikanischen Interessen umgestalten will.

Die Notwendigkeit einer "ökonomischen Revolution"

Daraus ergibt sich auch die Kritik Flynns an Obama. Dessen Drohnenkrieg sei der falsche Ansatz, weil er damit vor allem in die Konfrontation investiert habe. Nötig sei aber ein größeres Design. Der ganze Nahe Osten brauche eine "Big Vision", zumal es um Länder mit einem großen Anteil junger Menschen geht.

Sprachen die Neocons von der Vision einer demokratischen Neuordnung der Region, so ist Flynn von der Notwendigkeit einer "wirtschaftliche Neuordnung", einer "ökonomischen Revolution" überzeugt, wie er in einem längeren Interview [7] mit al-Jazeera äußerte.

Fehler der US-Politik: "Die Geschichte wird das nicht vergessen"

Dort sagte er auch Sätze, die Kritiker der US-Politik unterschreiben, zum Beispiel, dass die "Geschichte nicht nett zu uns sein wird". Er hält den Einmarsch in den Irak im Jahr 2003 für einen fatalen Fehler. Auch danach seien gravierende Fehler gemacht worden. Das sei allein daran abzulesen, dass sich seither die Zahl der feindlichen Gruppen verdoppelt habe. Zu sprechen kommt er im Interview auch auf Fehler, die mit in den Gefängnissen in Irak gemacht wurden, die zu Ausbildungsstätten des Dschihadismus wurden.

Deutlich wird Flynn in dem Interview auch mit seiner Kritik an Iran und am Atomdeal. Für ihn steht fest, dass Iran die Absicht hat, eine Atombombe zu entwickeln. Mehrmals spricht er davon, dass sich Iran seit Jahren schlecht verhält, aus seiner Gegnerschaft und seinem Misstrauen gegenüber Iran macht er keinen Hehl. Seine Kritik am Nuklearabkommen ist pauschal: Es sei von Anfang an fehlerhaft, es fehle ihm an Vorstellungskraft, man hätte den ganzen Kontext anders aufziehen sollen. Die ganze Region hätte in einem größeren Design eingespannt werden sollen.

Ersichtlich wird im Interview auch seine Frontstellung gegen den radikalen Islam. Er hält ihn für eine "Krankheit des Islam" und hat auf Nachfragen des Moderators sichtlich Mühe, die Religion vom Islamismus abzugrenzen.

Der Master of Black Ops

Für großes Aufsehen in der Öffentlichkeit sorgt gegenwärtig sein Tweet mit der Aussage: “Fear of Muslims is RATIONAL". Beobachter sehen in ihm einen ausgemachten Islamophobiker [8], der nicht zuletzt zu fürchten ist, weil er verdeckte Operationen ("Master of Black Ops" [9]) zu seinem bevorzugten militärischen Instrument machte. Darüber hinaus gibt es fragwürdige Äußerungen zur Anwendung von Folter auch bei Familienmitgliedern von Verdächtigen [10].


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3492127

Links in diesem Artikel:
[1] https://twitter.com/GenFlynn/status/799711087973306368
[2] http://www.foxnews.com/us/2016/11/18/lawyers-for-exiled-cleric-call-flynn-comments-troubling.html
[3] http://dailycaller.com/2016/11/11/trumps-top-military-adviser-is-lobbying-for-obscure-company-with-ties-to-turkish-government/
[4] http://www.businessinsider.com/michael-t-flynn-fired-from-dia-2014-4?IR=T
[5] https://www.cnas.org/
[6] http://online.wsj.com/public/resources/documents/AfghanistanMGFlynn_Jan2010.pdf
[7] http://www.aljazeera.com/programmes/headtohead/2016/01/transcript-michael-flynn-160104174144334.html
[8] http://www.juancole.com/2016/11/islamophobic-national-security.html
[9] https://theintercept.com/liveblogs/firstdebate/the-hard-partying-surfer-turned-master-assassin-who-is-trumps-guest-at-the-debate/
[10] http://www.juancole.com/2016/11/islamophobic-national-security.html