Genom-Editierung mit Hindernissen
Seite 2: Sich ausbildende Resistenzen bereiten den Wissenschaftlern Kopfzerbrechen
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Doch bevor es soweit ist, muss die Übertragung der Gene Drive-Erfolge vom Labor auf die freie Umgebung noch einige Hürden überwinden. Denn Laborexperimente zeigten, dass die Ausbreitung der Mutation in der erwarteten Häufigkeit zunächst über mehrere Generationen fortschritt, sich dann jedoch auch eine Resistenz gegenüber dem Gene Drive herausbildete. Dadurch wurden einige Mücken davor bewahrt, das modifizierte Genom zu ererben.
Eine Quelle für diese Resistenz ist CRISPR selber, das ein Enzym verwendet, um eine erkannte spezifische DNA-Sequenz zu schneiden und gewünschte genetische Codes an ihrer statt einzusetzen. Gelegentlich kommt es jedoch vor, dass Zellen den vorgenommenen Schnitt nach dem Hinzufügen oder Löschen von zufälligen DNA-Buchstaben wieder flicken. Dies kann zu einer Sequenz führen, die das CRISPR-Gene-Drive nicht mehr erkennt. So wird die Ausbreitung des modifizierten Codes gestoppt. Diese Art von Resistenz wurde auch von den Forschern am Biotechnologiezentrum von Terni bei einigen ihrer Mücken bestätigt.
Natürliche genetische Variation ist ein anderer Weg, der zur Resistenz führen kann. CRISPR-basierte Gene Drives funktionieren durch die Erkennung von kurzen genetischen Sequenzen. Individuen mit Unterschieden an diesen Stellen wären immun gegen das Gene Drive.
Eine aktuelle Studie des Anopheles gambiae 1000 Genomes Consortium analysiert die Genome von 765 wilden Anopheles gambiae und Anopheles coluzzii-Exemplaren, die von 15 verschiedenen Örtlichkeiten in Subsahara-Afrika stammen. Das Forscher-Team fand komplexe Muster der Populationsstruktur und deutliche Unterschiede in der Größe lokaler Populationen, von denen einige zumindest teilweise auf Malaria-Kontrollmaßnahmen vor Ort zurückzuführen sein könnten. Eine außerordentlich hohe genetische Vielfalt wurde angetroffen, ein Umstand, der potenzielle Ziele von Gene-Drive-Strategien zur Mückenbekämpfung von vornherein einschränkt. Ganze Populationen ließen sich so jedenfalls nicht ausrotten, glauben Wissenschaftler.
Die Ausbildung von Resistenzen verlangsamen
Der rotbraune Reismehlkäfer war der erste Käfer, dessen Erbgut sequenziert wurde. Seitdem erlebt der Vorratsschädling eine Karriere als genetisches Modellsystem. Experimente mit Tribolium-castaneum -Populationen legen nahe, dass Inzucht innerhalb einer Population oder mehrere verschiedene Varianten eines Merkmals mit nennenswertem Anteil weit reichende und in manchen Fällen schwerwiegende Folgen für die Effizienz der Verbreitung des Gene Drives in einer wilden Population haben könnten.
Die Autoren der Studie betrachten die Inzucht als wichtigsten Faktor bei der Hinderung der Verbreitung des Gene Drives. Ihr ließe sich mit einer Sättigung der Ziel-Population durch Individuen mit eingepflanztem Gene Drive begegnen, die in wiederholten Aktionen massenhaft freigesetzt werden müssten, an Orten, deren genetische Vielfalt vorher untersucht wurde.
Gene Drives können zu genetischer Isolation in Populationen führen, wenn es Teilen ihrer Mitglieder gelingt, die Ererbung des veränderten genetischen Codes zu vermeiden. Genvarianten, die die Neigung einer Population dämpfen, sich mit anderen Populationen zu vermischen, würden sich plötzlich als vorteilhaft erweisen und könnten sich verbreiten - wie etwa Populationen mit eingeschränkter Flugfähigkeit.
Resistenzen gegen Gene Drives sind unvermeidlich, das ist den Wissenschaftler bewusst. Sie hoffen nun, die Begleiteffekte lange genug abfedern zu können, um eine gewünschte Mutation in eine komplette Population einzuschleusen. Es kursiert bereits die Idee der Schaffung von Gene Drives, die mehrere Gene gleichzeitig oder mehrere Stellen des gleichen Gens adressieren können, um so den Zeitpunkt hinauszuzögern, an dem sich eine Resistenz herausgebildet haben wird. Durch das Studium der genetischen Vielfalt einer Art könnten die Forscher die Erfolgsaussichten erhöhen, in dem sie mögliche Ziel-Gene identifizieren, die allen Individuen gemein sind.
Um die Ausbildung von Resistenzen zu verlangsamen, hat das Target Malaria-Team eine zweite Generation von Gen-Mücken entwickelt. Die Forscher planen, sie in ihrer neuen italienischen Anlage noch in diesem Jahr zu testen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich die Mücken in der freien Natur verhalten werden. Einige Forscher sind sich im Klaren darüber, dass ihnen die Evolution einen Strich durch die Rechnung machen könnte: Was, wenn Gene Drives da draußen nicht funktionieren wie gedacht?