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Geothermie soll Europas Energiekrise lösen

Christoph Jehle
Schematische Darstellung von Geothermie

EU setzt verstĂ€rkt auf Geothermie als Alternative zu Wind und Solar. Fraglich ist, ob ErdwĂ€rme das Versprechen einer stabilen Energieversorgung erfĂŒllen kann.

Fehlende Sonne und Wind, die Dunkelflaute, lĂ€sst die Stromerzeugung durch Solar- und Windkraftanlagen einbrechen [1]. Der Strompreis schießt am Markt daraufhin krĂ€ftig nach oben.

Dies trifft Privatkunden nicht direkt, weil sie traditionell langfristige LiefervertrĂ€ge mit ihren jeweiligen StromhĂ€ndlern haben. FĂŒr Sondervertragskunden, die ihren Strom kurzfristig einkaufen, werden die PreissprĂŒnge allerdings zunehmend zum Problem.

Privatkunden setzen sich mit den ab kommendem Jahr geplanten dynamischen Tarifen allerdings den teilweise spontanen Bewegungen am Markt aus, die das Preisrisiko vom jeweiligen Stromanbieter auf sie verlagern werden. Ob sich das fĂŒr die privaten Endkunden wirklich lohnt [2], wenn sie hochpreisige Phasen nicht mit einem eigenen Stromspeicher ĂŒberbrĂŒcken können, darf bezweifelt werden.

Der viel gerĂŒhmte Markt ist heutzutage meist schneller als die meisten Industriekunden reagieren können. Wenn jetzt politisch gefordert wird, der Industrie einen dauerhaft niedrigen Strompreis zu garantieren und den Markt fĂŒr die Industrie auszuschalten, muss auch geregelt werden, wer fĂŒr die Differenz aufkommt.

Da solche konsumptiven Kosten nicht ĂŒber Kredite finanziert werden dĂŒrfen und Steuererhöhungen derzeit nicht opportun sind, mĂŒssen die Ausgaben des Staates in anderen Bereichen gekĂŒrzt werden.

Bei Strommangellagen aufgrund fehlender Sonneneinstrahlung oder fehlendem Windangebot können Gaskraftwerke einspringen und den Bedarf decken.

Die Finanzierung ihrer Bau- und Infrastrukturkosten sowie die Sicherung des benötigten Brennstoffs fallen jedoch auch an, wenn sie keinen Strom liefern können, weil der Markt von den Erneuerbaren mehr als ausreichend bedient wird und im Extremfall an der Börse negative Preise erzielt werden.

Alternativen fĂŒr grundlastfĂ€hige Stromerzeugung ohne CO2

Daher sucht die EU inzwischen nach Möglichkeiten, Energiequellen zu erschließen, die weder von den Launen der Natur abhĂ€ngig sind, noch mit einem gewaltigen CO2-Fußabdruck verbunden sind. Sie sollen dabei auch mit verfĂŒgbarer Technik genutzt werden können. Fusionskraftwerke fallen dabei aus dem zeitlichen Rahmen, weil deren VerfĂŒgbarkeit hierzulande nicht abschĂ€tzbar ist.

Somit fordert der EuropĂ€ische Rat eine schnellere EinfĂŒhrung der Geothermienutzung [3] und hat am 16. Dezember dieses Jahres die Schlussfolgerungen zur Förderung der Geothermie [4] angenommen.

Bei der Geothermie handelt es sich um Energie, die aus der natĂŒrlichen WĂ€rme des Erdinneren gewonnen wird. Die Schlussfolgerungen des EuropĂ€ischen Rates unterstreichen das Potenzial der Geothermie als lokale erneuerbare Energiequelle.

Geothermie kann fĂŒr kostengĂŒnstiges und sicheres Heizen und KĂŒhlen genutzt werden und eine stabile Stromversorgung gewĂ€hrleisten. Daher kann sie den Energieverbrauch von GebĂ€uden dekarbonisieren und die Industrie wettbewerbsfĂ€higer und nachhaltiger machen.

Der Rat fordert daher eine möglichst schnelle EinfĂŒhrung der Geothermienutzung, indem er Maßnahmen zu ihrer Förderung vorschlĂ€gt oder anpasst, darunter einen leichteren Zugang zu Finanzmitteln, um die hohen Vorlaufinvestitionskosten zu decken.

Geothermie ist aus Sicht des EuropĂ€ischen Rates eine langlebige und immer verfĂŒgbare erneuerbare Energiequelle, da sie nicht von Wetterereignissen abhĂ€ngig ist und rund um die Uhr Strom und WĂ€rme erzeugen kann. Sie soll somit einen reibungslosen Übergang zu einem kohlenstofffreien Europa gewĂ€hrleisten, die WettbewerbsfĂ€higkeit der EU stĂ€rken und die EnergiesouverĂ€nitĂ€t sichern.

In den jetzt veröffentlichten Schlussfolgerungen fordert der Rat die Kommission auf, eine umfassende Strategie zur Dekarbonisierung von WĂ€rme und KĂ€lte auszuarbeiten. Diese Strategie sollte von einem europĂ€ischen Aktionsplan fĂŒr Geothermie mit konkreten Maßnahmen zur Beschleunigung des Einsatzes geothermischer Energie begleitet werden.

Der Rat fordert die Mitgliedstaaten zudem auf, ihre Vorschriften zu vereinfachen, um die Nutzung geothermischer Energie zu erleichtern, und auch Genehmigungen fĂŒr geothermische Anlagen schneller zu erteilen und die mit Bohrungen und Explorationen fĂŒr geothermische Anlagen verbundenen Risiken anzugehen.

Gefördert werden soll auch der Bau geothermischer Infrastrukturen, wie FernwÀrmenetze. Der EuropÀische Rat folgt damit der deutschen Politik, die eine Dekarbonisierung der FernwÀrmenetze [5] vorsieht.

Zudem werden Maßnahmen vorgeschlagen, um die KapazitĂ€t der europĂ€ischen Industrien in den Bereichen Bohrung, Bau und GerĂ€teherstellung zu erhöhen. Sie sehen auch eine von der Kommission einzurichtende EuropĂ€ische Geothermie-Allianz vor, die politische EntscheidungstrĂ€ger, Industrie und Investoren zusammenbringen soll, um EngpĂ€sse zu erkennen und Maßnahmen fĂŒr einen stĂ€rkeren Einsatz geothermischer Energie zu ergreifen.

Netto-Null-Industrie der EU geplant

Die am 13. Juni 2024 verabschiedete „Verordnung (EU) 2024/1735 des EuropĂ€ischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 zur Schaffung eines Rahmens fĂŒr Maßnahmen zur StĂ€rkung des europĂ€ischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologien“ zielte darauf ab, der EU den Zugang zu einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit Netto-Null-Technologien, einschließlich Geothermie, zu verschaffen.

Die Geothermie soll zu einer bedarfsgesteuerten Quelle emissionsarmer ElektrizitĂ€t werden, die zur FlexibilitĂ€t und Belastbarkeit des Stromnetzes beitragen könnte. Trotz der Vorteile der Geothermie und ihrer Rolle bei der Dekarbonisierung des Energiesektors als ausgereifte Netto-Null-Technologie bleibt das Potenzial der Geothermie bislang grĂ¶ĂŸtenteils ungenutzt.

So machte Geothermie im Jahr 2021 nur 2,8 Prozent der erneuerbaren Energiequellen aus, die in der EU zur Erzeugung von PrimÀrenergie genutzt wurden. Auch weltweit deckt Geothermie bislang weniger als 1 Prozent des weltweiten Energiebedarfs.


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https://www.heise.de/-10214517

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.capital.de/geld-versicherungen/dunkelflaute-treibt-strompreis-in-rekordhoehe---wird-der-strom-knapp--35313978.html?xing_share=news
[2] https://www.n-tv.de/ratgeber/Dynamische-Strompreise-zahlen-sich-nicht-aus-article25432996.html?utm_source=firefox-newtab-de-de
[3] https://european-union.europa.eu/institutions-law-budget/institutions-and-bodies/search-all-eu-institutions-and-bodies/european-council_de
[4] https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-16939-2024-INIT/en/pdf
[5] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw46-de-waermenetze-976576