Gerhard Schröder scheitert vor Gericht: Warum das Urteil wegweisend sein könnte

Repräsentiert er hier die Bundesrepublik? Gerhard Schröder bei der Amtseinführung von Wladimir Putin im Jahr 2018. Bild: kremlin.ru, CC BY 4.0 via Wikimedia Commons

Berliner Gericht verneint Schröders Anspruch auf Büro und Personal. Dabei offenbart es wunden Punkt bei Alimentierung von Altkanzlern. Warum es klare Regeln braucht.

Gerhard Schröder wird sein Büro und seine Mitarbeiter vermutlich nicht wiederbekommen. Mit dem Fall des Altkanzlers beschäftigte sich das Verwaltungsgericht Berlin am Donnerstag. Und es entschied gegen Schröder, ließ aber aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falls eine Berufung zu.

Sollte der frühere Bundeskanzler weitere juristische Schritte einleiten, hätte das vermutlich Folgen für sämtliche Altkanzler und ehemaligen Bundespräsidenten. Das Gericht hob am Donnerstag hervor: Es gibt keine Rechtsgrundlage, aus der sich ein Anspruch auf Büro und Personal ableiten ließe.

Dennoch ist das die geübte Praxis. Ehemalige Bundeskanzler und Bundespräsidenten erhalten nach Ende ihre Dienstzeit Büro und Personal, und zwar auf Lebenszeit und darüber hinaus. Die Mittel dafür werden aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt.

Es ist eine Praxis, die mit der Zeit immer weiter ausuferte. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) schreibt dazu:

Ludwig Erhard bekam 1966 ein Büro im Kanzleramt, dann bereits auf Steuerzahlerkosten, «zur Abwicklung fortwirkender Verpflichtungen», ebenfalls mit Sekretärin und Referent. 1967 beschloss das Kabinett, dass ehemaligen Kanzlern ein Sekretariat zur Verfügung gestellt werden kann, und zwar mit einem Referenten, einer Sekretärin, einem Kraftfahrer mit Wagen und einem Büroraum. Der Haushaltsausschuss befristete diese Regel auf drei Jahre.

Mit der Zeit wurde die Zahl der finanzierten Beschäftigten angehoben und die zur Verfügung gestellte Ausstattung wurde vergrößert. "Für Angela Merkel alimentiert der deutsche Staat in ihrem Büro neun Stellen, obwohl sie derzeit kaum Termine wahrnimmt, weil sie ihre Memoiren schreibt", heißt es in der NZZ.

Dieses Argument trug laut Spiegel auch Schröders Anwalt dem Gericht vor. Doch der Anwalt des beklagten Bundeskanzleramts bügelte es ab. "Er könne Schröders Seite versichern, dass ‚einiges passiert im Altkanzlerinnenbüro‘", heißt es im Spiegel.

Schröders Büro belegt sieben Räume der SPD-Fraktion im Bundestag. Erst hatte er sieben Mitarbeiter, ab 2019 waren es nur noch fünf. Laut NZZ summierten sich die Kosten auf mehr als 400.000 Euro im Jahr.

Im Mai 2022 beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestags dann, die Ausstattung der ehemaligen Amtsträger zu verringern. Welche Auswirkungen dieser Beschluss etwa auf Büro und Personal von Angela Merkel hatte, ist nicht bekannt. Auch nicht, in welcher Weise der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck davon betroffen war.

Schröders Büro stellte man allerdings auf "ruhend" und begründete die Entscheidung damit, dort würden keine "nachwirkenden Aufgaben" aus Schröders Amtszeit mehr erfüllt. Angehört wurde er zu dieser Frage nicht, und Schröder betonte, in den vergangenen Jahren sehr wohl noch Aufgaben wahrgenommen zu haben.

Die Richterin zitierte laut Bericht aus einem Schriftsatz von Schröders Anwälten. Darin wird sein Einsatz für die Freilassung des Journalisten Deniz Yücel aus türkischer Haft betont. Zudem habe er Gespräche mit Staatsoberhäuptern zum Syrienkrieg und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geführt. Er bearbeite auch noch zahlreiche Bürger- und Presseanfragen.

Letztlich drangen Schröders Anwälte damit aber nicht durch. So könnte es einer anderen Instanz obliegen, klare Regeln hinsichtlich Personals und Ausstattung ehemaliger Bundeskanzler und -präsidenten einzufordern.

Was "nachwirkende Aufgaben" aus dem jeweiligen Amt sind und wie lange sie ausgeübt werden müssen, scheint bisweilen nicht klar geregelt zu sein. Das Schreiben von Memoiren müsste in dieser Hinsicht bewertet werden. Aber auch, ob Interviews und Reden eines ehemaligen Bundespräsidenten mit der Alimentierung von Büro und Personal honoriert werden müssen.

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