Gesucht: Abenteurer. Reisekasse: 20 Millionen Dollar

Weltraumtourismus boomt

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Die Anhänger des Weltraumtourismus haben sich von der Columbia-Katastrophe Anfang des Jahres nicht beeindrucken lassen. Der Reiseveranstalter Space Adventures verzeichnet für seine nächsten zwei freien Plätze in einer Sojus-Raumkapsel Anfang 2005 Rekordinteresse. In London beginnt gerade die weltweite Rekrutierungskampagne.

"Ich bin heilfroh, dass ich dafür bezahlt wurde. Aber wenn ich 20 Millionen Dollar übrig hätte und noch nie oben gewesen wäre, dann würde ich mir das schon überlegen".

"Oben", das ist die Internationale Raumstation ISS, auf der auch der NASA-Astronaut Norman Thagard streng genommen noch nie war. Doch er ist trotzdem ein Veteran: Er war 1995 der erste Amerikaner auf der russischen Raumstation MIR und stellte dort einen mittlerweile gebrochen Rekord auf: Mehr als 140 Tage war er ohne Unterbrechung im All. Vorher war er auf vier Shuttleflügen gewesen, davor Arzt, Ingenieur und Bomberpilot in Vietnam. Jetzt ist er sechzig, sieht aus wie fünfundsiebzig und ist die Ruhe in Person.

An Rente denkt er nicht, und so hat er sich vor Kurzem anwerben lassen von der amerikanischen Firma Space Adventures, die die Exklusivrechte für die Vermarktung der nächsten beiden Plätze für Weltraumtouristen inne hat. Sie sollen Anfang 2005 in eine russische Sojus-Kapsel steigen und insgesamt zehn Tage im All verbringen, davon sieben auf der ISS.

"Das Interesse ist groß", freut sich Tereza Predescu, Marketingchefin von Space Explorations. Bereits zehn Amerikaner sollen potenzielle Kandidaten sein. Und jetzt kommt auch noch Europa an die Reihe. Ein paar Superreiche werden hier doch wohl aufzutreiben sein. Den Auftaktveranstaltungen der PR-Kampagne am Donnerstag und Freitag in London werden weiter folgen, unter anderem eine in Hamburg.

5-Sterne-Torusimus im All: Die Sojus-Kapsel ist jetzt komfortabler

Dass 2005 zwei Personen gleichzeitig "rauf" dürfen, ist ein Novum, das erst durch den Umbau der alten Sojus-Kapseln ermöglicht wurde. Die Körpergröße der Passagiere ist nun fast egal und die Beifliegersitze werden nicht mehr zur Steuerung der Kapsel benötigt. Alles wurde einfacher, touristengerechter eben. Wer 20 Millionen Dollar zahlt, dem sei ein wenig Komfort gegönnt.

Zwanzig Millionen Dollar ist der Preis, den (ungefähr) auch die beiden ersten Weltraumtouristen zahlten, der Amerikaner Dennis Tito im Jahr 2001 und der südafrikanische Internetmillionär Mark Shuttleworth im Jahr 2002. Wieviel davon Profit ist und wieviel an die russische Weltraumbehörde überwiesen wird, die die Rakete, die Sojuskapsel, ihr Trainingszentrum "Star City" bei Moskau und die Startrampe auf dem kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur zur Verfügung stellen, ist ein wohlgehütetes Geheimnis. Kein Geheimnis aber ist, dass zumindest die Russen den Weltraumtourismus als Garant für das Weiterbestehen der bemannten Raumfahrt im dritten Jahrtausend betrachten. Die NASA ist da skeptischer und hat sich bisher aus dem Geschäft weitgehend herausgehalten.

Sechs Monate Zeit braucht man auch noch...

Wer mit hoch will, muss zunächst ein zweiwöchiges medizinisches Testprogramm durchlaufen und seine Gesundheit auf Herz und Nieren prüfen lassen. Im Gegensatz zu den "peanuts" unter den Weltraumabenteuern, den so genannten "zero gravity"-Flügen, bei denen demnächst auch einmal ein Rollstuhlfahrer in den Genuss der Schwerelosigkeit kommen soll, gilt bei ISS-Ausflügen absolute körperliche Unversehrtheit (noch) als Pflicht. Bei einem "zero gravity"-Flug steigt ein Jet im 45-Grad-Winkel in gut 10 Kilometer Höhe, schaltet dann die Motoren runter und lässt sich über den Scheitelpunkt der Parabel tragen, um anschließend für etwa 30 Sekunden in freien Fall zu gehen. Angeblich müssen sechs von zehn Weltraumtouristen sich dabei übergeben.

Alles kein Thema auf der Raumstation. "Sie ist überraschend groß, fast lebensfreundlich", beschreibt Thagard seine Erinnerungen an die alte MIR. Und weil die ISS mit einer Länge von gut 40 Metern noch größer ist, müsse man sich dort eigentlich ganz zwangsläufig wohl fühlen. Anderthalb Stunden braucht die ISS, um einmal um die Erde zu rasen, alle anderthalb Stunden ein Sonnenauf- oder -untergang. Die Malediven können da einpacken.

Körperliches Training ist natürlich auch Teil der insgesamt sechsmonatigen Ausbildung, "aber entsetzlich anstrengend ist das alles nicht", sagt Thagard. Das Stressigste seien wohl die Unterwasserausflüge im Raumanzug, die einen Weltraumspaziergang simulieren sollen. Im Normalfall allerdings werden die Touristen nicht raus gelassen aus der ISS. Weltraumspaziergänge sind im Moment selbst für Berufsastronauten eine seltene Herausforderung. Thagard selber hat nie einen unternommen. Doch wer zahlt, wird eines Tages auch das bekommen können, kein Zweifel.

Was sieht ein Tourist denn so da oben? Andere Touristen...

Zufall oder nicht, aber am selben Tag, an dem Space Adventures offiziell beginnt, Weltraumtouristen zu rekrutieren, gehen die ersten Bilder um die Welt, die das neue arabische Strandparadies, die künstliche Palmeninsel von Jumeirah, zeigen. Sie soll ebenfalls 2005 fertig gestellt werden. Die Stadt Dubai schüttet dafür 60 Kilometer palmwedelförmig angeordnete Strände im Meer auf, eine Meisterleistung der Ingenieurskunst. 50 Luxushotels werden hier entstehen und rund 2.000 Villen. Nicht weniger als elf davon kauften neulich Mitglieder der englischen Fußballnationalmannschaft für jeweils anderthalb Millionen Euro.

Was das mit Weltraumtourismus zu tun hat? Ganz einfach: Angeblich soll Jumeirah Island neben der chinesischen Mauer das einzige von Menschenhand gebaute Gebilde sein, dass von der internationalen Raumstation aus sichtbar ist...