Gideon Levy warnt: Netanjahus Kriegslust kennt keine Grenzen
Israel feiert Nasrallahs Tod. Journalist Levy warnt vor Eskalation im Libanon. Was plant Netanjahu als Nächstes?
Die Ermordung des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah durch Israel wurde von einem Großteil der israelischen Gesellschaft mit "barbarischer Freude" aufgenommen, so der Journalist Gideon Levy. In einem Interview mit dem US-Sender Democracy Now! warnte der Journalist der liberalen israelischen Zeitung Haaretz, dass Israel wahrscheinlich als Nächstes eine Bodeninvasion im Libanon starten und den Krieg weiter ausdehnen könnte.
Die Führung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu werde so lange fortfahren, wie sie die uneingeschränkte Unterstützung durch die USA genieße, so Levy weiter. Sie könne sich auch auf eine radikale Haltung in einem Teil der israelischen Gesellschaft stützen. Dies hätten die Reaktionen auf den Tod von Hisbollah-Chef Nasrallah gezeigt:
In einem der wichtigsten israelischen Fernsehsender hat ein Reporter live Schokolade verteilt. Das ist der Geist in Israel. So ist der Geist. Ein anderer bedeutender Kolumnist schrieb: "Wir haben ihn wie eine Eidechse zerschmettert." Und wenn dies die Atmosphäre, die Denkweise, ja sogar der Zeitgeist ist, wird es sehr schwer sein, etwas zu ändern, denn wir sinken immer tiefer und glauben immer mehr nur noch an eine Sache, nämlich an das Töten und Zerstören.
Gideon Levy
Levy hält eine Bodeninvasion des Libanon zum jetzigen Zeitpunkt für unvermeidlich.
Ich kann mir kein Szenario vorstellen, in dem Israel keine Bodenoperation durchführen wird. Zunächst wird sie, wie üblich, als sehr, sehr begrenzt dargestellt werden, zeitlich begrenzt, territorial begrenzt. Das haben wir schon oft erlebt. Und dann wird es kompliziert, und dann müssen wir es ausweiten und die Zeit, die wir dort bleiben, verlängern. Wie üblich geraten wir in diese Dinge, ohne eine Ahnung zu haben, wie wir da wieder herauskommen sollen.
Levy argumentierte, dass die Militäraktionen Israels durch die unerschütterliche US-amerikanische Unterstützung ermöglicht werden. "Die Vereinigten Staaten sind ein vollwertiger Partner für alles, was Israel im letzten Jahr getan hat, einschließlich des Massakers in Gaza", sagte er, und weiter:
Können Sie glauben, dass eine große Supermacht Israel auffordert, den Krieg zu beenden, und es gleichzeitig mit Waffen, Bomben und Munition versorgt? Was soll Israel tun? Warum nicht weiter schießen und bombardieren, wenn die Amerikaner bedingungslos Waffen liefern?
Trotz der Erfolgsmeldungen des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu sagte Levy, dass die ständigen Bombenangriffe im vergangenen Jahr und die Weigerung, sich auf Diplomatie einzulassen, dazu führen, dass sich die Israelis weniger sicher fühlen:
Sie dürfen eine Sache nicht vergessen: Es gab Vereinbarungen zur Freilassung der Geiseln. Israel sagte nein. Waffenstillstand: Israel sagte Nein. Waffenstillstand im Libanon: Israel sagt Nein.
Die Sicherheit Israels und seiner Bewohner werde sich dadurch nicht verbessern: "Wir befinden uns jetzt in einer weniger guten Situation als vor einem Jahr. Ich kann Ihnen sagen, dass wir in Tel Aviv mehr Angst haben als vor einem Jahr."
Die anhaltende Eskalation in der Region geht einher mit Berichten, dass die USA ihre militärische Präsenz und Unterstützung für Israels Operationen verstärken. Die USA haben Israel kürzlich weitere 8,7 Milliarden US-Dollar an Hilfsgeldern zur Verfügung gestellt.
Lesen Sie auch
Humanitäre Hilfe für Gaza: Israels unfreiwillige Geständnisse
Dimona: Vom Prestigeprojekt zum Sicherheitsrisiko
Israel-Palästina: Der fatale Irrglaube an militärische Lösungen
Damaskus unter Beschuss: Israel rückt nach Syrien vor
Westliche Diplomatie-Verachtung: Kriege in der Ukraine, Nahost könnten beendet werden
Levy argumentierte, dass die USA sich dadurch mitschuldig an der Gewalt und den zivilen Opfern machen. "Die Bomben, die auf den Bunker von Nasrallah fielen, waren US-amerikanische Bomben. Die Bomben, die auf Gaza fallen, sind US-amerikanische Bomben. Die Kinder, die in Gaza getötet wurden, 17.000 an der Zahl, wurden durch US-amerikanische Munition getötet. Und Amerika, die Vereinigten Staaten, können nicht sagen, dass sie gegen das Töten von Kindern sind, weil sie ein Partner sind."
Er forderte die USA auf, den Waffenfluss und die Unterstützung für die Militäraktionen Israels zu stoppen. "Diese Heuchelei muss ein Ende haben", sagte Levy. "Die Vereinigten Staaten unterstützen den Krieg, sie unterstützen Israel."