Glyphosat schwächt Bienen und Hummeln – EU lässt Imker im Stich
- Glyphosat schwächt Bienen und Hummeln – EU lässt Imker im Stich
- Glyphosat ist nur die Spitze des Eisbergs
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Das Totalherbizid schwächt die Überlebensfähigkeit von Hummeln und Bienen. Wegen belastetem Honig musste ein Imker seinen Betrieb aufgeben. Dennoch entschied die EU-Kommission, die Zulassung um ein Jahr zu verlängern.
Das weltweit am meisten verwendete Herbizid Glyphosat ist am Insektenschwund möglicherweise stärker beteiligt als bisher vermutet, wie Wissenschaftler an der Universität Konstanz kürzlich herausfanden. Die Biologin Anja Weidenmüller und ihr Team untersuchten kürzlich die Fähigkeit von Hummeln zur Temperaturregulierung ihrer Brut.
Dabei wiesen sie nach, dass Glyphosat deren kollektive Wärmeregulationsfähigkeit deutlich negativ beeinflusst. Werde das Nahrungsangebot knapp, zeigten jene Kolonien, die gleichzeitig chronisch Glyphosat ausgesetzt waren, ein beeinträchtigtes kollektives Wärmeverhalten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im Juni im Magazin Science.
So sind Dunkle Erdhummeln (Bombus terrestris) nicht mehr in der Lage, ihr Nest gleichmäßig und ausreichend warmzuhalten, wenn sie mit Glyphosat in Kontakt kommen und zugleich das Nahrungsangebot an Nektar und Pollen knapp ist.
Bereits ältere Studien wiesen darauf hin, wie Glyphosat auf die kognitiven Fähigkeiten oder auf das Immunsystem von Honigbienen wirkt. Zudem schwächt Glyphosat deren Darmflora und macht sie so anfälliger für Infektionen. Zudem soll es das Orientierungsverhalten von Bienen stören. Der Forschungsansatz sei grundsätzlich auf alle Pestizide übertragbar, erklärt die Biologin Anja Weidenmüller.
Bei vielen der häufig verwendeten Herbizide und Fungizide wisse man so gut wie nichts über Effekte auf Wildbienen und andere Bestäuber. In den zunehmenden monotonen, ausgeräumten Agrarlandschaften stehen den Insekten im Allgemeinen weniger Wildblüten zur Verfügung.
Der Einsatz von Pestiziden bei gleichzeitig knappen Nahrungsangebot könnte zum massiven Problem für die Fortpflanzung der Insekten werden, erklärt die Biologin. Zudem wiesen die Forscher nach, dass das Totalherbizid die Darmflora der Insketen verändert und sie somit anfälliger für bestimmte Krankheitserreger macht.
Imker muss Honig vernichten und seinen Betrieb aufgeben
Welche Auswirkungen Glyphosat auf die Existenz von Imkern haben kann, das konnte Sebastian Seusing konkret im eigenen Betrieb erfahren. Im Frühjahr 2018 stellte der Imker 29 Bienenvölker am Rande eines Luzernefeldes in Brandenburg auf, das von Mitarbeitern des Stadtgüter Berlin Nord KG bewirtschaftet wurde.
Ein Jahr später - die Bienenkästen standen gut sichtbar im Wald am Rande des Ackers, versprühten Mitarbeiter ein glyphosathaltiges Pflanzenschutzmittel. Die Bienen flogen alle blühenden Pflanzen an - den Löwenzahn auf dem Acker, die Robinien im Wald. Anschließend trugen sie den belasteten Nektar und Pollen in den Bienenstock.
Der Grenzwert für Glyphosat im Honig liegt im Normalfall bei 0,05 Milligramm je Kilogramm. Bei anschließenden Laboranalysen mehrerer Honigproben zeigte sich: Die zulässigen Rückstandshöchstmengen waren um das bis zu 152-fache überschritten. Seusing blieb nicht nur auf den 510 Kilo belasteten Honig sitzen. Knapp drei Kilometer entfernt vom Acker standen 60 weitere Völker.
Auch deren Honig war deutlich höher belastet als erlaubt. Insgesamt vier Tonnen Honig, ein Drittel der gesamten Ernte, musste der Imker vernichten. Den gesamten Schaden von 60 bis 70.000 Euro hatte Seusing zunächst selbst zu tragen. Seiner Klage gegen den Agrarbetrieb beim Landgericht Frankfurt/Oder gab das Gericht vollumfänglich statt, mit der Begründung, dass "in der Kontamination der Erzeugnisse in den Bienenstöcken mit Glyphosat eine rechtswidrige Eigentumsverletzung lag".
Für Sebastian Seusing und seine Partnerin ist das Urteil ein schwacher Trost. Zwar haben sie nach insgesamt dreijährigem Rechtsstreit gewonnen. Doch mit den 14.544 Euro Schadenersatz plus Zinsen kann das Paar nicht einmal die Gerichtskosten decken. Seinen kleinen Honigbetrieb musste das Paar aufgeben.
Dennoch - das Urteil sei von grundsätzlicher Bedeutung, glaubt ihr Anwalt Georg Buchholz. Es schaffe Klarheit über die Ansprüche von Imkern und sei ein wichtiger erster Schritt hin zu dem Ziel, den Einsatz dieser Gifte zu reduzieren. Zumindest dient der Rechtsstreit als Präzedenzfall für alle anderen Imker und Landwirte, deren Lebensgrundlage durch den Einsatz tödlicher Pestizide zerstört wird.
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