Google Base
Von der Such- zur Annoncenmaschine
Google startet eine neue seiner zahlreichen Betas. Base ermöglicht es Nutzern, kostenlos im Web zu annoncieren. So lassen sich Suchergebnisse differenzieren. Das führt weg vom reinen Website-Content hin zur Web 2.0-Welt.
Inzwischen scheint es angebracht, für die Aktivitäten von Google eine eigene Suchmaschine auf den Markt zu bringen. Rund um das Kernprodukt der attraktivsten Suche im Internet entstehen fast nebenbei neue Services, die nicht immer mit Online-Datenbanken zu tun haben und das Spektrum der Möglichkeiten im Web erheblich erweitern. Neben Gmail und dem Zugriff auf Satellitenfotos bietet die Marke inzwischen Bildbearbeitung, eine Kooperation mit der NASA, Instant Messaging, Social Networking und Übersetzungsdienste. Das neue Beta im Stall ist Base, das ein Input-Interface darstellt, um eigene Services und Inhalte anzumelden.
Im einzelnen sind das Kurse, Events, Aktivitäten, Jobs, News, Personenprofile, Rezepte, Lexikoneinträge, Services, Fahrzeuge und gewünschte Werbeanzeigen. Ein ganzer Markt an Kleinannoncen funktioniert so, wenn weltweit Nutzer die einfach zu bedienenden Eingabemasken füllen. Zusätzlich können Bilder geladen werden. Weitere Attribute sind ebenfalls definierbar. So unauffällig die Idee auf den ersten Blick daher kommt, so brillant ist sie von Seiten Googles gedacht.
Waren bisher Nutzer mehr oder weniger stillschweigend damit einverstanden, dass die Crawler der Suchmaschine den eigenen Content in der Link-Datenbank aufnehmen und sogar in den Cache spiegeln, kann jetzt jeder kostenlos die Angebote in ein Netz stellen, das auf der Seite der Anwender sicher genauer gescannt wird als eine ungefähre Suchabfrage mit ein bis zwei Schlagworten. Der Nutzwert dieser Daten, wenn sie denn akkurat und ohne Missbrauch entstehen, liegt damit um einiges höher als der einer klassischen Webcontent-Suche. Denn sie ermöglichen weltweit den Zugang zu (Online)-Services.
Damit startet Google zehn Jahre nach dem redaktionell betreuten Beginn von www.yahoo.com eine neue Generation an gepflegtem Content via Datenbanksuchen. Allerdings liegt die Verantwortung dabei klar bei den eingebenden Anbietern und ist dezentral gedacht. Damit sinkt die Qualität der Inhalte, weil eine neutrale Freigabe der Angebote fehlt, aber es steigt die Aktualität hinter den Daten. Es ist schließlich im Interesse derer, die sich die Mühe machen, dass die Arbeit nicht umsonst war und Früchte trägt.
Die Eleganz des Ansatzes von Google liegt allerdings auch darin, dass die generische Eingabe von rubrizierten Leistungen Daten neutral zur Verfügung stellt und damit die Basis für den Handel mit diesen Daten bildet. So kann ein Anbieter wie eBay auf der einen Seite in seiner Marktdominanz attackiert werden, auf der anderen Seite sind heute bereits Anbieter im Bereich der Jobvermittlung unterwegs, die sich als Zweitverwertung die Daten von anderen Anbietern dazukaufen und damit ihr eigenes Angebot erweitern – oder ganz ermöglichen. Der Zwischenhandel mit Daten wird so zu einem attraktiven Geschäftsmodell. Und selbst eBay könnte zukaufen, was an Angeboten fehlt. Denn das Interface ermöglicht auch den Bulk-Upload von Daten für professionelle Anbieter von Service-Leistungen. Und die haben vor allem ein Interesse an einer möglichst weiten Verbreitung dieser Information.
Auf diese Weise kann Google selbst das eigene Business-Modell kannibalisieren und gleichzeitig auf einen neuen Level heben. Wie attraktiv sind Links via AdSense dann noch, wenn eine andere Möglichkeit besteht, passende Annoncen über einen ähnlich dynamisch generierten Service zu finden?
Nach etwa einem Monat erlischt der Content automatisch und so sollte ein sehr viriles und schnell wachsendes Feld an Angeboten entstehen. Entsprechend der VHS-Theorie über die Verbreitung von neuen Medien über Pornographie wird Google allerdings auch schnell in das Dilemma eines notwendigen Monitoring von mehr oder weniger versteckt angebotenen illegalen Angeboten geraten. Interessant wird aber auch das Potential an neuen Anwendungen, die so noch nicht sichtbar sind, weil niemand bisher daran dachte. Durch die Vernetzung von Personenprofil, Mitreiseangebot und Events steigt der eine vielleicht ein, während er genau für diese Leistungen von anderen beurteilt wird. Auf dem gleichen Server. Der transparente Kleinhändler und Freizeit-Aktive kam so bisher selten vor.
Es fehlen in dieser C2C/B2C/C2B-Plattform noch die Möglichkeiten, Billing mit einzubeziehen. Und eine eindeutige Zuordnung der Angebote an physikalische Personen oder verortbare Firmen. Sollte das aber als nächster Schritt durch Partnerschaften mit Kreditkarten-Firmen der Fall sein, rollt der Rubel über ein Netz, das zunehmend die Micro-Ökonomie zu beherrschen beginnt.