Griechenland: Das Theater geht weiter

Seite 6: Theater 6: Tragikomödie "Des widerspenstigen Neffen Zähmung, die Opposition

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Europas Politiker erwarten, dass die griechische Opposition im Gleichschritt mit der Regierung marschiert. Was ihnen im eigenen Land als undemokratisch oder gar faschistisch und interventionswürdig erscheinen würde, basiert im Fall Griechenlands auf pragmatischen Überlegungen. Einer der Hauptkreditgeber der IWF, besteht darauf, für seine Kredite eine Laufzeitsicherheit zu haben. Die Kreditdauer geht über die laufende Legislaturperiode hinaus und folgerichtig verlangen die Banker einen Blankoscheck der griechischen Politik.

Im Land selbst stoßen solche Forderungen auf scharfe Kritik. Solche Situationen nutzt ausgerechnet der konservative Oppositionsführer Antonis Samaras aus. Er spielt den Rebell vom Dienst, obwohl die Politik der regierenden sozialistischen PASOK seinen politischen Ideologien am Nächsten käme. Kaum jemand in Griechenland erwartet, dass Samaras seine Anti-IWF-Politik tatsächlich einhalten wird. Meinungsumfragen zeigen, dass ein gewisser "Niemand" mit über 50 Prozent der Stimmen beliebtester und fähigster Premier wäre. Trotzdem versuchen europäische Parteifreunde, wie die Bundeskanzlerin Angela Merkel, den abtrünnigen Griechen zur Raison zu bringen.

Allerdings hat Samaras ein alternatives Wirtschaftsprogramm. Er möchte Steuern senken, den vorherigen Status Quo wiederherstellen und somit die Wirtschaft wieder anschmeißen. "Gib ihnen die Fakelaki, Kredite und Vetternwirtschaft zurück sofort hast Du wieder den alten Salat", meint Elia Zervou (Griechenland: Wie viel Macht hat das Volk?) zu Samaras Überlegungen.

Die mächtige Partei "Niemand"

Einen Schritt weiter im politischen Theaterprogramm ist der rechtspopulistische Parteiführer Georgios Karatzaferis gegangen. Einerseits bietet er Papandreou im Gegenzug für ein Ministeramt seine Unterstützung an, andererseits wettert er bei jeder Gelegenheit gegen den Premier. Er möchte gar seine Fraktion aus dem Parlament abziehen.

Dora Bakoyianni ("Das Problem ist, dass es in Europa noch immer terroristische Ideologien gibt"), aus der Nea Dimokratia ausgeschlossen und nun mit eigener Partei, zielt ebenfalls auf ein Ministeramt ab. Auch sie glaubt an die Notwendigkeit der harten Sparprogramme, verweigert Papandreou aber ihr Vertrauen.

Die Kommunisten vertrauen auf alte Doktrinen Lenins und Stalins. Sie sehen endlich den "Tag der siegreichen Revolution des unterdrückten Proletariats" kommen und werden nicht müde, diese Phrasen zu wiederholen.

Die aus elf Strömungen bestehende und bereits einmal gespaltene Linksbündnispartei SYRIZA präsentiert zwar regelmäßig treffende und fundierte Analysen der Realität, kann aber kaum in Umfragen punkten. Dabei ist sie die einzige im Parlament vertretene Partei, die auf einer detaillierten Überprüfung der Staatsschulden besteht.

Von Europa kaum beachtet, hat die Partei "Niemand" in Umfragen bereits bedrohliche Werte von dreißig bis vierzig Prozent erreicht. Im Parlament vertreten ist sie noch nicht. Nach dem griechischen Wahlgesetz könnte sie, wenn sie einen Stimmzettel einreichen würde, durchaus die absolute Parlamentsmehrheit erringen. Um die Zustimmung von "Niemand" hat sich bislang kein EU-Funktionär gekümmert.