Griechenland: erst saniert, dann verbrannt

Seite 2: Brände sind auch Folge der Sparpolitik

Das Ausmaß der Katastrophe in Griechenland ist mit der Klimakrise begründbar. Dass diese zu den Hitzewellen und der Trockenheit maßgeblich beigetragen hat, ist wissenschaftlich belegt.

Es rächt sich aber auch, dass Griechenland im Zuge der Euroeinführung, damals noch unter dem Sozialdemoraten Costas Simitis, die damalige Waldbrandfeuerwehr in die Stadtfeuerwehr eingegliedert hat, um Gelder zu sparen. Nach der Euro-Pleite 2010 dann wurden Stellen bei der Feuerwehr eingespart. Bei der Polizei wurde hingegen investiert.

Griechenland hat nun knapp 11.000 hauptamtliche Feuerwehrleute. Sie werden mit Saisonkräften und Zeitarbeitern verstärkt. Zum Vergleich dazu hat die besonders unter dem amtierenden konservativen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis immer wieder mit neuer moderner Ausstattung verstärkte Polizei rund 55.000 Beamte zur Verfügung.

Dadurch fehlt es derzeit an erfahrenem, mit Waldbränden vertrautem Personal und auch an der notwendigen Ortskenntnis. Denn der Großteil der Beamten muss aus den urbanen Zentren erst einmal zum Waldbrand gefahren werden.

Betroffene Bürgermeister, Gouverneure und Bürger betonen immer wieder, die Feuer wären löschbar gewesen, wenn die Feuerwehr nur rechtzeitig und mit richtiger Planung mit der Brandbekämpfung begonnen hätte.

Touristen haben die Insel Euböa inzwischen in Scharen verlassen oder wurden evakuiert. Bis zum Sonntagmittag wurden sie, ebenso wie die Insulaner, die aus ihren verbrannten Dörfern fliehen mussten, aber noch einmal zur Kasse gebeten. Die Verkehrswege von Nord-Euböa zur Inselhauptstadt Chalkida sind wegen der Brände unpassierbar.

Nun bleibt den Evakuierten nur die Fähre. Und deren Betreiber verlangten den Kauf eines Tickets, bis ein Fernsehsender sich der Sache annahm, und diesen Skandal thematisierte.

Fernsehsender weisen auch darauf hin, dass die Evakuierten mehr brauchen als nur einen Plastikstuhl. Sie zeigen Bilder von teilweise kaum gehfähigen Senioren, die ohne jegliche Versorgung auf dem Deck einer kleinen Fähre in einem Hafen von Euböa sitzen.

Telefonisch ist der Notruf kaum erreichbar. Wer durchkommt, landet in einer Warteschleife und muss im Katastrophenfall sehr lang warten, bis ein Gesprächspartner zu Verfügung steht.

Katastrophe biblischen Ausmaßes

Angesichts des Staatsversagens springen Bürger ein. Der frischgebackene NBA-Champion Giannis Antetokounmpo finanzierte für seine obdachlosen Mitbürger rund 100 Hotelzimmer bei großen Hotelketten.

Die griechische Wasserballmannschaft hat gerade in Tokio Silber gewonnen. Ihre Siegprämie wurde von privaten Sponsoren gestellt und das Team spendet sie weiter an Betroffene der Waldbrände.

Es sind die einfachen Menschen, zu denen auch Antetokounmpo trotz seiner NBA-Karriere zählt, die sich um ihre Mitmenschen kümmern.

Oligarchen wie ein namhafter Reeder haben alle Prioritäten. Der Mann mietete zwei Container für das Tafelgeschirr, das vor den Flammen aus dem Sommerpalast des früheren griechischen Königs in Tatoi gerettet werden konnte.

Medienberichten zufolge sind bis Sonntagnacht rund 46.000 Hektar Wald auf Euböa verbrannt. Im gesamten Land sind es 65.000 Hektar, davon 8.000 bei Varibobi in Attika. Es sind schon jetzt die größten Feuer der jüngeren Geschichte. Die Flächenangaben wurden unter Berufung auf Satellitenaufnahmen von Sentinel-2 gemacht.

Die Brände haben bislang keine Leben von Bewohnern der betroffenen Regionen gefordert, aber die Tierwelt ist stark betroffen. Neben den verbrannten wilden Wirld-, Nutz- und Haustieren gibt es auch Auswirkungen auf die übrige Fauna.

Im Athener Vorort Chalandri wurden am Sonntag zahlreiche tote Störche gefunden. Die Tiere haben offenbar im Rauch und durch die gestörten Thermik die Orientierung verloren. Pelikane flogen ins Stadtzentrum von Athen und sorgten dort für ein ungewohntes Bild.

Die Insel Euböa galt bislang als eine der größten Produzentenregionen griechischen Honigs. Imker aus dem gesamten Land hatten in den dortigen Kiefernwäldern ihre Bienenstöcke, die mehr als zwanzig Prozent der gesamten Produktion im Land ausmachen sollen. Der Großteil dieser Bienenstöcke ist nun verbrannt.

Nord-Euböa war aber auch größter griechischer Produzent von Harz, das bisher in alle Welt exportiert wurde. Diese Familienbetriebe stehen nun vor den Aus, weil sie ohne Wald kein Harz mehr gewinnen können. Die betroffenen Familien müssen die Insel zumindest vorübergehend verlassen, ebenso wie Bauern, die ihren Tierbestand verloren haben.

Es sind Menschen, deren komplette Existenz vom Feuer zerstört wurde. Der Schaden für Euböa als Tourismusort ist ebenso groß. Als zweitgrößte Insel des Landes und mit einer Brücke an die Autobahn angebunden, galt das Eiland als einer der beliebtesten Orte für den ganzjährigen Tourismus, nur eine Autostunde von Athen entfernt.

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