Griechenland macht dicht!

Kein Einlass für afghanische Geflüchtete

In deutschen Medien gibt es Diskussionen über die offensichtlich gescheiterte Rettung vieler afghanischer Ortskräfte der Bundeswehr und weiterer deutscher Ministerien. "2015 darf sich nicht wiederholen" ist ein Satz, der nicht nur vom Kanzlerkandidaten der CDU/CSU in diesem Zusammenhang auch fällt. Tatsächlich kann sich 2015 unter den gegebenen Voraussetzungen nicht wiederholen. Griechenland, aber auch die Türkei machen dicht. Der Landweg über die Balkanroute bleibt geschlossen. Eine Information, die deutschen Politikern durchaus bekannt sein sollte, zumal viele der Maßnahmen an der griechischen Grenze mit EU-Geldern bezuschusst werden.

Weitere Zäune und Alarmbereitschaft

2015 wurden Geflüchtete, die über die Seepassage oder aber die Landgrenze aus der Türkei nach Griechenland kamen, schlicht durchgelassen. Sie erhielten vom griechischen Staat vorläufige, zeitlich begrenzte Aufenthaltspapiere, sie wurden von der lokalen Bevölkerung mit Spenden versorgt und konnten danach über die Balkanroute weiter nach Nordeuropa ziehen. Heute ist alles anders.

Über Alexandroupolis, einer Grenzstadt an der griechisch-türkischen Landesgrenze schwebt seit Tagen ein Zeppelin. Er überwacht die Grenze. Journalisten und Fotografen werden festgenommen, wenn sie sich in militärisches Sperrgebiet, als welches weite Bereiche der Landgrenze deklariert wurden, ohne Erlaubnis betreten. Nachdem die Taliban Mitte August die Macht in Afghanistan übernommen hatten, gehörte die Überprüfung der Grenzanlagen zu den ersten Aktionen der griechischen Regierung.

Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos und Bürgerschutzminister Michalis Chrysochoidis reisten an die Grenze und versicherten danach der Presse, dass sämtliche Grenzanlagen perfekt bewacht und abgesichert seien. Fragen von Journalisten wurden nicht zugelassen. Der vierzig Kilometer lange Grenzzaun wurde gerade erst verstärkt und technisch aufgerüstet.

Premierminister Kyriakos Mitsotakis rief beim türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan an, und beide Regierungschefs versicherten sich in seltener Einstimmigkeit gegenseitig, alles zu tun, um Afghanische Flüchtlinge fern von ihren Ländern zu halten. Schließlich verstärkt auch die Türkei ihre Grenzschutzanlagen.

Beide, Erdogan und Mitsotakis meinen, dass ihre Staaten bereits genug Geflüchtete aufgenommen hätten. Interessanterweise hat, wie eine Anfrage des Abgeordneten der Grünen Erik Marquard im EU-Parlament aufzeigte, die EU neue Lager in Griechenland mit 155 Millionen Euro bezuschusst.

Die Lager sollten noch vor dem nächsten Winter fertig sein und sollten nach Aussage der EU-Kommission offene Lager sein. Laut der öffentlichen Ausschreibung des griechischen Immigrationsministeriums vom 28. Mai 2021 sollen es geschlossene Lager werden, die innerhalb von acht Monaten nach dem Ende der Ausschreibung fertig sein sollen. Somit steht die Infrastruktur im aktuellen Winter kaum zur Verfügung.

Mitsotakis bekräftigte die Übereinkunft mit Erdogan noch einmal am vergangenen Montag bei einem Treffen mit der EU-Parlaments-Vizepräsidentin Roberta Metsola. Mitsotakis schlägt vor, dass die aus ihrem Land flüchtenden Afghanen in den Nachbarländern versorgt werden sollen.

"Taliban" in Kalamata

Die auch in Medien verbreitete Panik und Angst für Geflüchteten aus Afghanistan ist so groß, dass dreizehn Staatsangehörige Frankreichs und Deutschland moslemischen Glaubens ihren Trip nach Griechenland sicherlich bereuen werden. Sie wanderten zu Fuß von Kalamata nach Meligala. Dabei trugen sie typisch orientalische Kleidung. Offenbar war dies Grund genug, dass sie von Ortsansässigen als "Taliban" eingestuft wurden.

Die Polizei wurde alarmiert und setzte die Wandergruppe am Mittwochmorgen zunächst fest. Bei der Überprüfung der Personaldokumente stellte sich heraus, dass sie als Staatsangehörige von EU-Staaten legale Reisepapiere hatten. Sie wurden daher zunächst frei gelassen aber am Abend des gleichen Tages erneut festgenommen. Außer der polizeilichen Stellungnahme, dass "Verstöße gegen die Einreiseregeln" vorliegen würden, ist kein weiterer Grund zu erfahren .

Kein CoVid-Test? Bußgeldbescheid für Geflüchtete

Ein Verstoß gegen die Einreiseregeln kann auch ein nicht vorgelegter PCR-Test sein. Fünfundzwanzig Geflüchtete waren Anfang August in einem Boot auf Chios angekommen. Nachdem ihre Quarantäne von zwanzig Tagen abgelaufen war, und sie ihren Asylantrag stellten, wurde ihnen ein Bußgeldbescheid übergeben. Pro Person müssen sie nun 5.000 Euro zahlen, weil sie bei ihrer Einreise keinen frischen PCR-Test für einen negativen CoVid-Nachweis mit sich trugen. Dieser PCR-Test ist für Touristen, die ins Land kommen, vorgeschrieben.

Die Geflüchteten erhalten nach ihrem Asylantrag von der EU Hilfsgelder für das Bestreiten ihrer für den Lebensunterhalt notwendigen Ausgaben. Seitens der griechischen Verwaltung wird nun von diesen Geldern das Bußgeld einbehalten.

Ortskräfte der griechischen Streitkräfte

Die griechische Regierung, die auch ihre eigenen Staatsangehörigen, die in Afghanistan tätig waren, mit Hilfe von EU- und NATO-Partnern ausfliegen lässt, versucht zumindest einige der Ortskräfte zu retten. Zu den Ortskräften gehörte auch der Fotograf Agajan Fahrad. Der heute 32-Jährige war 1998 aus Afghanistan geflüchtet und kam 2006 als unbegleiteter Minderjähriger nach Griechenland. Seine Eltern waren von den Taliban verhaftet worden. Er hat mittlerweile die griechische Staatsbürgerschaft erhalten und wurde vom griechischen Staat als Übersetzer in Kabul engagiert.

Zur Unterstützung der Evakuierung wurde der griechische Botschafter aus Pakistan nach Kabul geschickt.